Medi­zin-Nobel­preis 2020: Viro­lo­gen ausgezeichnet

10.10.2020 | Politik


Der Nobel­preis des Jah­res 2020 für die Kate­go­rie Phy­sio­lo­gie oder Medi­zin geht an die US-Ame­ri­ka­ner Har­vey J. Alter und Charles M. Rice sowie den Bri­ten Michael Hough­ton. Die drei Viro­lo­gen wer­den für die Ent­de­ckung des Hepa­ti­tis C‑Virus ausgezeichnet.

Das Nobel­preis-Komi­tee gab am 5. Okto­ber 2020 in Stock­holm die Gewin­ner des dies­jäh­ri­gen Nobel­prei­ses für Medi­zin bekannt. Die geehr­ten Viro­lo­gen Alter, Hough­ton und Rice haben „einen ent­schei­den­den Bei­trag zur Bekämp­fung der durch Blut über­tra­ge­nen Hepa­ti­tis geleis­tet“, lau­tet die Begrün­dung des Komi­tees zur Aus­zeich­nung der bedeu­ten­den Grund­la­gen­for­schung durch die Preis­trä­ger. Sie haben ver­mut­lich „Mil­lio­nen Leben geret­tet“, sagte Gunilla Karls­son Hedes­tam vom Karo­linska Institutet.

Iden­ti­fi­zie­rung und Sequenzierung

Der 1935 in New York gebo­rene Har­vey J. Alter begann an den Natio­nal Insti­tu­tes of Health (NIH) die Krank­heit zu stu­die­ren, die vor­wie­gend nach Blut­trans­fu­sio­nen auf­trat. An der dor­ti­gen Abtei­lung für Trans­fu­si­ons­me­di­zin ver­deut­lichte er, dass viele der Infek­tio­nen nicht von den bis­her bekann­ten Hepa­ti­tis A- und B‑Viren ver­ur­sacht wur­den. Alter belegte in den spä­ten 1970er-Jah­ren über­dies die Über­tra­gung der Erre­ger durch die Ver­ab­rei­chung von Blut auf Schim­pan­sen. Seine For­schungs­er­kennt­nisse führ­ten zu der Bezeich­nung „Non‑A, non‑b“-Hepatitis.

Michael Hough­ton, der sein Dok­to­rat am King‘s Col­lege in Lon­don abschloss, suchte Ende der 1980er-Jahre unter dem Ein­satz von damals neuen mole­ku­lar­ge­ne­ti­schen und immu­no­lo­gi­schen Metho­den nach gene­ti­schen Spu­ren des noch nicht iden­ti­fi­zier­ten Virus in Pro­ben von Schim­pan­sen und Men­schen. Er fand die RNA eines neuen Virus aus der Fla­vi­vi­ren-Gruppe, das „Hepatitis‑C“ genannt wurde. Seit 2010 ist Hough­ton an der Uni­ver­si­tät Alberta/​Kanada als Viro­loge tätig.

Den Nach­weis, dass ein Klon des gefun­de­nen Virus ebenso die so häu­fig beob­ach­tete Erkran­kung aus­löste und wie sich der Erre­ger ver­mehrt, erbrachte der dritte Preis­trä­ger, Charles M. Rice. Der in Sacramento/​Kalifornien gebo­rene Rice bil­dete an der Washing­ton Uni­ver­sity School of Medi­cine in St. Louis eine For­scher­gruppe und habi­li­tierte dort 1995. Von 2001 an war er an der Rocke­fel­ler Uni­ver­si­tät in New York tätig, bis 2018 als Lei­ter des Zen­trums für Hepa­ti­tis C‑Forschung.

Bei­trag für sichere Bluttransfusionen

Die Ent­de­ckun­gen führ­ten einer­seits zur Ein­däm­mung von Infek­tio­nen über Blut­pro­dukte, ande­rer­seits auch zur raschen Ent­wick­lung von Medi­ka­men­ten gegen das Hepa­ti­tis C‑Virus, so das Nobel­preis-Komi­tee. Für Hedes­tam haben Alter, Rice und Hough­ton „das Fun­da­ment gelie­fert, um den Kampf gegen das Virus zu begin­nen“. Beim Hepa­ti­tis C‑Virus han­delt es sich übri­gens um das erste Virus, des­sen Genom­se­quenz und Virus­pro­te­ine einem umfas­sen­den Patent­schutz unter­lie­gen – eine Erschwer­nis für die Ent­wick­lung von neuen Therapien.

Preis­geld erhöht

Pro Kate­go­rie erhal­ten die Nobel­preis­ge­win­ner zehn Mil­lio­nen schwe­di­sche Kro­nen (rund 950.000 Euro) und damit eine Mil­lion Kro­nen mehr als noch 2019. Über­ge­ben wer­den die Preise jedes Jahr am 10. Dezem­ber, dem Todes­tag des Stif­ters Alfred Nobel. Im Vor­jahr ging der Medi­zin-Nobel­preis an die Wil­liam Kae­lin und Gregg Semenza (beide USA) sowie Peter Rat­cliffe (Groß­bri­tan­nien). Sie wur­den für die Auf­de­ckung der mole­ku­la­ren Mecha­nis­men, wie Kör­per­zel­len auf nied­rige Sau­er­stoff­ni­veaus reagie­ren, aus­ge­zeich­net. (red)

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 19 /​10.10.2020