Kommunikation: Killerworte als Blockade

25.05.2020 | Politik

Die Instrumente erfolgreicher Kommunikation sind: eine klare Sprache, keine Wortkiller und visuelle Helfer einsetzen. Und: Mit – unbewussten – sprachlichen Fehlgriffen kann ein Arzt im Gespräch mit dem Patienten viele Missverständnisse erzeugen. Das Visualisieren hilft nicht nur dem Patienten, besser zu verstehen, sondern auch dem Arzt, das Gespräch zu strukturieren.

Was ist das eigentlich ein gutes Arzt-Patienten-Gespräch? Die Antwort von Kommunikationstrainer Prof. Wolfgang Kölfen von den Städtischen Kliniken Mönchengladbach ist simpel: „Ein gutes Arzt-Patienten-Gespräch ist, wenn der Patient verstanden hat, was mit ihm los ist und er dies durch eine passende Rückfrage wie ´Ich werde dann heute Abend nach dem Essen das erste Antibiotikum beginnen, richtig? ´, signalisiert. Durch ein solches Feedback bekomme der Arzt  „ein gutes Gespür dafür, dass der Patient die Informationen verstanden hat“.

Und andersherum? Was ist ein Merkmal eines schlechten Arzt-Patienten-Gesprächs? Kölfen dazu: „Wenn ein Arzt einem Patienten ungefiltert alles erzählt, was er weiß. Und dann ein Patient nach seinen Ausführungen etwa sagt: ‚Das habe ich nicht verstanden‘.“ Dies sei nahezu eine Bankrotterklärung. Kölfen weiter: „Erfolgsparameter für ein gutes Arzt-Patienten-Gespräch ist der Empfänger und das ist der Patient.“ Der ärztlichen Sprache und der Reduktion der Gesprächsinhalte auf das Wesentliche kommt deshalb im Austausch eine enorme Bedeutung zu.

Denn: Wenn ein Patient zum Arzt geht, fühlt er sich nicht gut, ist in Sorge und hat vielleicht sogar Angst. Die Folge davon: Seine Aufnahmefähigkeit ist begrenzt. Er hört anders zu, als er dies in entspannten Zeiten tut – erst recht, wenn es nun um seine Gesundheit geht. Das heißt für die ärztliche Praxis: Zwischen dem, was der Arzt sagt und meint und dem, was der Patient versteht und behält, kann sich eine große Kluft auftun.

Damit im Arzt-Patienten-Gespräch ein kommunikativer Erfolg gelingt und der Patient den Ausführungen folgen kann, können Ärzte einfache Instrumente anwenden:

Klare, fokussierte Sprache: Der Patient kann in der Situation, in der er sich befindet, nur bedingt zuhören. Seine Filter lassen schlicht nur gewisse Informationen zu. Überfordert der Arzt diese Filter, funktioniert ein Gespräch nicht. Das heißt: Der Arzt sollte die Informationsmenge, die er transportiert, auf das Wesentliche reduzieren. Und so sprechen, dass sein Gegenüber ihn versteht.

Deshalb muss die Devise in jedem Gespräch sein: Klar und verständlich sprechen statt leere Worthülsen transportieren. Kurze Sätze statt Schachtelsätze nutzen. Wiederholungen einbauen, damit das Gesagte besser durchdringt.

Killerworte vermeiden: Neben der „guten Sprache“ gibt es auch Formulierungen, die den gegenteiligen Effekt haben. Doch weiß auch jeder, dass es „Killerworte“ gibt, die sich negativ auf das Arzt-Patienten-Verhältnis auswirken können?

„Vielleicht“ ist ein solches Killerwort. Auch „aber“, „dennoch“ und „trotzdem“ gehören dazu. Das Wort „versuchen“ ist ebenfalls nicht gut geeignet. „Da denkt der Patient sofort: Ich bin doch kein Versuchskaninchen“, sagt Kölfen. Gleiches gilt für Aussprüche wie „Versprechen kann ich nichts“ oder Negativaussagen wie „Das weiß ich nicht, da müssen Sie meinen Kollegen fragen“. Kölfen warnt: „Mit solchen Aussagen demontieren Sie sich selbst.“ Und er kennt die Konsequenzen von solchen kommunikativen Fehlgriffen: Negative Formulierungen und „Killerworte“ blockieren den Zugang zum Patienten.

Der kommunikativ richtige Weg: Statt sich den ärztlichen Alltag mit Sprachbremsen zu erschweren, sollten Kommunikationsturbos („Ich bin gleich für Sie da“, „Nach unseren Erfahrungen wird die Therapie sehr gut vertragen“, „Ich werde mich für Sie informieren“) eingesetzt werden. Diese lösen beim Patienten nicht nur keine negativen Assoziationen aus, sondern signalisieren noch dazu Wertschätzung. Beides beflügelt die Arzt-Patienten-Interaktion.

Visuelle Helfer: Ein guter Tipp ist, sich für das Arzt-Patienten-Gespräch mit einem Stift zu bewaffnen und ein Stück Papier zur Hand zu nehmen. Man kann aufzeichnen, wie ein Eingriff verläuft, Abläufe im Körper skizzieren oder schlicht aufschreiben, wie die spezifische Erkrankung des Patienten heißt. Auch Röntgenbilder oder ein Ultraschallbild zu zeigen, unterstützt.

„Alles, was man visualisieren kann, hilft dem Patienten, sich ein Bild zu machen“, sagt Kölfen. Sich für die eigenen Malkünste zu genieren sei nicht angebracht. „Es müssen keine schönen Van Gogh-Gemälde sein. Es reichen einfache Skizzen.“ Nicht selten wollten Patienten dieses nach dem Gespräch mit nach Hause nehmen – als Gedankenstütze, um das Gehörte später noch einmal besser abrufen zu können.

Ein weiterer Vorteil des Visualisierens: „Der Zeichnende erhält selbst viel mehr Klarheit im Kopf. Ihm wird bewusster, was er eigentlich als Kernbotschaft zum Patienten transportieren möchte“, sagt Kölfen. Denn: Unwichtige Dinge werden beim Zeichnen nahezu automatisch weggelassen. Dies helfe, den Sprachfluss des Arztes auf das Wesentliche zu reduzieren und lasse für den Patienten einen roten Faden im Gespräch erkennbar werden. „Durch das Visualisieren des Gesagten zwingt sich der Arzt selbst dazu, sich zu sortieren und nicht einfach nur irgendetwas zu erzählen.“

Fazit: Eine zentrale Regel guter Kommunikation lautet: Der Sender ist verantwortlich für den Erfolg des Gesprächs, nicht der Empfänger. Wer sich an diese Devise hält, versteht besser, dass sich ein Arzt-Patienten- Gespräch vor allem durch verständliche Sprache auszeichnen muss. Alle Menschen – auch Ärzte und Patienten – sind visuelle Menschen. Bilder zeigen und Skizzen machen ist im Arzt-Patienten-Gespräch ein sehr hilfreiches Instrument, von dem beide Seiten profitieren.

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2020