Brustkrebsfrüherkennung: Animieren zum Motivieren

25.03.2020 | Politik

Mit einer Reihe von Maßnahmen möchte die Bundesfachgruppe Radiologie (BURA) in der ÖÄK die Brustkrebsfrüherkennung in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Im Zuge einer Awareness-Kampagne sollen die zuweisenden Ärztinnen und Ärzte animiert werden, Frauen zu motivieren, an der Mammographie teilzunehmen.

Agnes M. Mühlgassner

Noch immer nehmen zu wenige Frauen das Angebot einer Früherkennungsuntersuchung in Anspruch“, konstatiert der Bundesfachgruppen-Obmann Radiologie (BURA) in der ÖÄK, Klaus Wicke. Das sei auch der Grund, wieso man sich zu einer Awareness-Kampagne zum Thema Mammographie entschlossen habe. Jede in Österreich lebende Frau zwischen dem 45. und 69. Lebensjahr hat alle zwei Jahre Anspruch auf eine Früherkennungs-Mammographie. Darüber hinaus besteht für Frauen zwischen 40 und 45 Jahren sowie ab 75 Jahren die Möglichkeit des Opt-in; das heißt: Sie können sich freiwillig im Brustkrebsfrüherkennungsprogramm (BKFP) registrieren lassen.

Mit dem Start des neu strukturierten Brustkrebs-Früherkennungsprogramms Anfang Jänner 2014 wurde ein Kulturwandel vollzogen: Waren es bis zu diesem Zeitpunkt Vertrauensärztinnen und Vertrauensärzte, die die Frauen zur Mammographie überwiesen, folgte ab diesem Zeitpunkt die Umstellung auf Einladung per Brief – von einem Politiker. „Und mit dieser schriftlichen Einladung allein spricht man offensichtlich zu wenig Frauen an, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen.“ Fakt ist: Derzeit geht nur jede zweite Frau in Österreich regelmäßig zur Mammographie. Wicke dazu: „Viele Frauen, die einmal zur Mammographie kommen, kommen dann in der Folge nicht mehr“. Dieser Entwicklung müsse man gegensteuern und „versuchen, die Frauen zu motivieren, zur Mammographie zu gehen“. Radiologe Wicke setzt hier ganz stark auf die Unterstützung durch Allgemeinmediziner und Gynäkologen. Im Zuge der Programmverlängerung im Jahr 2018 ist es ja gelungen, dass diese wieder zur Mammographie zuweisen können und so ihre wichtige Rolle als Vertrauensärzte wahrnehmen können.

Besonderheit des BKFP

Das österreichische Brustkrebsfrüherkennungsprogramm zeichnet sich durch eine Besonderheit aus: Im Zuge der Mammographie kann auch gleich ein Ultraschall der Brust erfolgen. Für den zusätzlichen Ultraschall gibt es zwei Gründe: Zum einen die dichte Brust, bei der Drüsengewebe einen allfälligen Tumor überdecken könnte – so dass man ihn im Röntgen nicht erkennt. Zum an-deren sind es unklare Veränderungen in der Mammographie, die mit dem Ultraschall weiter abgeklärt werden. Was nach Ansicht von Wicke in diesem Zusammenhang ganz entscheidend ist: „Nimmt man beide Konstellationen für einen zusätzlichen Ultraschall zusammen, ist bei uns die Wiedereinberufungsrate auf jeden Fall wesentlich geringer als in anderen Ländern.“ In dieser Vorgangsweise sieht Wicke noch weitere Vorteile: Nicht nur, dass man den Frauen die Phase der Verunsicherung bis zu einem nochmaligen Termin, an dem der Ultraschall statt-findet, erspare, sondern auch die Tatsache, dass man den Frauen in den meisten Fällen sagen könne, dass es sich um eine gutartige Veränderung handle. „Die Primärdiagnostik erfolgt wesentlich schneller und die Frau profitiert dadurch, dass sie nicht so lange in Schwebe gelassen wird, was es jetzt wirklich ist“, fasst Wicke zusammen. Ganz abgesehen davon stellt es natürlich auch administrativ eine gewaltige Vereinfachung dar, wenn sowohl Mammographie als auch Ultraschall an einem einzigen Termin durchgeführt werden. Ende 2018 stand das Programm ganz kurz auch auf der Kippe. Der Grund: Die Assessment Center, in denen die Biopsien erfolgten und die Histologie erfasst wurde, meldeten keine Daten ein. „Wir haben also keine Informationen darüber gehabt, ob eine Biopsie überhaupt Sinn gemacht hat und welches Ergebnis dabei herausgekommen ist“, erläutert Wicke.

Zwischenzeitlich wurden all diese Daten nacherfasst. Aktuell erfolge die Erfassung in den meisten Orten problemlos. Man erhalte genügend Daten, um auch eine sinnvolle Statistik erstellen zu können. Dafür brauche es jedenfalls die Daten von vier oder fünf Jahren – solange müsse man das Programm jedenfalls laufen lassen, um „einen wirklichen Benefit hinsichtlich der Mortalität zu sehen. Vermutlich wird man es sich sogar über einen Zeitraum von zehn Jahren ansehen müssen“.

Fakt ist jedenfalls, dass die Zahl der Brustkrebs-Neuerkrankungen annähernd gleich bleibt, die Mortalität aber zurückgeht. Wicke interpretiert dies dahingehend, dass Brustkrebs ganz generell früher und auch im Zuge dessen auch kleinere Tumore erkannt werden – vorausgesetzt, die Frauen kommen regelmäßig zur Mammographie. Dadurch sei einerseits die Operabilität besser und auch andere Therapieformen wirkten besser bei einem kleineren Tumor. „Natürlich tragen auch die verbesserten Therapiemöglichkeiten insgesamt mit Immuntherapie und spezifischer Chemotherapie zu dieser Entwicklung bei“. Mit einem Appell richtet sich Wicke an die zuweisenden Allgemeinmediziner und Gynäkologen: „Motivieren Sie Ihre Patientinnen, zur Mammographie zu gehen. Denn selbst wenn wir mit der Mammographie Brustkrebs nicht verhindern können, können wir mit der Früherkennung viel Leid reduzieren“.


Awareness-Kampagne: Die DetailsIm Zuge einer Awarenesskampagne macht die Bundesfachgruppe Radiologie (BURA) in der ÖÄK auf die Wichtigkeit der Mammographie aufmerksam. In der „Österreichischen Ärztezeitung“ wird es dazu einen „State of the Art-Artikel inclusive DFP-Literaturstudium“ geben und ein Wartezimmerplakat, einen „MEDIZIN  populär“ Mini-Ratgeber sowie einen Experten-Roundtable, über den in der ÖÄZ exklusiv berichtet wird.  Eine Fachinformation für die Arzt-Assistenz unterstützt diese Aktivitäten.
Tipp: www.meine-brust.at


 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 6 / 25.03.2020