Medi­zi­ni­sche Kurz­mel­dun­gen: Kurz und informativ

25.01.2020 | Medizin


Organ­emp­fän­ger: 50 Pro­zent erlei­den Infektionen

Ein Team um Prof. Chris­tian van Del­den von der Uni­ver­si­tät Genf (Unige) und den Uni­ver­si­täts­kli­ni­ken Genf (HUG) hat fast 3.000 Pati­en­ten im Rah­men der Schwei­zer Trans­plan­ta­ti­ons­ko­hor­ten­stu­die von 2008 bis 2014 im Hin­blick auf ihr Infek­ti­ons­ri­siko unter­sucht. Man war davon aus­ge­gan­gen, dass das Infek­ti­ons­ri­siko ab dem zwei­ten Monat all­mäh­lich abnimmt – par­al­lel zum Rück­gang der Immun­sup­pres­siva. Bei mehr als der Hälfte der Pati­en­ten tra­ten inner­halb eines Jah­res eine oder meh­rere schwere infek­tiöse Epi­so­den auf – die Anfäl­lig­keit vari­ierte je nach Art des trans­plan­tier­ten Organs. Das größte Risiko in den ers­ten Wochen hat­ten Emp­fän­ger von Spen­der­her­zen oder Spen­der­lun­gen; Pati­en­ten mit Spen­der­nie­ren hat­ten dage­gen ein nied­ri­ges Risiko. Ins­ge­samt wur­den mehr als 60 Pro­zent der Infek­tio­nen durch Ente­ro­bak­te­rien ver­ur­sacht; die meis­ten Infek­tio­nen betra­fen das trans­plan­tierte Organ. Um eine adäquate Pro­phy­laxe und Nach­sorge zu gewähr-
leis­ten, müs­sen nach Ansicht der Autoren die Chro­no­lo­gie, die Art des trans­plan­tier­ten Organs und die am häu­figs­ten betei­lig­ten Bak­te­rien berück­sich­tigt wer­den.
APA

Gene­ti­sche Ein­griffe bei Krankheitsüberträgern

Mit­hilfe der Gen­schere CRISPR/​Cas9 und einer als „Gene-Drive“ bekann­ten Tech­nik könn­ten ver­mut­lich ein­zelne Krank­heits­er­re­ger wie Plas­mo­dien und Zecken aus­ge­rot­tet wer­den. Nut­zen und Neben­wir­kun­gen dis­ku­tier­ten Exper­ten kürz­lich bei einem Sym­po­sium des UNESCO-Lehr­stuhls der Med­Uni Wien. Würde man etwa Frucht­bar­keits­gene im Genom der Über­trä­ger aus­schal­ten, könn­ten sich Über­tra­ger und die dadurch ver­ur­sach­ten Krank­hei­ten nicht mehr so effek­tiv ver­brei­ten. Außer­dem wäre es mög­lich, Gene in den Popu­la­tio­nen aus­zu­brei­ten, die eine Über­tra­gung von Mala­ria, Bor­re­liose etc. ver­hin­dern, indem sie die Ent­wick­lung der Krank­heits­er­re­ger und nicht der Über­trä­ger stö­ren. An bei­dem wird welt­weit geforscht. „Die genauen Fol­gen der neuen Tech­no­lo­gien im Zeit­al­ter von zuneh­men­den Resis­ten­zen gegen bewährte The­ra­pien und Erd­er­wär­mung auf die Gesamt­po­pu­la­tion der Insek­ten und damit auf unser Öko­sys­tem sind aller­dings nicht abseh­bar“, so Chris­tiane Druml, Lei­te­rin des UNESCO-Lehr­stuhls. Ins­ge­samt wer­den 17 Pro­zent der welt­wei­ten Todes­fälle durch Vek­to­ren her­vor­ge­ru­fen – das sind mehr als 700.000 Todes­fälle jähr­lich. Mit mehr als 400.000 Todes­fäl­len jähr­lich ist Mala­ria inter­na­tio­nal die schwerste Vek­tor-über­tra­gene Infek­tion. In Öster­reich sind die häu­figs­ten durch Vek­to­ren über­tra­ge­nen Erkran­kun­gen Lyme-Bor­re­liose und Zecken-Enze­pha­li­tis.
APA

7 Tage kann eine neu­ar­tige Per­fu­si­ons­ma­schine eine Spen­der­le­ber am Leben erhal­ten. For­scher um Prof. Pierre-Alain Cla­vien vom Uni­spi­tal und Prof. Phil­ipp Rudolf von Rohr von der ETH Zürich haben die Maschine mit zehn mensch­li­chen Spen­der­le­bern getes­tet, die von den euro­päi­schen Trans­plan­ta­ti­ons­zen­tren abge­wie­sen wor­den waren. Sechs davon zeig­ten nach der Per­fu­sion wie­der eine her­vor­ra­gende Funk­ti­ons­fä­hig­keit.
APA/​Nature Biotechnology

CD8 T‑Zellen: Antrei­ber für M. Alzheimer?

Ein Sub­typ der für die kör­per­ei­gene Abwehr wich­ti­gen CD8 T‑Immunzellen könnte einen M. Alz­hei­mer begüns­ti­gen – das fand ein inter­na­tio­na­les For­scher­team der Stan­ford Uni­ver­sity (USA) mit Salz­bur­ger Betei­li­gung her­aus. In zwei unab­hän­gig von­ein­an­der durch­ge­führ­ten Stu­dien an Mäu­sen und Men­schen mit M. Alz­hei­mer ent­deck­ten die Wis­sen­schaf­ter CD8 T‑Zellen im Gehirn. „Man sieht, die Blut-Hirn-Schranke ist nicht immer 100-pro­zen­tig dicht. Ins­be­son­dere bei neu­ro­de­ge­nera­ti­ven Erkran­kun­gen wie Alz­hei­mer ist sie zum Teil offen oder etwas durch­läs­si­ger. Zudem fin­den Blut­zel­len wie die CD8 T‑Zellen den Weg ins Gehirn über den Liquor“, berich­tet Univ. Prof. Lud­wig Aigner von der Para­cel­sus Medi­zi­ni­schen Pri­vat­uni­ver­si­tät Salz­burg. Dem­nach wer­den die Zel­len außer­halb des Gehirns akti­viert und zer­stö­ren, wenn sie dort ange­kom­men sind, Neu­ro­nen. Beson­ders betrof­fen ist der für die Erin­ne­rung zen­trale Hip­po­cam­pus. Die For­scher gehen davon aus, dass die CD8 T‑Zellen auch bei ande­ren Krank­hei­ten wie dem Pfeif­fer­schen Drü­sen­fie­ber eine Rolle spie­len. Sollte sich dies bestä­ti­gen, könnte ihre Blo­ckade Dia­gnose, Krank­heits­ver­lauf und The­ra­pie beein­flus­sen.
APA/​Nature

Herz­klap­pen: neues Design senkt Insult-Risiko

For­scher um Prof. Domi­nik Obrist und Hadi Zol­fag­hari vom Art­org Cen­ter der Uni­ver­si­tät Bern haben unter­sucht, warum Pati­en­ten mit mecha­ni­schen Herz­klap­pen ein – auch im Ver­gleich zu Pati­en­ten mit ande­ren Klap­pen­ty­pen – erhöh­tes Risiko für einen zere­bra­len Insult haben. Sie unter­such­ten mit­tels auf­wän­di­ger Simu­la­tio­nen auf Super­com­pu­tern des Cen­tro Svi­z­zero di Cal­colo Sci­en­ti­fico (CSCS) in Lugano den Blut­strom bei den jewei­li­gen Herz­klap­pen­for­men. Ergeb­nis: Die aktu­elle Form der Ven­til­flü­gel der Klappe führt zu star­ken Tur­bu­len­zen im Blut­strom, durch die die Blut­ge­rin­nung akti­viert wird. Im Rück­strom­ge­biet unmit­tel­bar hin­ter der Klappe könn­ten sich so Gerinn­sel bil­den. Bereits ein leicht abge­än­der­tes Design der Ven­til­flü­gel könnte das Pro­blem behe­ben. „Das Design der mecha­ni­schen Herz­klap­pen wurde seit ihrer Ent­wick­lung in den 1970er Jah­ren so gut wie nicht ange­passt“, betonte Obrist.
APA/​Physical Review Fluids


Metasta­sier­tes Pro­sta­ta­kar­zi­nom: The­ra­pie­wech­sel als Option 

62 Kli­ni­ken in Europa – in Öster­reich die Uni­ver­si­täts­kli­nik für Uro­lo­gie der Med­Uni Wien um Co-Autor Univ. Prof. Gero Kra­mer – haben im Rah­men der CARD-Unter­su­chung 255 Pati­en­ten mit metasta­sier­tem kas­tra­ti­ons­re­sis­ten­tem Pro­sta­ta­kar­zi­nom unter­sucht. Diese hat­ten auf eine erste Andro­gen­re­zep­tor-gerich­tete The­ra­pie nicht ange­spro­chen und das Kar­zi­nom­wachs­tum schritt auch unter der Behand­lung mit Doce­ta­xel fort. Eine Hälfte der Pati­en­ten erhielt Caba­zi­ta­xel oder wech­selte von Abira­te­ron zu Enza­lu­t­amid bezie­hungs-
weise umge­kehrt. Der Beob­ach­tungs­zeit­raum betrug im Mit­tel 9,2 Monate. Die Ergeb­nisse spra­chen sta­tis­tisch signi­fi­kant durch­wegs für die Ver­wen­dung von Caba­zi­ta­xel: Der mitt­lere Zeit­raum bis zum Fort­schrei­ten der Erkran­kung ver­dop­pelte sich von 3,7 Mona­ten auf acht Monate. Die mitt­lere Über­le­bens­zeit stieg von elf Mona­ten bei anti­hor­mo­nel­ler The­ra­pie auf 13,6 Monate unter Che­mo­the­ra­pie. Das Mor­ta­li­täts­ri­siko sank damit unter Caba­zi­ta­xel um 36 Pro­zent. Der PSA-Wert sank unter der geän­der­ten anti­hor­mo­nel­len The­ra­pie bei 13,5 Pro­zent der Behan­del­ten, unter Caba­zi­ta­xel bei 35,7 Pro­zent. Die Neben­wir­kungs­ra­ten waren etwa gleich.
APA/​NEJM

Hun­derte neue Viren in Insek­ten entdeckt

For­scher der Ber­li­ner Cha­rité haben in Insek­ten Hun­derte neue Viren aus über 20 Gat­tun­gen ent­deckt, die bei Nutz­tie­ren und Men­schen bis­her uner­kannte Ursa­che von Erkran­kun­gen sein könn­ten. Ins­ge­samt wur­den Pro­ben von 1.243 Insek­ten­ar­ten ent­nom­men. Sys­te­ma­tisch unter­sucht wur­den Viren mit nega­ti­ver ein­zel­strän­gi­ger RNA; diese Gruppe umfasst etwa Ebola‑, Masern- oder Toll­wut-Erre­ger. Die Stu­dien-
ergeb­nisse sol­len hel­fen, Pati­en­ten zu dia­gnos­ti­zie­ren, bei denen alle Sym­ptome auf eine Virus­in­fek­tion hin­wei­sen, ein Virus jedoch nicht nach­ge­wie­sen wer­den kann.
APA/​PLOS Pathogens

Pso­ria­sis: neues Angriffs­ziel iden­ti­fi­ziert

Ein For­scher­team um Ced­ric Blan­pain von der Uni­ver­si­tät Brüs­sel unter­suchte mit öster­rei­chi­scher Betei­li­gung die Rolle des Wachs­tums­fak­tors (VEGFA) bei Pso­ria­sis. Im Maus­mo­dell fan­den sie her­aus, dass ein Ko-Rezep­tor für VEGFA – „Neu­ro­pi­lin“ 1 (Nrp1) – das Signal ver­stärkt. Blo­ckier­ten sie Nrp1 bei Mäu­sen mit Pso­ria­sis, ver­bes­serte sich das Krank­heits­bild. Diese Signal­kette anzu­grei­fen, könne ein neuer The­ra­pie­an­satz bei Men­schen sein. An der Stu­die betei­ligt waren Maria Sibi­lia und Eli­sa­beth Glitz­ner vom Insti­tut für Krebs­for­schung der Med­Uni Wien.
APA/​Science Advances

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 1–2 /​25.1.2020