Medi­zi­ni­sche Kurz­mel­dun­gen: Kurz und informativ

25.02.2020 | Medizin

Nur wenig For­schung bei Antibiotika-Resistenzen

Zu wenige Akti­vi­tä­ten bei der Neu-Ent­wick­lung von Anti­bio­tika orten Exper­ten der nie­der­län­di­schen Stif­tung Access to Medi­cine Foun­da­tion in ihrem kürz­lich ver­öf­fent­lich­ten Bericht „Anti­mi­cro­bial Resis­tance Bench­mark“ (AMR). In Indien liegt die Resis­tenz von vie­len weit­ver­brei­te­ten Bak­te­rien bereits bei mehr als 70 Pro­zent. In den USA ster­ben jähr­lich rund 35.900 Men­schen wegen Resis­ten­zen. In der EU und euro­päi­schen Wirt­schafts­raum machen sie min­des­tens 17 Pro­zent der Infek­tio­nen aus und füh­ren zu 33.000 Todes­fäl­len pro Jahr. Den­noch sind – im Ver­gleich zu 2018 – rela­tiv wenig neue Anti­bio­tika in der Pipe­line. Auch haben sich einige große Phar­ma­fir­men aus der For­schung in die­sem Bereich zurück­ge­zo­gen.
APA/​Science

Phytin­säure-ähn­li­che Sub­stanz gegen Mine­ral­stoff-Abla­ge­rung
Mit der Frage, wie die Abla­ge­rung von Kal­zi­um­phos­phat­kris­tal­len in Blut­ge­fä­ßen und auf Herz­klap­pen bei Pati­en­ten mit chro­ni­scher Herz­in­suf­fi­zi­enz ver­hin­dert wer­den kann, befass­ten sich Prof. Jean-Chris­to­phe Leroux und sein Team von der ETH Zürich. Die in Hül­sen­früch­ten und Getreide vor­kom­mende Phytin­säure bin­det Phos­phat, Kal­zium, Magne­sium und Eisen und wird bereits im Rah­men von kli­ni­schen Stu­dien gegen Athero­skle­rose ein­ge­setzt, wird jedoch vom Kör­per rasch abge­baut. Nach geziel­ten che­mi­schen Ver­än­de­run­gen fan­den die For­scher einen Wirk­stoff­kan­di­da­ten, der das Wachs­tum von Kal­zi­um­phos­phat­kris­tal­len stoppte. In einem nächs­ten Schritt müs­sen nun wei­tere Unter­su­chun­gen zur Sicher­heit der Sub­stanz und der opti­ma­len Dosis erfol­gen sowie die Wirk­sam­keit beim Men­schen nach­ge­wie­sen wer­den. 
APA/​Nature Com­mu­ni­ca­ti­ons

Schnell­test für Infek­ti­ons­krank­hei­ten

Ein Gen­test soll durch den Ver­gleich von ver­schie­de­nen Mus­tern von akti­vier­ten Genen in den Blut­pro­ben von Pati­en­ten inner­halb von zwei Stun­den eine Dia­gnose bei schwe­ren Ent­zün­dungs- und Infek­ti­ons­krank­hei­ten lie­fern. Daran arbei­ten Wis­sen­schaf­ter um Univ. Prof. Wer­ner Zenz von der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Graz unter der Lei­tung von Pro­fes­sor Michael Levin vom Depart­ment of Infec­tious Dise­ase am Impe­rial Col­lege Lon­don. „Jede Krank­heit ist mit einem ein­zig­ar­ti­gen Mus­ter von akti­vier­ten Genen asso­zi­iert“, erklärt Zenz. Der­zeit wer­den gene­ti­sche Signa­tu­ren von 2.000 Blut­pro­ben der Gra­zer Bio­bank ana­ly­siert, die die Grund­lage für die Ent­wick­lung des neuen Tests dar­stel­len. Das von der EU mit 22,5 Mil­lio­nen Euro unter­stützte For­schungs­pro­jekt namens „DIAMONDS“ ist für fünf Jahre ange­legt. Med­Uni Graz

Fehl­ge­bur­ten: Pro­ges­te­ron-Pro­duk­tion ent­schei­dend
Wis­sen­schaf­ter um Sig­rid Von­dra von der Uni­ver­si­täts­kli­nik für Frau­en­heil­kunde der Med­Uni Wien haben mög­li­cher­weise einen Hin­weis für mehr­fa­che Fehl­ge­bur­ten bei Frauen gefun­den. In ihrer Stu­die beob­ach­te­ten sie, dass bei einer Schwan­ger­schaft Pro­ges­te­ron in der Pla­zenta über­wie­gend von Zel­len pro­du­ziert wird, die sich eher an der Ober­flä­che des Gewe­bes befin­den. Beim Ver­gleich der Zel­len, die in die Gebär­mut­ter­schleim­haut wan­dern mit denen, die in der Pla­zenta blei­ben, gibt es Unter­schiede: Das For­scher­team mit ober­ös­ter­rei­chi­scher und ame­ri­ka­ni­scher Betei­li­gung beob­ach­tete bei den „wan­dern­den“ Zel­len eine gerin­gere Kon­zen­tra­tion von 3β-Hydro­xys­te­roid-Dehy­dro­ge­nase. Dadurch wurde die Umwand­lung von Cho­le­ste­rol in Pro­ges­te­ron gestört. Die Wis­sen­schaf­ter wer­ten ihre Ergeb­nisse als Hin­weis dar­auf. 
APA/​Journal of Lipid Research

24.000 Per­so­nen
haben sich im Jahr 2018 in Süd­afrika mit HIV infi­ziert. Ins­ge­samt gel­ten laut der UN-Orga­ni­sa­tion UNAIDS mehr als 20 Pro­zent der Süd­afri­ka­ner zwi­schen 15 und 49 Jah­ren als infi­ziert. Eine kli­ni­sche Stu­die an 5.400 HIV-nega­ti­ven Per­so­nen mit einem Impf­stoff wurde kürz­lich wegen man­geln­der Wirk­sam­keit ein­ge­stellt.
APA

Rezep­tor akti­viert Darm-Peris­tal­tik
Die Ner­ven­zel­len des Darms nut­zen den Aryl­koh­len­was­ser­stoff­re­zep­tor (AhR), um die Anwe­sen­heit von Darm­bak­te­rien zu erken­nen und so die Peris­tal­tik zu regu­lie­ren. Das hat ein Team um Prof. Andrew Macpher­son von der Uni­ver­si­tät und dem Insel­spi­tal Bern zusam­men mit Haupt­au­to­rin Yuuki Obata vom Deve­lo­p­ment and Home­osta­sis of the Ner­vous Sys­tem am The Fran­cis-Crick-Insti­tute in Lon­don her­aus­ge­fun­den. Im Tier­ver­such ver­gli­chen die Wis­sen­schaf­ter Mäuse ohne Darm­flora mit sol­chen, deren Darm von gut­ar­ti­gen Bak­te­rien besie­delt war. Dabei bewegte sich der keim­freie Darm der Mäuse weni­ger. Den For­schern gelang es, die von bestimm­ten Bak­te­rien abge­ge­be­nen Stoffe, die die Peris­tal­tik akti­vie­ren, aus­zu­ma­chen. Mit den neuen Erkennt­nis­sen hof­fen die Wis­sen­schaf­ter, einen Ansatz für neue The­ra­pien bei Erkran­kun­gen mit abnor­mer Darm­be­weg­lich­keit gefun­den zu haben. APA/​Nature

Mam­ma­kar­zi­nom: MRT mit radio­ak­ti­vem Pyru­vat
Die am Depart­ment of Radio­logy der Uni­ver­si­tät Cam­bridge tätige Öster­rei­che­rin Ramona Woi­tek hat zusam­men mit ihrem Kol­le­gen Fer­dia Gal­lag­her ein neues Ver­fah­ren ent­wi­ckelt, mit dem die MRT noch prä­zi­sere Bil­der beim Mam­ma­kar­zi­nom lie­fert. Dabei wird Pyru­vat mit dem Koh­len­stoff­iso­tip C‑13 mar­kiert und durch ein spe­zi­el­les Ver­fah­ren, die Hyper­po­la­ri­sie­rung, magne­ti­siert. Diese Ver­bin­dung wird den Pati­en­tin­nen inji­ziert. Die bei Tumor­zel­len wesent­lich schnel­lere Umwand­lung von Pyru­vat in Lak­tat kann im MRT mit Hilfe des C‑13 mar­kier­ten Pyru­vat ver­folgt wer­den. Dazu Woi­tek: „Wir konn­ten zei­gen, dass ver­schie­dene Brust­krebs-Typen Unter­schiede im Stoff­wech­sel von Pyru­vat haben und wir anhand des­sen die aggres­sivs­ten Tumore iden­ti­fi­zie­ren kön­nen“. Die Wis­sen­schaf­ter hof­fen, die bis­lang bei sie­ben Pati­en­tin­nen ange­wandte Methode an einer grö­ße­ren Gruppe erpro­ben zu kön­nen. APA/​Pnas

Neu­ro­fi­la­mente als pro­gnos­ti­sche Mar­ker

Neu­ro­fi­la­mente könn­ten als Bio­mar­ker für die Krank­heits­pro­gnose geeig­net erschei­nen. Zu die­sem Ergeb­nis kom­men Wis­sen­schaf­ter um Assoz. Prof. Priv. Doz. Michael Kha­lil von der Uni­kli­nik für Neu­ro­lo­gie der Med­Uni Graz. Den Ver­lauf der Kon­zen­tra­tion an Neu­ro­fi­la­men­ten – Pro­te­ine der Ner­ven­zel­len, die bei einer Zell­schä­di­gung aus­tre­ten und so in den Liquor und auch ins Blut gelan­gen – haben sich Kha­lil und Kol­le­gen von der Uni­ver­si­täts­kli­nik Basel im Abstand von mehr als fünf Jah­ren bei 335 neu­ro­lo­gisch gesun­den Erwach­se­nen ange­se­hen. Fazit: Beson­ders bei den über 60-Jäh­ri­gen stieg der Labor­wert stär­ker und vor allem nicht linear an; ebenso nimmt auch die Varia­bi­li­tät im Alter signi­fi­kant zu. Dem­nach dürfte eine Zunahme der Neu­ro­fi­la­mentwerte über einen gewis­sen Zeit­raum inner­halb einer alters­ab­hän­gi­gen Per­zen­tile ledig­lich mit nor­ma­len Alte­rungs­pro­zes­sen zusam­men­hän­gen. „Ver­lässt der anstei­gende Wert jedoch die jewei­lige Per­zen­tile, dann besteht Hand­lungs­be­darf“, so Kha­lil. Der nächste Schritt besteht nun darin, ein ent­spre­chen­des Per­zen­ti­len-Modell zu erstel­len. APA/​Nature Communications

Infor­ma­tion zur War­te­zeit ver­rin­gert Aggres­sio­nen
Wer­den in der Not­auf­nahme eines Kran­ken­hau­ses Infor­ma­tio­nen über Abläufe und vor­aus­sicht­li­che War­te­zei­ten gege­ben, ver­rin­gert dies aggres­sive Ten­den­zen bei Pati­en­ten, wie Dorit Efrat-Treis­ter von der Ben-Gurion Uni­ver­sity of the Negev in Beer­scheva (Israel) und Kol­le­gen her­aus­ge­fun­den haben. Dafür erhiel­ten die Pati­en­ten in der Not­auf­nahme in der ers­ten und drit­ten Woche kei­ner­lei zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen; in der zwei­ten Woche erhiel­ten sie einen Ablauf­plan mit vor­aus­sicht­li­chen War­te­zei­ten. Mit Hilfe eines Fra­ge­bo­gens wur­den aggres­sive Ten­den­zen ermit­telt. Fazit: Mit der Dauer der War­te­zeit stei­gen auch die aggres­si­ven Ten­den­zen. Zu Beginn waren sie bei Pati­en­ten mit Zusatz­in­for­ma­tio­nen gerin­ger als bei jenen ohne Infor­ma­tio­nen. Bei den Infor­mier­ten jedoch stie­gen Aggres­sio­nen mit der Zeit schnel­ler an – beson­ders dann, wenn die ange­ge­bene War­te­zeit über­schrit­ten wurde. Hier über­wiege offen­bar das Gefühl der Unge­rech­tig­keit, so die Stu­di­en­au­toren. APA/​PLoS ONE


© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 4 /​25.02.2020