Medizinische Kurzmeldungen: Kurz und informativ

10.02.2020 | Medizin

Liquid droplets schädigen alterndes Gehirn

Julia Marschallinger und Univ. Prof. Ludwig Aigner der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg entdeckten zusammen mit Forschern der Universität Stanford, dass sich bei der Alterung Fetttröpfchen in Mikrogliazellen im Gehirn ansammeln. Je mehr von diesen „Liquid droplets“ vorhanden sind, umso geringer wird die Aktivität der Mikrogliazellen. Zusätzlich entwickeln sie entzündungsfördernde Eigenschaften und produzieren Sauerstoffradikale. Diese wiederum schädigen zelluläre Bestandteile und das Erbgut. Die Forscher entdeckten auch, dass die Gene, die diese Liquid droplets-Erscheinung begleiten oder hervorrufen, dieselben sind, die schon in früheren Studien mit neurodegenerativen Erkrankungen wie der frontotemporalen Demenz in Zusammenhang gebracht wurden.
APA/Nature Neuroscience

Niedrig dosierte Hemmstoffe zeigen gegenteilige Effekte

Bei einer schlechten Verteilung von Hemmstoffen im Körper – beispielsweise bei zu geringer Dosis – docken sie nur an einer von mehreren Zielstellen an, was die restlichen stimuliert. Durch das Fehlen einer kompletten Blockade des Zielstoffes werden die leer gebliebenen Andockstellen überaktiv; oft sogar aktiver als der Hemmstoff selbst. Die ungleiche Verteilung im Körper bewirke einen gegenteiligen Effekt, meldet ein Forscherteam mit Beteiligung österreichischer Forscher, zu denen auch Tim Clausen vom Institut für Molekulare Pathologie in Wien gehört.
APA/Pnas

1.500 Kinder in Österreich leiden an Typ1-Diabetes. Um ihnen Alltag und Management der Erkrankung zu erleichtern, testet die medizinische Universität Graz smarte Systeme für eine automatische Regelung des Blutzuckerspiegels samt Berechnung der benötigten Insulinmenge und entsprechender Abgabe. Die dafür erforderlichen Daten kommen von einer App auf dem Smartphone. Derzeit wird dies, nach einer erfolgreichen Pilotstudie, an mehreren österreichischen und internationalen Kliniken an Kindern im Alter zwischen einem und sieben Jahren getestet.
APA

Acetyl-L-Carnitin senkt Depressionsrisiko

Schweizer Wissenschafter um Carmen Sandi von der ETH Lausanne haben im Tierversuch die Auswirkungen einer Erhöhung des Energiestoffwechsels auf das Depressionsrisiko untersucht. Mäuse wurden verschiedenen Stresssituationen ausgesetzt; u.a. wurde ihre Bewegung eingeschränkt. Im Anschluss wurde mit Hilfe von verschiedenen Standardtests die Entscheidungsfindung und das Geselligkeitsverhalten beobachtet und auch, ob die Tiere depressive Verhaltensmuster entwickelten. Ein Teil der Mäuse erhielt Acetyl-L-Carnitin, das natürlicherweise im Körper vorhanden ist und die Aktivität der Mitochondrien anregt. Ergebnis: Acetyl-L-Carnitin stimuliert den Nucleus accumbens im Gehirn. Dieser spielt sowohl im Belohnungssystem des Gehirns als auch für die Motivation eine Rolle. Im Tierversuch senkte die Substanz das Risiko, dass die Tiere depressive Verhaltensweisen entwickelten.
APA/eLife

Erster Fall von Vogelgrippe in Deutschland

Der erste bestätigte Fall von Vogelgrippe mit dem Erreger A(H5N8) bei einer Blessgans ist in Brandenburg nahe der polnischen Grenze aufgetreten. Seit Jahresbeginn breitet sich die Geflügelpest in Osteuropa sehr schnell aus. Das Risiko einer Übertragung auf Hausgeflügel wird allerdings als sehr gering eingestuft.
APA

Arginin-Restriktion verringert Osteoklasten

Eine Studiengruppe um Assoc. Prof. Gernot Schabbauer von der Medizinischen Universität Wien konnte zeigen, dass eine Reduktion von Arginin zur deutlichen Wachstumseinschränkung von Osteoklasten führt. Beim Knochenabbau haben Osteoklasten einen gesteigerten Energieumsatz, der nur bei Anwesenheit von Arginin aufrechterhalten werden kann. Die Forscher verursachten durch die Zufuhr von Arginase einen künstlichen Argininmangel. Dadurch wurde der Metabolismus der Osteoklasten gebremst; ebenso wurden auch deren Funktion und Zahl deutlich reduziert. Die Wissenschafter sehen in der Arginase einen vielversprechenden Ansatzpunkt für neue therapeutische Optionen. Schabbauer dazu: „Auch beim Wachstum und der Entwicklung von Immunzellen, die bei der Entwicklung der Multiplen Sklerose eine Rolle spielen, ist zu viel Arginin im Spiel“. Allerdings sei es nach Aussage der Forscher noch ein langer Weg bis zu einer wirksamen Therapie.
APA/Nature Communications

Mammakarzinom: Differenzierung durch Massenzytometrie

Forscher um Jana Fischer und Hartland Jackson von der Universität Zürich können mit einer von ihnen mitentwickelten Methode der bildgebenden Massenzytometrie eine weitere Differenzierung von Tumoren vornehmen. Aktuell haben sie in 100 Gewebeschnitten von 350 Frauen, die an einem Mammakarzinom leiden, jeweils 35 Proteine als Biomarker markiert. Anhand dieser konnte die Zusammensetzung des Tumors und des umliegenden Gewebes genau identifiziert werden. Dadurch konnten sie die bislang vier Haupt-Brustkrebskategorien in zahlreiche detaillierte Untergruppen mit unterschiedlichen Risiken unterteilen. Nun wollen die Forscher herausfinden, welche Medikamente bei einem bestimmten Tumor jeweils am besten wirken. APA/Nature

Alkohol und Nikotin beeinflussen Gehirn-Alterung

Jedes Jahr, in dem eine Person täglich oder fast täglich eine Packung Zigaretten raucht, lässt das Gehirn um 0,03 Jahre altern – also um etwa elf Tage. Jedes Gramm Alkohol mehr, das eine Person pro Tag zu sich nimmt, erhöht das relative Gehirnalter um 0,02 Tage; das entspricht etwa sieben Tagen. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschafter um Arthur Toga von der Universität von Süd-Kalifornien (Los Angeles). Für ihre Untersuchungen griffen die Wissenschafter auf die „UK Biobank“ zurück, in der MRT-Aufnahmen des gesamten Gehirns von Probanden und deren Lebensgewohnheiten verknüpft sind. 30 Prozent der insgesamt 17.308 Bilder zogen die Wissenschafter heran. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz trainierten sie ein statistisches Modell, aufgrund der vorhandenen MRTs das relative Gehirnalter der einzelnen Probanden zu ermitteln. Mit Hilfe des trainierten Modells wurde das Gehirnalter der übrigen 70 Prozent der Probanden ermittelt. Die Forscher fanden keinen Hinweis darauf, dass die Auswirkungen des Alkoholkonsums aufdas Gehirn die Auswirkungen des Tabakkonsums beeinflussen oder umgekehrt.
APA/Scientific Reports

Stressbedingte Norepinephrin-Ausschüttung verursacht graue Haare

Akuter Stress führt aufgrund der Erschöpfung von Melanozyten-Stammzellen bei Mäusen zu kleinen Flecken mit weißen Haaren. Wissenschafter um Ya-Chieh Hsu vom Department für Stammzellen und regenerative Biologie der Universität Harvard fanden heraus, dass es durch Stress über die Aktivierung der sympathischen Nerven zur Freisetzung von Norepinephrin kommt. Dieses dockt über spezielle Rezeptoren direkt an den Stammzellen der Haarfollikel an, welche wiederum rasch proliferieren. Es kommt zur Massenmigration der Melanozyten bis hin zu deren kompletter Erschöpfung, was zum Ergrauen der Haare führt. Die vorübergehende Unterdrückung der Proliferation verhindert diesen Stress-induzierten Vorgang.
APA/Nature

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2020