FAQs bei Rhinosinusitis: Tipps von Experten

25.05.2020 | Medizin


Die wichtigsten Fragen aus der Praxis rund um das Thema akute und chronische Rhinosinusitis beantworten Assoz. Prof. Christoph Arnoldner von der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten der Medizinischen Universität Wien und der Bundesfachgruppenobmann HNO in der ÖÄK, Univ. Doz. Wolfgang Luxenberger, im Gespräch mit Laura Scherber.

Wie unterscheiden sich die akute und die chronische Rhinosinusitis?

Arnoldner: Bei der chronischen Rhinosinusitis dauern die Beschwerdesymptome länger als drei Monate an, bei der akuten, wiederkehrenden Rhinosinusitis wiederholen sich akute Beschwerdebilder mehrmals in einem Jahr. Im akuten Krankheitsstadium stehen der purulente Ausfluss aus der Nase und akute Kopfschmerzen im Vordergrund, bei der chronischen Verlaufsform sind es die chronische Nasenatmungsbehinderung, Riechstörung und chronische Gesichtsschmerzen.

Luxenberger: Die akute Rhinosinusitis kann als Komplikation eines simplen Schnupfens auftreten, wenn sich die Ostien der Nasennebenhöhlen verstopfen und ein Eiterherd entsteht. Bei der chronisch rezidivierenden und der chronischen Rhinosinusitis sind es fließende Übergänge. Hat jemand immer wieder Schübe, würde man das als chronisch rezidivierende Rhinosinusitis sehen. Wenn jemand über drei Monate hinaus Beschwerden hat, handelt es sich um eine chronische Rhinosinusitis.

Wann sollte eine weiterführende Untersuchung erfolgen und welche?

Arnoldner: Bei wiederkehrenden oder anhaltenden Beschwerden über mehrere Wochen sollte eine Bildgebung der Nasennebenhöhlen durchgeführt werden – entweder ein CT oder eine digitale Volumentomographie. Dazu gehört eine endoskopische Untersuchung durch den Facharzt für HNO. Gibt die Anamnese Hinweise auf eine allergische Komponente – saisonale Beschwerden oder Begleitsymptome wie Augenjucken, häufiges Niesen – wird eine allergologische Abklärung durchgeführt.

Luxenberger: Bei der Erstuntersuchung wird ein HNO-Status, eine Nasenendoskopie und auch ein Allergietest gemacht, weil Allergien ein begünstigender Faktor sein können. Wichtig ist auch die genaue Anamnese der Lebensumstände des Patienten. Zum Beispiel können Faktoren wie eine staubige Arbeit, das Sitzen im Durchzug oder der häufige Weg ins Kühlhaus eine arbeitsplatzbedingte Rhinosinusitis begünstigen. Werden die Beschwerden unter einem konservativen Therapieversuch über einige Wochen nicht wesentlich besser, wird ein Nasennebenhöhlen-CT gemacht.

Woran erkennt man das Vorliegen von Polypen?

Arnoldner: Bei der chronischen Rhinosinusitis mit Polypen steht die nasale Obstruktion im Vordergrund. Sicherstellen kann man das allerdings nur durch eine Endoskopie der Nase oder eine bildgebende Untersuchung.

Luxenberger: Das Leitsymptom ist die behinderte Nasenatmung, oft mit einer Verminderung des Riechvermögens, wobei der Leidensdruck sehr individuell ist. Ich habe psychosomatische Untersuchungen gemacht, die das bestätigt haben. Es gibt Patienten mit durch Polypen komplett obstruierter Nase, die das als subjektiv wenig belastend empfinden, und es gibt andere, die sich von nur mäßig ausgeprägten Veränderungen sehr gestört fühlen.

Welche therapeutischen Maßnahmen werden für die akute und chronische Rhinosinusitis empfohlen?

Arnoldner: Für beide Formen steht primär die lokale Therapie im Vordergrund. Bei der akuten Form ist das Ziel, die nasale Obstruktion durch abschwellende Nasensprays zu vermindern und eine Belüftung der Nase und der Nasennebenhöhlen zu gewährleisten. Zusätzlich werden topische Steroide als Nasensprays und Entzündungshemmer wie nichtsteroidale Antirheumatika gegeben. Antibiotika kommen nur bei besonders schweren oder protrahierten Verlaufsformen zum Einsatz. Bei der chronischen Rhinosinusitis wird auch eine topische Therapie durchgeführt, aber nicht mit abschwellenden Maßnahmen, sondern primär mit steroidhaltigen Nasensprays, langfristig oder als Dauertherapie. Systemische Steroide kommen nur in Einzelfällen über einen kürzeren Zeitraum zur Anwendung.

Luxenberger: Bei der akuten Rhinosinusitis versucht man, die Drainage und Belüftung der Nasennebenhöhlen wiederherzustellen. Eingesetzt werden abschwellende Nasensprays kurzfristig über maximal zwei Wochen, Nasenspülungen, diverse Phytotherapeutika und Schmerzmittel. Der Einsatz von Antibiotika hängt von der klinischen Symptomatik ab. Die chronische Rhinosinusitis ist die Domäne der topischen Steroide, die ausreichend lang und in ausreichender Dosierung gegeben werden, zumindest vier bis sechs Wochen. Ergänzend empfehle ich Meersalzspülungen. Bei der chronischen Rhinosinusitis sind Antibiotika weniger hilfreich, bei Exazerbationen kann man sie – im Idealfall nach Abstrichentnahme – gezielt verordnen. Falls vorhanden, muss man auch eine Allergie entsprechend behandeln.

Wie sieht die Therapie aus, wenn Polypen vorhanden sind?

Arnoldner: Wenn die Ausschöpfung der konservativen Therapiemaßnahmen nicht ausreicht, wird eine minimalinvasive Sanierung der Nasennebenhöhlen durchgeführt, die sogenannte Functional endoscopic sinus surgery. Bei schweren Verlaufsformen erreicht man aber oft nur eine kurze bis mittelfristige Besserung, sodass die Patienten auch mehrmals operiert werden müssen. Der Einsatz von Biologicals könnte die Therapie der chronischen Rhinosinusitis in Zukunft revolutionieren und Operationen in den Hintergrund rücken. Die Universitätsklinik für HNO in Wien hat auch an einer Studie mit Dupilumab teilgenommen. Wir haben gesehen, dass die Patienten bereits nach wenigen Anwendungen wieder riechen konnten und dass sich die Polypen zurückgebildet haben.

Luxenberger: Polyp ist nicht gleich Polyp. Manche Formen von Polypen bilden sich unter topischen Steroiden zurück, Nasenspülungen und kurzzeitige orale Kortisontherapien können helfen. Andere Polypen wie zum Beispiel ein Antrochoanalpolyp können nur operativ saniert werden. Vielleicht 20 bis 25 Prozent der Patienten mit Polyposis nasi leiden an einer sehr hartnäckigen Form, die sich durch eine starke Rezidivneigung nach Operation trotz konsequenter Therapie mit topischen Steroiden auszeichnet. Häufig ist das verbunden mit Asthma und einer Aspirinunverträglichkeit. Ein histologisches Hinweiskriterium dafür ist u.a. eine starke Eosinophilie des Polypengewebes. Bisher mussten solche Patienten oft immer wieder operiert werden, zwischenzeitlich auch orale Steroide einnehmen. Ein vielversprechender Therapieansatz für diese Patienten steht nun mit dem monoklonalen Antikörper Dupilumab zur Verfügung.

Wie häufig leiden Patienten unter einer akuten und chronischen Rhinosinusitis?

Arnoldner: Jeder ausgeprägte Schnupfen geht mit einer Entzündung der Nasennebenhöhlen einher. Wir sehen hier eine saisonale Häufung in den Erkältungszeiten, im Winter und im Herbst. Jeder von uns macht ein- bis zweimal im Jahr eine akute Rhinosinusitis durch. Im Spitalsbereich sehen wir die chronischen Verlaufsformen natürlich häufiger übers ganze Jahr, weil diese oft einer chirurgischen Sanierung unterzogen werden. Das sind häufig Personen mit einer gewissen Prädisposition, mit anatomischen Besonderheiten oder Engstellen.

Luxenberger: Die Rhinosinusitis gehört zu den häufigen Krankheitsbildern in meiner Praxis – mehrmals die Woche, oft mehrmals pro Tag. Von 100 Patienten in der Praxis haben geschätzt zehn bis 15 Probleme mit den Nasennebenhöhlen. Die akute Rhinosinusitis ist oft saisonal eine Komplikation des banalen Schnupfens oder auch eine Folge einer schweren Allergie. Bei der chronischen Rhinosinusitis handelt es sich um Patienten, die man oft über Jahre begleitet.

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2020