COVID-19: Vielfältiger Verlauf

25.03.2020 | Coronavirus, Medizin


Husten, Fieber und Schnupfen – diese Symptome treten beim überwiegenden Teil der Personen mit einer Corona-Virus-Infektion auf. Das Spektrum reicht von symptomlosen Verläufen bis hin zu schweren Pneu-monien mit Lungenversagen und Tod. Die wichtigsten Informationen zu SARS-CoV-2 und COVID-19.

Die Krankheitsverläufe bei einer Infektion mit dem Corona-Virus sind unspezifisch, vielfältig und variieren stark: von symptomlosen Verläufen bis hin zu schweren Pneumonien mit Lungenversagen und Tod. Der überwiegende Teil der Personen, die sich mit dem Corona-Virus infiziert haben, leidet an Husten, Fieber und Schnupfen. In einer Erhebung für Deutschland zeigt sich folgende Verteilung: 55 Prozent der Betroffenen klagten über Husten, 39 Prozent über Fieber und 28 Prozent über Schnupfen. Weitere mögliche Symptome sind: Halsschmerzen und Atemnot. Ebenso genannt werden auch Kopf- und Gliederschmerzen, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall, Konjunktivitis, Hautausschlag, Lymphknotenschwellung, Apathie, Somnolenz. Bisherigen Studien zufolge scheinen die Verläufe bei Kindern eher mild und unspezifisch zu sein.

Die Hauptübertragung bei einer Infektion mit dem Corona-Virus erfolgt über Tröpfcheninfektion. Auch die Schmierinfektion durch kontaminierte Oberflächen und eine Ansteckung über die Augen-Bindehaut scheint möglich zu sein. Es gibt nur wenige Studien, in denen die vertikale Übertragung von der infizierten Mutter auf das Kind untersucht wird. Jedoch gibt es Einzelfallberichte, in denen SARS-COV-2 nachgewiesen werden konnte. Allerdings ist in diesen Fällen unklar, ob die Übertragung während der Schwangerschaft, der Geburt oder nach der Geburt erfolgte. Ohne Maßnahmen beträgt die Basis-Reproduktionszahl 2 bis 3,3. Die Inkubationszeit beträgt im Mittel fünf bis sechs Tage; kann je-doch zwischen ein und 14 Tage betragen. Der Manifestationsindex – er beschreibt den Anteil der Infizierten, die auch tatsächlich erkranken – beträgt beim Ausbruch auf einem Kreuzfahrtschiff 51 Prozent, bei evakuierten Reise-Rückkehrern 69 Prozent sowie bei der Kontroll-basierten Fallsuche 81 Prozent.

China: Krankheitsverläufe

Bei den 55.924 Labor-bestätigten Fällen (zum größten Teil aus der Provinz Hubei) werden als häufigste Symptome Fieber und Husten berichtet. Bei 80 Prozent der Betroffenen verlief die Erkrankung mild bis moderat. Das betraf Personen mit oder ohne Pneumonie, ohne Atemnot, mit einer Sauerstoffsättigung im Blut von über 93 Prozent, ohne Atemnot und ohne (CT-diagnostizierte) Lungeninfiltrate, die mehr als die Hälfte der Lunge betreffen. In 14 Prozent der Fälle verlief die Erkrankung schwer mit Atemnot, Sauerstoffsättigung unter 94 Prozent oder Lungeninfiltraten in mehr als der Hälfte der Lunge – aber nicht lebensbedrohlich. In sechs Prozent der Fälle war der klinische Verlauf kritisch bis lebensbedrohlich mit Lungenversagen, septischem Schock oder multiplem Organversagen. Teilweise gibt es Beobachtungen, dass der Anteil der Erkrankungen mit einem milden Verlauf außerhalb von Wuhan/Hubei und außerhalb von China höher als 80 Prozent ist.

Der Anteil an schweren Erkrankungen hängt auch davon ab, wie die Fälle identifiziert wurden. So gibt es Berichte, dass der Anteil der schweren Fälle nur bei drei Prozent lag, wenn diese über die Nachverfolgung von Kontaktpersonen entdeckt wurden. Bei den chinesischen Erkrankten lag das mittlere (mediane) Alter bei 51 Jahren; rund 78 Prozent der Betroffenen sind zwischen 30 und 69 Jahren als. Unter 20-Jährige sind mit 2,4 Prozent kaum betroffen. Die Ausscheidungsdynamik von vermehrungsfähigen Viren von Proben aus Rachen und Sputum wurden in einer Studie mit neun Patienten untersucht. Dabei zeigte sich, dass Abstrichproben aus dem Rachen bis zum vierten Tag nach dem Beginn der Symptome vermehrungsfähige Viren enthielten; aus dem Sputum bis zum achten Tag nach Symptombeginn. Weder im Stuhl noch im Urin oder Serum konnten vermehrungsfähige Viren nachgewiesen werden.

Fall-Verstorbenen-Anteil

Um diesen Anteil zu berechnen, kann man die Zahl der gemeldeten verstorbenen Fälle durch die Zahl der gemeldeten Fälle dividieren; alternativ durch die Zahl der Fälle mit bekanntem Endpunkt (Genesene oder Verstorbene). Bei der Berechnung nach der ersten Option würde man – so die Forscher des Robert-Koch-Instituts – den endgültigen Anteil unterschätzen, da der Endpunkt von allen Patienten noch nicht bekannt ist; bei der zweiten Option würde der endgültige Anteil überschätzt werden. Einer aktuellen Studie zufolge wird der Fall-Verstorbenen-An-teil für die Provinz Hubei mit fünf Prozent beziffert und mit 0,8 Prozent für China (ohne Hubei). So wird der Fall-Verstorbenen-Anteil in einer Patientengruppe von 1.099 Personen (35 bis 58 Jahre) auf 8,1 Prozent unter schwerer Erkrankung (Beatmung oder Sepsis) und 0,1 Prozent bei leichter Erkrankung angegeben. Bei Patienten mit einem sehr schweren Verlauf war der Fall-Verstorbenen-Anteil 22 Prozent. Zur Letalität liegen laut Robert-Koch-Institut keine verlässlichen Daten vor, weil die tatsächliche Anzahl der Erkrankten nicht bekannt ist und möglicherweise deutlich höher ist als die Zahl der gemeldeten Erkrankungsfälle.

In einer chinesischen Fallserie (n= 1.099) betrug die Zeitspan-ne zwischen Erkrankungsbeginn bis zur Pneumonie vier Tage; jene vom Beginn der Erkrankung bis zum akuten Lungenver-sagen (Acute Respiratory Distress Syndrome; ARDS) im Mittel acht Tage. Nach der Hospitalisierung mussten die Betroffenen durchschnittlich nach einem Tag auf die Intensivstation transferiert werden. Die Dauer des Krankenhausaufenthaltes betrug im Mittel zehn Tage – für die bis dahin Genesenen. Diese Zahl stellt vermutlich eine Unterschätzung dar, so das Robert-Koch-Institut: Denn im Bericht der „WHO-China Joint Mission on Corona-Virus Disease 2019“ wird angeführt, dass milde Fälle im Mittel (Median) einen Krankheitsverlauf von zwei Wochen haben; schwere rund drei bis sechs Wochen dauern. Bei der Beatmungshäufigkeit ist ein breiter Bogen zu registrieren: Innerhalb von Hubei scheint er mit 20 bis 25 Prozent deutlich höher zu sein als für ganz China, wo die Häufigkeit zwischen zwei und sechs Prozent liegt.

Sechs Tage infektiös

Von anderen humanpathogenen Corona-Viren ist bekannt, dass sie auf unbelebten Oberflächen wie Metall, Glas oder  Plastik eine Zeitlang überleben können. Wie lange sie überle-ben, hängt von der Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit ab. So verlor beispielsweise in einer Studie HCoV-229E auf Plastik bereits nach 72 Stunden seine Infektiosität, während SARS-CoV-1 auf Plastik bis zu sechs Tage infektiös war. Wegen der strukturellen Ähnlichkeit von SARS-CoV-1 und  SARS-CoV-2 ist für SARS-CoV-2 eine ähnliche Tenazität zu er-warten. Für die Inaktivierung sind Flächen-Desinfektionsmittel mit nachgewiesener viruzider Wirksamkeit geeignet. Desinfektionsmittel mit den Wirkbereichen begrenzt viruzid PLUS und viruzid können ebenfalls eingesetzt werden. Derzeit gibt es keinen Impfstoff; laut WHO befinden sich je-doch mehr als 40 Impfstoff-Kandidaten in Entwicklung – da-runter DNA-, RNA-, Protein Subunit und Vektor-Impfstoffe. Fast alle Kandidaten befinden sich in der präklinischen Entwicklungsphase. Ein Impfstoff-Entwickler hat die Verabreichung der ersten Impfstoffdosen an Menschen im Rahmen einer Phase 1-Studie in den USA für diesen Monat bekannt gegeben. Weitere Entwickler haben ihre klinischen Phase 1-Studien für April/Mai angekündigt.


Risikogruppen für schwere Verläufe

Schwere Verläufe treten auch bei Personen ohne Vorerkrankungen und auch bei jüngeren Personen auf. Folgende Personengruppen haben ein Risiko für schwere Verläufe:

  • ältere Personen (mit stetig steigendem Risiko für einen schweren Verlauf ab etwa 50 bis 60 Jahren)
  • Raucher
  • Personen mit bestimmten Vorerkrankungen:
  • des Herz-Kreislauf-Systems (zum Beispiel koronare Herzerkrankung und Bluthochdruck)
  • der Lunge (zum Beispiel Asthma, chronische Bronchitis)
  • Patienten mit chronischen Lebererkrankungen
  • Patienten mit Diabetes mellitus
  • Patienten mit einer onkologischen Erkrankung
  • Patienten mit geschwächtem Immunsystem

 

Impfungen aufschieben

Wegen der Covid-19-Epidemie empfiehlt das Nationale Impfgremium des Ministeriums, bei Schutzimpfungen generell drei Wochen zuzuwarten; das betrifft auch die Pneumokokken-Impfung. Nach dem vorläufigen Aufschub sollten bei Kindern bis zwei Jahren die gemäß Impfplan empfohlenen Impfungen möglichst zügig durchgeführt werden. Ebenso sollten auch Nachhol-Impfungen bei unvollständig vorgeimpften älteren Kindern ohne Verzug durchgeführt werden. Ausnahmen bei Impfungen sind jedoch möglich. „Nach Rücksprache mit dem betreuenden Arzt kann im Einzelfall auch ein individueller Termin telefonisch vereinbart werden“, erklärt ÖÄK-Impfreferent Rudolf Schmitzberger.


Asthma und COVID-19: ICS-Therapie weiter fortsetzen

In einer Stellungnahme der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie empfehlen Experten Kindern und Erwachsenen mit Asthma, ihre individuell eingestellte anti-asthmatische Inhalations-Therapie (besonders eine Therapie mit inhalierbaren Steroiden; ICS) nicht zu ändern oder gar zu beenden. Dem vorangegangen war eine Aussage von Prof. Christian Drosten vom Institut für Virolgie der Charité Berlin, wonach Patienten mit ihrem Arzt darüber reden sollten, ein auf Kortison basierendes Medikament durch eines zu ersetzen, dass das Immunsystem weniger angreife. Laut der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie sei die Gefahr, dass sich das Asthma durch das Absetzen der inhalativen antiasthmatischen Therapie (speziell mit inhalierbaren Steroiden) in bedrohlicher Weise verschlechtert und Arztbesuche oder Krankenhausaufenthalte erforderlich macht für den einzelnen Asthma-Patienten wesentlich bedrohlicher als ein mögliches Risiko einer Förderung der Ansteckung mit dem Corona-Virus (SARS-Cov-2). Eine erfolgreiche Inhalationstherapie bei Patienten mit Asthma sollte daher gerade in der aktuellen Corona-Virus-Pandemie unverändert fortgesetzt werden.


 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 6 / 25.03.2020