COPD: Schwierige Therapieadhärenz

25.09.2020 | Medizin


Grundsätzlich versteht man die COPD heutzutage als Multi-System-Erkrankung. Jedoch nur ein Drittel der Betroffenen nimmt die Therapie vorschriftsgemäß und mit der richtigen Inhalationstechnik ein. Und ebenso wie beim Asthma kann man – langfristig – auch COPD-Patienten in Richtung Therapiereduktion begleiten.
Laura Scherber

Als eine Erkrankung mit guter Behandlungsmöglichkeit aber fehlender Aussicht auf Heilung – so bezeichnet Priv. Doz. Bernd Lamprecht von der Klinik für Lungenheilkunde des Kepler Universitätsklinikums in Linz die COPD. Durch eine möglichst frühzeitige Diagnose versuche man daher, diese chronische Erkrankung bestmöglich zu kontrollieren und einen günstigen Verlauf über einen langen Zeitraum zu gewährleisten.

In Österreich leiden mehr als elf Prozent der über 40-Jährigen an einer dauerhaft behandlungspflichtigen COPD (GOLD-Stadium II bis IV). Die Erkrankung manifestiert sich mit Atemnot bei Belastung und trockenem Husten, manchmal auch erst an den Exazerbationen ersichtlich. „Die COPD ist diagnostiziert, wenn die Lungenfunktion eine nicht reversible Einschränkung des Atemflusses zeigt“, erklärt Priv. Doz. Georg-Christian Funk von der 2. Medizinischen Abteilung mit Pneumologie an der Klinik Ottakring in Wien. „Allerdings wird oft übersehen, dass man Differentialdiagnosen wie Bronchiektasien oder auch eine Herzinsuffizienz, die sich lungenfunktionell ähnlich manifestieren können, ausschließen muss“, betont Funk. Für die Diagnose COPD sollte zunächst Alpha-1-Antitrypsin im Serum bestimmt werden, um das Vorliegen eines Lungenemphysems aufgrund eines Alpha-1-Antitrypsinmangels auszuschließen. „Bei Verdacht auf COPD-Exazerbationen sollte eine Reihe von klassischen Differentialdiagnosen wie Lungenentzündung, Lungenembolie, Pneumothorax, Lungenödem, Herzrhythmusstörungen oder Vorhofflimmern vorweg ausgeschlossen werden“, fügt Lamprecht hinzu. Für die Exazerbationen im Rahmen der COPD gibt es vielfältige Auslöser: von Virusinfekten über körperliche Belastungen bis hin zu psychischen Einflüssen und Stress.

„Wir verstehen die COPD heute als Multi-System-Erkrankung. Grundsätzlich handelt es sich zwar um eine Erkrankung der Lunge, die aber den gesamten Körper beeinträchtigt“, sagt der Experte. Die wichtigsten Komorbiditäten umfassen Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzinsuffizienz, pulmonale Erkrankungen wie Asthma, aber auch Sarkopenie und zerebrale Veränderungen. Sarkopenie tritt vor allem in den fortgeschrittenen Stadien der COPD auf, wenn Patienten Gewicht verlieren, Muskelmasse abbauen und sich dadurch die Körperzusammensetzung verändert. Dies führt in der Folge zu einer maßgeblichen Verschlechterung der Lebensqualität. Aber auch einschneidende zerebrale Veränderungen beeinflussen den Alltag der Betroffenen. „Angst kommt dazu: Angst vor dem Ersticken, Angst vor der Atemnot und Angst davor, von der Hilfe anderer abhängig zu sein“, weiß Funk aus der Praxis. Diese Symptomatik führt gleichzeitig zu einer Einschränkung des Bewegungsradius im Alltag, wodurch nicht selten eine Depression als Komorbidität hinzukommt.

Auch wenn sich die Therapie der COPD am Schweregrad und dem Exazerbationsmuster orientiert, stellt die Bronchodilatation immer die Ausgangsbasis dar. Sie kann als Monotherapie oder gleich als duale Therapie begonnen werden. Je nach Wirksamkeit der Initialtherapie unterscheidet man zwei Problemfelder: Steht die Atemnot weiterhin im Vordergrund, liegt das Hauptaugenmerk auf einer stärkeren Bronchodilatation. Leidet der Patient hingegen an wiederkehrenden, akuten Verschlechterungen, fällt die Wahl auf ein inhalatives Kortikosteroid, das besonders bei gehäuften Exazerbationen und gleichzeitiger Eosinophilie gute Ergebnisse erzielt. Darüber hinaus gibt es für einzelne Phänotypen noch weitere spezifische Therapien. „Für Patienten, bei denen die chronische Bronchitis mit Husten und Sputumproduktion im Vordergrund steht, ist der Wirkstoff Roflumilast zugelassen“, ergänzt Lamprecht. Dieser Phosphodiesterase-4-Inhibitor kommt zum Einsatz, wenn die Lungenfunktion mit einer FEV1 von unter 50 Prozent des Sollwertes deutlich eingeschränkt ist. Treten trotz einer bereits etablierten Triple-Therapie mit zwei Bronchodilatatoren und einem inhalativen Kortikosteroid weiterhin Exazerbationen auf, kann im Einzelfall auch eine Dauertherapie mit Makroliden – etwa mit Azithromycin – in Erwägung gezogen werden. Lamprecht macht jedoch ausdrücklich darauf aufmerksam, dass man „neben der Eskalationstherapie auch auf die Möglichkeit der Deeskalation nicht vergessen sollte. Ebenso wie beim Asthma dürfe man langfristig und bei guter Krankheitskontrolle auch COPD-Patienten in Richtung Therapiereduktion begleiten.

LABA, LAMA und Glukokortikoid

In der Praxis haben die meisten COPD-Patienten eine Triple-Therapie mit einem LABA (Long-Acting Beta-Agonists), einem LAMA (Long-Acting Muscarinic Agonists), und einem inhalativen Glukokortikoid. Die inhalative Therapie hilft, die Lungenfunktion zu verbessern, die Lebensqualität zu erhöhen und Exazerbationen zu vermeiden. Lamprecht weiter: „Wegen der Nebenwirkungen der Glukokortikoide – wie zum Beispiel der Neigung zu Pneumonien und Osteoporose ist es wichtig, die Übermedikation mit inhalativen Glukokortikoiden bei COPD zu reduzieren“. Für die Behandlung von Schwerstkranken gibt es weiters die Sauerstoff-Therapie. Damit kann die Leistungsfähigkeit verbessert und die Mortalität vermindert werden. Menschen mit einer chronischen Hyperkapnie wiederum profitieren von einer nächtlichen Maskenbeatmung, die im Schlaflabor oder auf einer Spezialstation eingestellt wird.

Rehabilitation entscheidend für Verlauf

Eine entscheidende Rolle beim Krankheitsverlauf – neben dem Rauchstopp und der Lufthygiene am Arbeitsplatz – nimmt die pneumologische Rehabilitation. Diese ambulant oder stationär stattfindende umfassende Therapie beinhaltet unter anderem Kraft- und Ausdauertraining, Krankheitslehre, Inhalationstechnik sowie Coping-Mechanismen und hilft maßgeblich, die Lebensqualität zu verbessern und Krankenhausaufenthalte zu vermeiden. Weitere wichtige Maßnahmen sind die Influenza- und Pneumokokken-Impfung.

Interventionelle Techniken wie die Bronchoskopie eröffnen darüber hinaus die eine oder andere Therapieoption – etwa durch die Lungenvolumenreduktion beim schweren Lungenemphysem durch das Einsetzen von endobronchialen Ventilen oder die Rheoplastie, die an den Becherzellen der Bronchialschleimhaut ansetzt und die Schleimproduktion vermindert. „Die Lungentransplantation wäre dann die Maximalvariante für diejenigen Patienten, die eine hochgradig eingeschränkte Lungenfunktion haben, die aufgehört haben zu rauchen, eine konsequente, medikamentöse Therapie durchführen und damit allein keine ausreichende Besserung erlangen“, fasst Lamprecht zusammen.

Problematisch: Therapieadhärenz

Ein schwieriges Thema bei der COPD ist die Therapieadhärenz. „Wir wissen, dass nur etwa ein Drittel der Menschen mit COPD die Therapie so einnimmt wie vorgeschrieben und die richtige Inhalationstechnik anwendet“, weiß Funk. Die wiederholte Erinnerung des Betroffenen, wie wichtig und notwendig einerseits der Rauchstopp und andererseits die inhalative Therapie ist – zusammen mit der praktischen Vermittlung der korrekten Inhalationstechnik, erhöhe die Therapieadhärenz nachweislich. Was jedoch mindestens ebenso wichtig ist: „Man müsse dem Betroffenen genau erklären, was COPD ist. Funk: „Viele Patienten verstehen am Anfang gar nicht, dass es sich um eine chronische Erkrankung handelt, die eine dauerhafte Therapie benötigt. Sie denken, sie nehmen das Medikament ein bis zwei Monate ein und dann ist alles wieder gut“.

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 18 / 25.09.2020