Standpunkt Thomas Szekeres: Augen auf

25.06.2020 | Aktuelles aus der ÖÄK

© Stefan Seelig

Eine Krise kann auch die Augen öffnen. Diese Pandemie zeigt uns, welche Lücken es im System gibt. Eine davon ist, dass nicht sofort genügend Schutzausrüstung für die Ärzteschaft verfügbar ist, weil der entsprechende Vorrat fehlt. Erschwerend kommt hinzu, dass vieles nicht in Österreich, nicht in Europa, sondern in China oder den USA produziert wird. Den europäischen Standort zu fördern ist eine der wichtigsten Lehren, die aus der Pandemie zu ziehen sind. Das betrifft nicht nur die medizinische Forschung und Entwicklung, sondern ebenso die Produktion von Arzneimitteln und medizinischer Ausrüstung. Die Abhängigkeit von China und den USA war schon immer problematisch, COVID-19 hat uns diese nur noch viel deutlicher vor Augen geführt.

Qualität hat natürlich ihren Preis, doch die Gesundheit ist das höchste Gut. Nachhaltig und zukunftsorientiert in die Gesundheit zu investieren, ist jeden Cent wert. Wir müssen zukünftig gewappnet sein, auf Gesundheitskrisen rasch, unaufgeregt und gezielt zu reagieren. Außerdem ist es essentiell, Infektionsherde frühzeitig zu erkennen. Entsprechende Tests sind wichtig und auch dort sollte nicht gespart werden. Besonders Mitarbeiter im Gesundheits- und Pflegebereich sowie in anderen systemrelevanten Bereichen sollten regelmäßig auf COVID-19 getestet werden. Auch das trägt einen Teil dazu bei, mögliche Infektionswellen einzudämmen.

Unabhängig davon, wann antivirale Medikamente und ein Impfstoff verfügbar sein werden, sollte zukünftig eines beibehalten werden: simple Hygienemaßnahmen. Dazu gehört auch, die Hände regelmäßig und gründlich zu waschen. Die Bevölkerung ist nun, auch durch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in bestimmten Bereichen, sensibilisiert. Zudem sollte nicht auf Prävention vergessen werden. Wer gesund lebt, sportlich ist, Vorsorgeuntersuchungen macht und sich impfen lässt, minimiert das Risiko für Erkrankungen. Und wer sich krank fühlt, sollte ohne Angst auch zum Arzt gehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte denken Sie daran, bei Patienten mit überstandener COVID-19-Infektion auf die Möglichkeit hinzuweisen, Plasma zu spenden. Es gibt derzeit in Österreich knapp 16.000 Menschen, die von einer Infektion mit dem neuartigen Coronavirus genesen sind. Mit einer Plasmaspende der genesenen Patienten können aktuell Erkrankte schneller die Krankheit abwehren und es werden Komplikationen vermieden.

 

ao. Univ. Prof. Thomas Szekeres
Präsident der Österreichischen Ärztekammer

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2020