Standpunkt Johannes Steinhart: Helden von Heute

10.05.2020 | Aktuelles aus der ÖÄK, Coronavirus

Spurensuche

© Gregor Zeitler

In den Tagen, als die Bevölkerung gebannt Infektionszahlen, freie Spitalsbetten und die Kapazitäten im niedergelassenen Bereich mit höchstem Interesse und quasi am Live-Ticker verfolgt hat, waren sie plötzlich ganz still. Die Rede ist von den sogenannten kritischen Geistern, die uns jahrelang vorrechnen wollten, wie viel Einsparungspotenzial nicht im Gesundheitssystem vorhanden wäre. In diesen Tagen war es nicht wirklich populär, von angeblich zu hohen Bettenzahlen oder Konsolidierungspfaden bei Arzthonoraren zu fabulieren, während die Bevölkerung sich zurecht glücklich schätzte, sich auf das stabile heimische Gesundheitssystem verlassen zu können. Leider neigen Lehren aus Krisenzeiten aber oft dazu, rasch wieder in Vergessenheit zu geraten. Aus den Helden von heute werden Helden von gestern und aus diesen wiederum erneut die Kostenfaktoren von morgen. Die ersten Reaktionen auf die Forderung nach wirtschaftlicher Kompensation der niedergelassenen Ärzteschaft sprachen Bände. Statt Anerkennung für die außerordentlichen Leistungen der heimischen Ärzteschaft und einem Bekenntnis zur nachhaltigen Absicherung des niedergelassenen Sektors gab es den kühlen Griff zum Taschenrechner. In den kommenden Monaten und Jahren der voraussichtlichen Budgetknappheit müssen wir umso schärfer darauf dringen und wachsam bleiben, dass unser Gesundheitssystem aufrecht und stabil bleibt und noch besser gegen weitere Herausforderungen gewappnet wird – nicht nur mit dem Blick auf eine mögliche weitere Corona-Welle. So traurig es ist, dass auch Selbstverständlichkeiten weiter argumentiert werden müssen, so vehement werden wir uns einsetzen, dass es nicht nur Applaus und Dankesworte in Krisenzeiten gibt, sondern auch tatsächliche Unterstützung. Lassen Sie mich zum Abschluss noch ein Wort in eigener Sache sagen: Der Verlust des Himberger Allgemeinmediziners Dr. Wilfried Piribauer, mit dem die österreichische Ärzteschaft zum ersten Mal einen Kollegen an die heimtückische Covid-19-Erkrankung verloren hat, hat uns alle und auch mich persönlich schwer erschüttert. Die Ärzteschaft hat damit einen höchst engagierten Kollegen, der immer für seine Patienten da war, verloren. Unsere Gedanken gelten Dr. Piribauer, der sein Leben der Medizin und dem Dienst an seinen Patienten gewidmet hat und auf tragische Weise in Erfüllung seiner ärztlichen Pflicht aus dem Leben gerissen wurde.

Dr. Johannes Steinhart
Vize-Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.05.2020