Plasmaspenden: Leben retten

25.10.2020 | Aktuelles aus der ÖÄK


Plasmabasierte Therapien sind aus der ärztlichen Behandlung nicht mehr wegzudenken. Tausende Patienten mit seltenen Erkrankungen sind darauf angewiesen.

Medikamente zur Behandlung von Immundefekten, in Bereichen der Blutgerinnung oder bei schweren Verletzungen und Operationen haben eines gemeinsam: Erst Plasmaspenden ermöglichten die Herstellung von passenden Therapien. Sie sind integraler Bestandteil der medizinischen Versorgung in Österreich. „Von der Spanischen Grippe 1918 über Schweinegrippe und Ebola bis hin zur aktuellen COVID-19-Pandemie – Plasmaspenden können mithelfen, schnell Krankheitsverläufe zu erleichtern oder zu verkürzen“, sagt Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer. Das sei auch der Grund, weswegen die ÖÄK früh mit Nachdruck COVID-19-Rekonvaleszente dazu aufgerufen hat, Plasma zu spenden. Doch nicht nur in diesem Fall ist das Blutplasma wertvoll, sondern gilt als unersetzlicher Rohstoff für viele andere ärztliche Behandlungen. Über 80 Prozent aller Österreicher sind mindestens einmal in ihrem Leben auf plasmabasierte Medikamente angewiesen. „Der Plasmaspende und dem vorhandenen medizinischen Know-how in Österreich muss daher der nötige Stellenwert zugeschrieben werden“, sagt Szekeres.

Steigender Bedarf

In Österreich gehen jährlich über 40.000 Personen zur Plasmaspende – da Plasma nicht künstlich hergestellt werden kann, ist die Medizin auf diese Spenden angewiesen. „Durch COVID-19 wurde einer breiteren Bevölkerung erstmals die Wichtigkeit und Bedeutung der Plasmaspende klar. Durch den Lockdown wurde aber ein Rückgang von Spenden um kurzfristig bis zu 50 Prozent verzeichnet“, sagt Matthias Gessner, Vorsitzender der IG Plasma. Für ihn ist daher gerade jetzt das Bewusstsein zur Plasmaspende umso entscheidender: „Wir wollen daher die Zahl der Spender in Österreich langfristig erhöhen und verstärkt Bewusstsein für die Notwendigkeit von spezialisierten Spendezentren schaffen.“

In medizinischen Behandlungen kommen über 100 Therapien zum Einsatz, die aus menschlichem Plasma hergestellt sind. 19 spezialisierte Zentren bieten in Österreich für alle Spender ein Umfeld nach höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards. „Plasmaspenden ist nicht nur enorm wichtig, sondern auch einfach, sicher und unbedenklich. In spezialisierten Plasmaspendezentren leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit – bei umsichtiger Betreuung aller Spender“, sagt Peter Perger, Intensiv- und Transfusionsmediziner sowie stellvertretender Vorsitzender der IG Plasma. Der Bedarf an Plasma steige stetig, weil die Behandlungsfelder immer größer und auch die Diagnosen besser werden. „Allen plasmabasierten Therapien geht eine Plasmaspende voran. Ohne Spenden gibt es diese Therapien nicht. Ein Patient mit Hämophilie benötigt allein rund 1.200 Spenden, um für ein Jahr mit seiner Therapie versorgt werden zu können“, betont Perger. Es könne daher nie genug Spenden geben: „Man darf nicht vergessen: Dank dieser Spenden hat ein Patient mit Hämophilie heute eine ganz normale Lebenserwartung. Vor 100 Jahren lag die Lebenserwartung noch bei 11 bis 14 Jahren.“

Keine Selbstverständlichkeit

Karin Modl, Obfrau der Österreichischen Selbsthilfegruppe für primäre Immundefekte (ÖSPID), ist eine von jenen Tausenden Patienten mit seltenen Erkrankungen, die in Österreich auf plasmabasierte Therapien angewiesen sind: „Nach einer zumeist langen Odyssee bis zur richtigen Diagnose gibt es kein größeres Geschenk als eine passende Therapie“, erzählt sie ihre Geschichte. Vielen sei durch menschliches Plasma ermöglicht worden, ein annähernd normales Leben zu führen: „Ohne Plasmaspende würde ich heute nicht mehr leben. Plasmaspenden ist keine Selbstverständlichkeit, daher bin ich jedem Spender dankbar – für mich sind diese Menschen Lebensretter.“

Um das nötige Wissen zu transportieren, aufzuklären und Bewusstsein zu schaffen, läuft derzeit eine breite Awareness-Kampagne ganz im Zeichen der Plasmaspende. Die IG Plasma ruft dabei in ganz Österreich zur Plasmaspende auf und hat dafür die neue Plattform www.plasmaspende.at gelauncht.

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 20 / 25.10.2020