Offene Kassenstellen: Lücken werden immer größer

25.02.2020 | Aktuelles aus der ÖÄK

 

Die jüngsten Zahlen österreichweit offener Kassenstellen zeigen einmal mehr größer werdende Versorgungslücken. Johannes Steinhart, ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann niedergelassene Ärzte, mahnt dringend zu Taten.
Sascha Bunda

Der Mangel an Kassenärzten in Österreich hat sich weiter zugespitzt, wie eine aktuelle Erhebung der Österreichischen Ärztekammer zeigt: Mit Jahresbeginn waren in Österreich 157 von den Krankenkassen ausgeschriebene Stellen nicht besetzt, das sind um 28 mehr als vor einem Jahr. Bei den Allgemeinmedizinern ist die Zahl der unbesetzten Stellen von 68 um fast 40 Prozent auf 95 angewachsen. Unter den Fachärzten ist der Mangel bei jenen für Kinderheilkunde am größten. 26 der insgesamt 62 nicht besetzten Facharztstellen betreffen die Kinderheilkunde, 16 die Frauenheilkunde.

Begonnen hat diese Entwicklung vor Jahren vor allem in ländlichen Bereichen, mittlerweile hat dieser Trend auch Ballungsräume erreicht und er wird sich durch die Altersstatistik noch verschärfen: In den kommenden zehn Jahren erreichen 48 Prozent aller Allgemeinmediziner mit GKK/ÖGK-Kassenvertrag das Pensionsalter, bei den Fachärzten mit GKK/ÖGK-Kassenvertrag 56 Prozent. Nur weil Ärztinnen und Ärzte generell länger arbeiten als die meisten anderenBerufsgruppen, kann die Versorgung noch aufrechterhalten werden.

Sechs Prozent der Allgemeinmediziner und sieben Prozent der Fachärzte sind schon aktuell über 65 Jahre alt. „Wenn ich mir ansehe, wie lange wir schon vor diesem Trend warnen und was seither passiert ist, überrascht mich diese Entwicklung nicht“, sagt Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte: „Durch die politischen Geschehnisse der letzten Monate und die Kassenfusion ist wertvolle Zeit verstrichen. Mittlerweile kann selbst die ÖGK die Nachbesetzungsprobleme nicht mehr leugnen, auch wenn sie immer noch versucht, die Lage schönzurechnen.“

Die Tätigkeit des Kassenarztes muss dringend aufgewertet werden, mahnt Steinhart. Die Möglichkeiten, Karriere und Familie kombinieren zu können, müssen ausgebaut werden. Für Ärztinnen mit Kassenvertrag muss es möglich sein, in Karenz zu gehen. „Weitere Vorschläge, die wir schon lange auf den Tisch gelegt haben, um junge Menschen wieder für den Beruf des Landarztes zu begeistern, sind unter anderem etwa die Ausweitung der Ausbildungsmöglichkeiten in den Lehrpraxen und die Verringerung von zeitfressender Bürokratie. Auch die Liberalisierung des Apothekengesetzes kann durch zusätzliche Hausapotheken Kassenstellen attraktiver machen“, gibt Steinhart zu bedenken. „Den Facharzt für Allgemeinmedizin hat die neue Regierung schon im Regierungsprogramm festgeschrieben. Jetzt muss dieser Punkt nur noch rasch umgesetzt werden“, fordert Edgar Wutscher, Obmann der Bundessektion Allgemeinmedizin der Österreichischen Ärztekammer. „Diesen Schritt nun zu machen, ist eminent wichtig für eine nachhaltige Aufwertung der Allgemeinmedizin und Attraktivierung der Niederlassung“, sagt er. Für die ebenfalls im Regierungsprogramm genannte „Attraktivierung der Allgemeinmediziner-Ausbildung“ sei es ebenso wichtig, die Ausbildungsmöglichkeiten in den Lehrpraxen auszuweiten, ist Wutscher überzeugt. Besonders dort könnten angehende Allgemeinmediziner den Beruf unter Echtbedingungen und realitätsnahe erfahren. ◉

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 4 / 25.02.2020