ÖÄK-Ausbildungsevaluierung: Kernaufgaben im Fokus

10.02.2020 | Aktuelles aus der ÖÄK


Die Basisausbildung am Krankenhaus St. Josef Braunau wurde sehr gut bewertet. Die Ausbildungsbeauftragte und stellvertretende ärztliche Leiterin, Birgitt Freitag, gibt Einblick.

Sophie Niedenzu

Woran liegt es, dass in der ÖÄK-Ausbildungsevaluierung zu den bestbewerten Krankenhäusern in der Basisausbildung zählen?

Wir legen schon bei der Auswahl großen Wert darauf, dass die Kolle­ginnen und Kollegen zum Haus passen. Wir klären im Vorstellungsgespräch ab, welche Pläne sie für ihre Zukunft haben und wollen mit ihnen bereits frühzeitig den Weg der Ausbildung planen. Auf allen Abteilungen gibt es Ausbildungsassistenten.  Neben dem Primar sind auch Fachärzte und Ober­ärzte der jeweiligen Abteilung für die Ausbildung zuständig. Die Turnusarztvertreter sind ab dem Vorstellungsgespräch direkte Ansprechpartner. Junge, unerfahrene Kollegen werden bei ihrer medizinischen Tätig­keit und bei medizinischen Entscheidungen nicht alleine gelassen.

Gibt es Wartezeiten auf Basisausbildungsplätze?

Momentan haben wir kaum Wartezeiten. Früher war das meistens in den Sommermonaten der Fall, als alle nach der Uni zu uns gekom­men sind. Mittlerweile nehmen sich immer mehr nach ihrem Studium noch Freizeit und beginnen versetzt mit der Ausbildung.

Wie viel Routinearbeiten fallen in der Basisausbildung an?

Wir haben bereits vor vielen Jahren eingeführt, dass bestimmte
Tätigkeiten an Pflegekräfte nach dem § 15 GuKG delegiert wer­den können. Wenn die Ärztinnen und Ärzte diese Tätigkeiten wie zum Beispiel Blutabnehmen aber lernen möchten, dann können sie das natürlich. Es wird dann mit der Pflege abgespro­chen, wer was macht.

Wieviel administrative Aufgaben erledigen Ihre Ärzte in Basisausbildung?

Mittlerweile sind bei uns Schreibkräfte, Sta­tionsassistentinnen, im Einsatz, die bei der Visite mitgehen und die Anordnungen direkt in das Krankenhaus­Administra­tionsprogramm geben. Der Arzt muss dann nur mehr unter­schreiben. Eindeutige ärztliche Tätigkeiten wie z.B. der Arztbrief oder der OP­Bericht werden diktiert und von der Sekretärin geschrieben. Der Arzt schreibt diese nicht mehr selber – abge­sehen von dringend notwendigen Kurzbriefen. Wir haben auch Codierungs ­AssistentInnen, um die ärztlichen Leistungen kor­rekt abzurechnen. Das war lange Zeit auch Aufgabe des Arztes.Die Ärztinnen und Ärzte können sich bei uns auf ihre Kerntätigkeiten konzentrieren.

Wie flexibel sind Ihre Arbeitszeitmodelle?

Je­der kann in unterschiedlicher Teilzeit arbeiten, wobei es nicht möglich ist nur Tag­Dienste zu machen; jeder ist in Nacht­ und Wochenend­dienste eingebunden. Es gibt bei uns auch gute Kinderbetreuungsmodelle. Wir haben zum Beispiel Betriebstagesmütter. Es gibt auch die Gute­Nacht­Betreuung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Dienst haben und die Kin­der nicht versorgen können. Und zuletzt haben wir jetzt das Schul­Taxi eingeführt. Die Kinder werden dabei in der Früh im Krankenhaus betreut und dann mit dem Taxi in die Schule gebracht. So können Dienstzeiten und Kinderbe­treuung abgestimmt werden.

Welche Erfahrungen haben Sie mit dem KPJ gemacht?

Die Umstellung des Studiums mit dem KPJ ist sehr sinnvoll. Die Stu­dentinnen und Studenten bewerben sich zum Teil sehr kurzfris­tig und zum Teil auch sehr langfristig um diese Ausbildung bei uns im Krankenhaus. Das hat natürlich einen höheren Organi­sationsaufwand zur Folge, ist aber auch sehr spannend, weil die Studentinnen und Studenten aller österreichischen Universitäten bei uns im Schnitt drei Monate in den unterschiedlichen Fachbe­reichen arbeiten. Das ist für beide Seiten eine Win­win­Situation.

Wenn Sie an Ihre Ausbildung zurückdenken: Was hat sich verändert?

Ich habe meine Ausbildung in Deutschland gemacht. Das österreichische und deutsche System sind mittlerweile sehr ähn­lich. Dass mit dem KPJ die Studierenden wie in Deutschland auch in Österreich in die Klinik kommen, ist sinnvoll. Früher haben sie erst das Studium abgeschlossen und sind in der Ausbildung zum Allgemeinmediziner als Turnusarzt in Eigenverantwortung unter Aufsicht des Facharztes in die Kliniken gekommen. Durch diese frühere Behandlung in Eigenverantwortung, besonders im Nachtdienst, waren sie oft be­- und überlastet. Die zusätzliche Aus­bildungsstufe, als Student im Krankenhaus zu arbeiten und dann in der Basisausbildung als Mediziner mehr Verantwortung zu be­kommen, ist daher begrüßenswert. ◉

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2020