Interview: Daniel von Langen: „Keine billigst mögliche Versorgung“

25.03.2020 | Aktuelles aus der ÖÄK

Der bisherige erste Stellvertreter der Bundeskurie angestellte Ärzte, Charly Kornhäusl, ist in den Bundesrat gewechselt. Sein Nachfolger, Daniel von Langen, spricht im Interview über Herausforderungen und Verbesserungspotential in der Arztausbildung.

Sophie Niedenzu

Sie sind bei der Ärztekammer in erster Linie für Ärzte in Ausbildung zuständig. Welche Erfahrungen haben Sie in ihrer eigenen Ausbildung gemacht und wo sehen Sie Verbesserungspotential?

Arzt zu sein ist ein wunderschöner Beruf, für den sich der steinige Weg, den man unbestritten beschreiten muss, lohnt. Manche dieser Steine wären wohl nicht notwendig, wenn die Ausbildung Teil der Personalplanung wäre. Viele Fertigkeiten kann man zum Beispiel oft lediglich in der Nacht erlernen, weil der Regelbetrieb wichtiger ist als das Teaching. Es fehlt hier oft nicht am Willen der Ausbildner, sondern schlicht an der Zeit. Ein Assistenzarzt ist schließlich genau wie sein Oberarzt nicht selten zu hundert bis hundertfünfzig Prozent in der Patientenversorgung engagiert. Eine ehrliche Personalplanung, der sich viele aus Kostengründen verweigern, würde hier vielerorts Berge versetzen.

Welche Gründe gab es, sich für die Anästhesiologie und Intensivmedizin zu entscheiden?

Die Anästhesie ist für mich nach wie vor eines der abwechslungsreichsten Fächer. Von der Betreuung komplex erkrankter Patienten auf der Intensivstation über die Notfallversorgung im oder außerhalb des Krankenhauses bis hin zu vielschichtiger Schmerztherapie sowie natürlich der Betreuung verschiedenster OPs ist einiges geboten, um einen abwechslungsreichen Arbeitsalltag zu garantieren. Zudem kann man in der Anästhesie einen weitreichenden Einblick in die verschiedensten medizinischen Therapien und Techniken gewinnen. Darüber hinaus bietet die Anästhesie eine ideale Grundlage für ein planbares Arbeitsumfeld. Ebenso ist eine Teilzeitbeschäftigung in dieser Spezialität deutlich einfacher zu realisieren als in vielen anderen. Diese Möglichkeiten der Flexibilisierung bilden die Grundlage für meine selbstständige Nebentätigkeit als Arbeitsmediziner.

Welche Herausforderungen gibt es für angehende Ärzte in Österreich?

Zunächst wird es notwendig sein, sich gegen die laufende Entwicklung der billigst möglichen Versorgung zu wehren. Die zunehmend kostengetriebene Gestaltung des öffentlichen Gesundheitssystems darf nicht zulasten der Patienten und Ärzte gehen. So ist die Arbeitsverdichtung in den Krankenhäusern vielerorts nicht mehr tragbar. Schließlich arbeiten viele Kollegen in ihren sogenannten Bereitschaftsdiensten 25 Stunden durch, und dies auch oft ohne Pause. Auf der anderen Seite sind die Bedingungen für Kassenärzte so unattraktiv, dass oft sogar in den Ballungszentren keine Bewerbungen mehr für diese eingehen. Nicht selten ist die Begründung, dass man sich als Wahlarzt mehr Zeit für den Menschen nehmen kann. Neben der immer weiterwachsenden Nachfrage nach medizinischen Leistungen rollt eine Pensionierungswelle auf uns zu. Es drängt sich die Frage auf, wer all diese Leistungen in Zukunft erbringen soll. Die Lösung dies Problems kann auf keinen Fall sein, die Arbeit wie- der auf weniger Schultern zu verteilen, indem die Arbeitszeiten der Einzelnen ausgeweitet werden. Hierbei geht es um nichts weniger als die Gesundheit jener, die die gesellschaftliche Verantwortung für die Gesundheit aller mittragen sollen. Es sollte selbstverständlich sein, dass der Staat allen Bürgern das gleiche Maß an Schutz zugesteht.

 


ZUR PERSON

Daniel von Langen (36) absolvierte neben dem Medizinstudium das Bachelorstudium Management and Economics an der Universität Innsbruck. Im Herbst 2018 schloss er seine Facharztausbildung in Anästhesiologie und Intensivmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck ab. Seitdem arbeitet er im LKH Hochzirl-Natters in Teilzeit und ist als selbstständiger Arbeitsmediziner aktiv. Von Langen war von 2014 bis 2017 Turnusärztevertreter an der Medizinische Universität Innsbruck. Seit 2017 ist er erster stellvertretender Obmann der Kurie angestellter Ärzte der Ärztekammer für Tirol und seit Februar 2020 erster Stellvertreter der Bundeskurie der angestellten Ärzte in der Österreichischen Ärztekammer.


 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 6 / 25.03.2020