Impfungen: Kinder im Mittelpunkt

10.10.2020 | Aktuelles aus der ÖÄK


Kinder sind intensive Verbreiter von Influenza-Viren. Um Risikogruppen zu schützen und das Gesundheitssystem zu entlasten, sind 350.000 Impfdosen gegen Influenza für Kinder kostenfrei vorgesehen.
Sophie Niedenzu

Sie haben eine Schlüsselposition inne: Kinder infizieren sich häufiger mit Influenza-Viren und scheiden das Virus höher konzentriert und länger aus als Erwachsene. Anders als bei COVID-19 spielen sie dadurch eine große Rolle bei der Verbreitung der Infektion. „Kinder sind bei Influenza nachgewiesenermaßen Vektoren und intensive Verbreiter der Infektion“, sagt der Kinderarzt Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer.

Wie schwerwiegend eine Influenza-Infektion ist, zeigt ein Blick in die Statistik: Die jährliche Hospitalisierungsrate bei Kindern mit Influenza liegt bei 128 je 100.000 Einwohner, in der Saison 2017/18 gab es neun Todesfälle unter Kindern durch Influenza-Viren, in der Saison 2018/19 waren es fünf. Insgesamt sind 450.000 bis 1,3 Millionen Menschen in Österreich aller Altersgruppen jährlich von der Influenza betroffen. In milden Jahren gibt es 500 und im Schnitt 1.000 Todesfälle pro Jahr. „Geimpfte Kinder leisten einen enormen Beitrag, die Verbreitung von Influenza-Viren einzudämmen“, betont Schmitzberger. Denn mit ihrem Schutz ist auch das Umfeld geschützt, seien es Familie, Bekannte, Freunde oder Pädagogen. Schon wenn 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen geimpft sind, wirkt sich das positiv auf die Sterberate bei Älteren aus, die – wie auch bei COVID-19 – zur Risikogruppe gehören und auch häufig unter Komplikationen leiden wie etwa einer Lungenentzündung. Bei Kindern mit der Influenza-Impfung anzusetzen verhindere, dass Ältere erkranken oder sterben. „Auch die Impfung gegen Pneumokokken ist für ältere Personen besonders in Pandemiezeiten sehr zu empfehlen“, sagt Schmitzberger. Die Durchimpfungsrate bei Pneumokokken liegt derzeit bei 15 Prozent der 19- bis 69-jährigen. Gegen Influenza sind noch weniger geimpft, hier liegt die Durchimpfungsrate bei acht Prozent. Speziell in Zeiten der Pandemie sei ein aufrechter Impfstatus jedes Einzelnen wichtig. Impflücken zu schließen, unter anderem auch bei Masern-Mumps-Röteln (MMR), schütze nicht nur Risikogruppen, sondern entlaste auch das Gesundheitssystem. „Es ist fatal, wenn in Zeiten der Pandemie nicht gegen Erkrankungen geimpft wird, die vermeidbar sind“, betont Schmitzberger. Schließlich würden damit Ressourcen in den Spitälern in Anspruch genommen werden, die für jene Erkrankungen wertvoll seien, die sich nicht durch eine Impfung verhindern ließen.

Kostenfreie Impfungen

Aus diese Grund wird die Influenza-Impfung nun für Kinder bis zum 15. Lebensjahr in Österreich kostenfrei angeboten – in Wien können sich alle Altersgruppen gegen Influenza kostenfrei impfen lassen. Aufgrund der Pandemie ist die Fächerbegrenzung gefallen, wodurch nun alle Ärzte befugt sind, ihre Patienten zu impfen. „Neben den Kinder- und Hausärzten ist es also möglich, dass etwa werdende Väter sich bei einem Gynäkologen der Partnerin mitimpfen lassen oder Eltern beim Kinderarzt“, sagt Schmitzberger.

Österreichweit wurden heuer mehr als 1,2 Millionen Influenza-Impfdosen bestellt. Davon sind 350.000 für das kostenfreie Kinder-Impfprogramm vorgesehen. Der per Spritze zu verabreichende Impfstoff für Säuglinge ab dem sechsten Lebensmonat soll von Mitte Oktober bis Mitte November an Kinderärzte ausgeliefert werden, der Nasenspray für die Zwei- bis 15-Jährigen von Mitte November bis Mitte Dezember. Neben den Kindern werde es auch für die knapp 100.000 stationären Bewohner von Pflegeeinrichtungen in ganz Österreich heuer eine kostenfreie Influenza-Impfung geben, die Ende November erhältlich sein soll. Die Wirkung der Influenza-Impfung hält sechs Monate, laut Experten erreiche eine Influenza-Welle erfahrungsgemäß im Februar ihren Höhepunkt. „Impfungen gegen Influenza, ebenso Pneumokokken oder MMR sind Errungenschaften in der Medizin und sie helfen, gesund zu bleiben“, sagt Schmitzberger. Gerade in Zeiten der Pandemie sei eines besonders wichtig: „Das Risiko für Infektionen zu minimieren, wo es möglich ist“.

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2020