Finan­zie­rung: Streit ums Geld

10.11.2020 | Aktuelles aus der ÖÄK


Das Pro­blem mit der ein­nah­men­ab­hän­gi­gen Finan­zie­rung des Gesund­heits­sys­tems wird auf­grund der­zeit sin­ken­der Ein­nah­men sicht­bar. Eine Gesund­heits­krise darf aber nicht auf dem Rücken der Pati­en­ten aus­ge­tra­gen wer­den, betont ÖÄK-Prä­si­dent Tho­mas Szekeres.

Zwei Drit­tel der Spi­tals­kos­ten sind Per­so­nal­kos­ten. Dar­auf ver­wies Tho­mas Sze­ke­res, Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer, im Rah­men einer Pres­se­kon­fe­renz von SPÖ-Che­fin Pamela Ren­di­Wag­ner, an der auch Michael Bin­der, medi­zi­ni­scher Direk­tor des Wie­ner Gesund­heits­ver­bun­des, teil­nahm. Im Fokus der Ver­an­stal­tung: Das Gesund­heits­bud­get. Laut Rendi-Wag­ner sei im kom­men­den Jahr mit einem Minus von 350 Mio. Euro für die Kran­ken­häu­ser zu rech­nen, das sei ein „Anschlag auf unsere Spi­tä­ler, und das inmit­ten einer Jahr­hun­dert-Pan­de­mie.“ Sie ver­wies auf 130 Mio. Euro Kür­zun­gen bei der Kran­ken­an­stal­ten­fi­nan­zie­rung, 40 Mio. Euro weni­ger aus den Ertrags­an­tei­len von Län­dern und Gemein­den an der Umsatz­steuer und 180 Mio. Euro durch die Rück­erstat­tungs­pflicht der Län­der an die Sozi­al­ver­si­che­rung. „Eine mit Ver­nunft und Ver­ant­wor­tung aus­ge­stat­tete Bun­des­re­gie­rung würde jetzt nicht auf die Idee kom­men, genau bei der öffent­li­chen Gesund­heits­ver­sor­gung, genau bei den öffent­li­chen Spi­tä­lern zu kür­zen”, befand sie. Das sei „gegen jede Ver­nunft“ und „ein gefähr­li­ches Spiel mit der Gesund­heit.” Bin­der ver­wies zudem dar­auf, dass auch nach der Pan­de­mie erhöhte Kos­ten durch Reha­bi­li­ta­ti­ons­maß­nah­men nach COVID-19-Erkran­kun­gen ent­ste­hen wer­den.

Gesund­heit von Wirt­schaft entkoppeln

Gerade im Spi­tal sei die Arbeits­zeit bereits sehr dicht, die Pati­en­ten­zah­len hoch. Als wich­tige Ver­sor­gungs­stelle müss­ten diese maximal geför­dert wer­den, betonte Sze­ke­res. Denn weni­ger Res­sour­cen hieße auch weni­ger Per­so­nal. „Unsere Spi­tä­ler haben in den ver­gan­ge­nen Mona­ten auf­grund der Pan­de­mie Geld ver­lo­ren. Ihnen nun noch mehr Geld weg­zu­neh­men, anstatt sie als wich­tige Ver­sor­gungs­stelle finan­zi­ell abzu­si­chern, zeugt nicht von poli­ti­schem Weit­blick“, sagte Sze­ke­res. Er betonte, dass es not­wen­dig sei, die Rah­men­be­din­gun­gen der Finan­zie­rung zu ändern. Sonst drohe in der aktu­el­len Pan­de­mie ein Kahl­schlag der Gesund­heits­ver­sor­gung in Öster­reich. Seit Jah­ren gebe es in Öster­reich einen Aus­ga­ben­dämp­fungs­pfad und eine ein­nah­men­ab­hän­gige Finan­zie­rung des Gesund­heits­sys­tems. Das Minus für Gesund­heit im Bud­get ergebe sich aus den gesun­ke­nen Steu­er­ein­nah­men. Zudem habe die Sozi­al­ver­si­che­rung, die sämt­li­che nie­der­ge­las­se­nen Kas­sen­ärzte und zu einem beträcht­li­chen Teil auch die Spi­tä­ler finan­ziere, beträcht­li­che Ein­nah­men­ein­bu­ßen auf­grund der hohen Arbeits­lo­sig­keit und der finan­zi­el­len Schwie­rig­kei­ten der Wirt­schaft. Diese müss­ten aus dem Bud­get aus­ge­gli­chen wer­den. „Von die­ser Art der Finan­zie­rung muss gerade in Zei­ten der Pan­de­mie abge­gan­gen wer­den“, sagte der ÖÄK-Präsident.

Finan­zie­rung sicherstellen

Die ÖÄK hätte die Ver­knüp­fung des Wirt­schafts­wachs­tums mit der Finan­zie­rung der Gesund­heit stets kri­ti­siert, bis­lang sei es sich in Zei­ten des Wirt­schafts­wachs­tums und des stei­gen­den BIP immer irgend­wie aus­ge­gan­gen. „Jetzt sind wir aber in einer Aus­nah­me­si­tua­tion. Es gibt nicht aus­rei­chend Geld für die Finan­zie­rung der Kas­sen­ärzte und der Spi­tä­ler“, erklärte Sze­ke­res. Nach Gesprä­chen mit der Regie­rung gehe er nun davon aus, dass bald die gesetz­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen geschaf­fen wer­den, damit die Gesund­heits­aus­ga­ben nicht mehr an die Ein­nah­men gekop­pelt sind.

Gesund­heits­mi­nis­ter Rudolf Anscho­ber betonte in einer Aus­sendung, dass es keine Kür­zun­gen geben werde. Wie in vie­len ande­ren Berei­chen wür­den Zusatz­auf­wen­dun­gen aus der Krise auch zusätz­lich dotiert. Er habe den Finanz­mi­nis­ter bereits gebe­ten, gemein­sam ent­spre­chende Gesprä­che mit den Län­dern zu star­ten: „Es ist völ­lig klar, dass diese Regie­rung gerade in der schwers­ten Gesund­heits­krise der ver­gan­ge­nen Jahr­zehnte die Spi­tä­ler nicht im Stich lässt, son­dern deren tat­säch­li­cher Bedarf sicher­ge­stellt wird.“ Der Bud­get­be­schluss soll Mitte Novem­ber erfol­gen. „Eine Gesund­heits­krise darf nicht auf den Rücken der Pati­en­ten aus­ge­tra­gen wer­den“, betonte Sze­ke­res abschlie­ßend. (sni)

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 21 /​10.11.2020