BKNÄ: Tele­me­di­zin: Moni­tor an

25.10.2020 | Aktuelles aus der ÖÄK


Die erst­mals durch­ge­führte Stu­die Tele­med Moni­tor Öster­reich befragte nie­der­ge­las­sene Ärzte zu ihrer Ein­stel­lung zur Tele­me­di­zin. Die Ergeb­nisse sol­len hel­fen, Poten­tiale zu för­dern und bestehende Hin­der­nisse zu erken­nen.
Sascha Bunda

In den ver­gan­ge­nen Mona­ten der Corona-Pan­de­mie stand die Tele­me­di­zin beson­ders im Fokus, was nicht ver­wun­der­lich ist. Schließ­lich steht die­ses Instru­ment wie kein zwei­tes für die zen­trale Prä­misse der Kon­takt­ver­mei­dung. Doch wie geht es den nie­der­ge­las­se­nen Ärz­ten mit der Tele­me­di­zin und wie gehen sie damit um? Um diese Fra­gen zu ergrün­den, wurde der Tele­med Moni­tor ins Leben geru­fen. Für diese jähr­li­che Stu­die, die von der Donau-Uni­ver­si­tät Krems in Koope­ra­tion mit der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer durch­ge­führt wird, wur­den Ärzte per Online-Umfrage zu den The­men Akzep­tanz, Vor­teile und Hin­der­nisse der tele­me­di­zi­ni­schen Betreu­ung im nie­der­ge­las­se­nen Bereich befragt. 

Der Tenor der über 600 Rück­mel­dun­gen: Tele­me­di­zin kann die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung all­ge­mein und ins­be­son­dere in schwie­ri­gen Zei­ten wie der COVID-19-Pan­de­mie unter­stüt­zen. 61 Pro­zent der Ärzte sehen sehr gro­ßes oder gro­ßes Poten­tial für die tele­me­di­zi­ni­sche Ver­sor­gung von Pati­en­ten in for­dern­den Zei­ten. 57 Pro­zent befür­wor­ten Tele­me­di­zin auch außer­halb von Kri­sen im medi­zi­ni­schen All­tag aktiv bzw. befür­wor­ten Tele­me­di­zin grund­sätz­lich, wol­len jedoch erste Erfah­run­gen abwar­ten. „Das zeigt eine breite Bereit­schaft zur Inte­gra­tion der Tele­me­di­zin in den Pra­xis­all­tag“, kom­men­tiert Johan­nes Stein­hart, Vize­prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer und Bun­des­ku­ri­en­ob­mann der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte. Diese Bereit­schaft werde mit dem Nach­rü­cken jun­ger Ärz­te­ge­ne­ra­tio­nen zwei­fel­los wei­ter zuneh­men, ist er überzeugt. 

Wäh­rend der Pan­de­mie wurde vor­ran­gig das Tele­fon als Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel mit Pati­en­ten her­an­ge­zo­gen: 93 Pro­zent der Ärzte kom­mu­ni­zier­ten per Tele­fon, fast die Hälfte (47 Pro­zent) per E‑Mail und 15 Pro­zent per Video mit ihren Patienten. 

Der Sys­tem­er­halt wäh­rend der Pan­de­mie bzw. die Mini­mie­rung des Infek­ti­ons­ri­si­kos (77 Pro­zent) und die Ver­sor­gung von Pati­en­ten in grö­ße­rer Ent­fer­nung (68 Pro­zent), beson­ders im länd­li­chen Raum, sowie die Ver­bes­se­rung der Kom­mu­ni­ka­tion mit Kol­le­gen (38 Pro­zent) – in die­sen drei Berei­chen sahen die befrag­ten Ärzte das größte Poten­tial für tele­me­di­zi­ni­sche Leis­tun­gen in der Zukunft.

Die größ­ten Hemm­schuhe orte­ten die Ärzte im admi­nis­tra­tiv­recht­li­chen Bereich: Für rund drei Vier­tel (78 Pro­zent) bestehen unge­löste recht­li­che Fra­gen, etwa im Bereich der Haf­tung. Schwie­rig­kei­ten bei den Model­len der Ver­rech­nung nann­ten 60 Pro­zent und die Hälfte (51 Pro­zent) der Befrag­ten bezeich­nete die Ein­hal­tung des Daten­schut­zes als Her­aus­for­de­rung. Acht von zehn Ärz­ten sehen hin­sicht­lich der Tech­nik­af­fi­ni­tät, vor allem bei älte­ren Per­so­nen, Barrieren.

Zukunfts­mo­dell

„Die ver­gan­ge­nen Monate haben klar gezeigt, dass die Tele­me­di­zin wich­tige posi­tive Bei­träge zur Gesund­heits­ver­sor­gung und zur Kom­mu­ni­ka­tion der Ärzte mit ihren Pati­en­ten leis­ten kann. Digi­tale Diagnose‑, Behand­lungs- und Betreu­ungs­mög­lich­kei­ten konn­ten und kön­nen in der Krise unter ande­rem die Arzt­pra­xen ent­las­ten und das Infek­ti­ons­ri­siko von Pati­en­ten und Ärz­ten sowie deren Teams mas­siv ver­rin­gern“, sagt Stein­hart. „Die Tele­me­di­zin ist ein Zukunfts­mo­dell, und die Bun­des­ku­rie hat des­halb bereits seit Jah­ren den ver­stärk­ten und qua­li­fi­zier­ten Ein­satz tele­me­di­zi­ni­scher Leis­tun­gen auf der Agenda“, so Stein­hart: „Es ist ange­sichts der gemach­ten Erfah­run­gen zu wün­schen, dass tele­me­di­zi­ni­sche Anwen­dun­gen, die sich bewährt haben, dau­er­haft in die nie­der­ge­las­sene ärzt­li­che Ver­sor­gung ein­ge­führt wer­den“, sagt der Bun­des­ku­ri­en­ob­mann. Die Mög­lich­keit zur Krank­schrei­bung nach tele­fo­ni­scher Kon­sul­ta­tion sei etwa ein Erfolg gewesen.

„Tele­me­di­zi­ni­sche Anwen­dun­gen wer­den sich nur bewäh­ren, wenn sie von Pati­en­ten und Ärz­ten akzep­tiert wer­den und wenn alle Betei­lig­ten Ver­trauen in die neuen Sys­teme ent­wi­ckeln. Künf­tig wer­den von der öffent­li­chen Hand sichere und qua­li­täts­volle Tele­me­di­zin-Tools zu for­dern sein. Das umfasst sichere Daten und Lei­tun­gen, aber auch nied­rig­schwel­lige Ange­bote für alte Men­schen, für Nicht-Deutsch­spra­chige oder soge­nannte Digi­tal Immi­grants, die nicht in die­ser digi­ta­len Welt auf­ge­wach­sen sind und sich in ihr unsi­cher füh­len. Tele­me­di­zi­ni­sche Pro­jekte wie zum Bei­spiel jene für Tele­der­ma­to­lo­gie oder Herz­in­suf­fi­zi­enz gehö­ren zügig aus­ge­baut und es muss ent­spre­chende Schu­lungs­an­ge­bote für Ärzte geben“, fol­gert Steinhart.


Nähere Infor­ma­tio­nen zu den Ergeb­nis­sen des Tele­med
Moni­tor Öster­reich fin­den Sie auf der Home­page 
www.telemedmonitor.at

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 20 /​25.10.2020