BKNÄ: Eine Frage der Sicherheit

25.06.2020 | Aktuelles aus der ÖÄK

Pati­en­ten unnö­tige Wege zu erspa­ren, könnte bei einer mög­li­chen zwei­ten COVID-19-Welle ent­schei­dend für die Sicher­heit aller Betei­lig­ten sein. Mehr Haus­apo­the­ken kön­nen dazu einen wesent­li­chen Teil bei­tra­gen.
Sascha Bunda

Es war einer der Schlüs­sel für den in Öster­reich bis­lang so erfolg­rei­chen Umgang mit der Coro­na­vi­rus-Pan­de­mie: Das Fern­hal­ten von Pati­en­ten aus Ordi­na­tio­nen und Ambu­lan­zen – bezie­hungs­weise eine Abklä­rung der Beschwer­den außer­halb, sowohl um Anste­ckun­gen inner­halb der Pati­en­ten­schaft, aber auch die Infek­tion von Ärz­ten und Ordi­na­ti­ons­per­so­nal zu ver­hin­dern. In Ita­lien hatte die zu spät erfolgte Tren­nung schlimme Kon­se­quen­zen für die Infek­ti­ons­zah­len – auch unter Ärz­ten. Dass sich dort in ein­zel­nen Regio­nen schon früh bis zu 20 Pro­zent der Ärzte mit COVID-19 infi­zier­ten, trug ent­schei­dend zur rasan­ten Über­las­tung des dor­ti­gen Gesund­heits­sys­tems bei.

In Öster­reich setz­ten auch bei der Medi­ka­men­ten­ver­sor­gung die nie­der­ge­las­se­nen Ärzte Maß­stäbe bei der Auf­recht­erhal­tung der Pati­en­ten­si­cher­heit. „Es war und ist unge­mein wich­tig, dass die Ordi­na­tio­nen zum Schutz der Pati­en­ten ein tele­fo­ni­sches Bestell­sys­tem ein­ge­führt haben“, gibt Edgar Wut­scher, Obmann der Bun­des­sek­tion All­ge­mein­me­di­zin der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer, zu beden­ken. „Das hat wesent­lich zum Nie­der­hal­ten der Infek­ti­ons­kurve bei­getra­gen.“ In Kom­bi­na­tion mit der tele­fo­ni­schen Erreich­bar­keit ent­stand ein nie dage­we­se­nes Pati­en­ten­ser­vice. „Wäh­rend die Apo­the­ken auch wäh­rend der Pan­de­mie­zei­ten ihre übli­chen Geschäfts­zei­ten ein­hiel­ten, waren Ärzte in den Ordi­na­tio­nen 24 Stun­den erreich­bar“, sagt Wut­scher. Dadurch konn­ten Pati­en­ten ihren Bedürf­nis­sen ent­spre­chend opti­mal ver­sorgt und gleich­zei­tig das Infek­ti­ons­ri­siko für alle Betei­lig­ten mini­miert werden.

Dis­pen­sier­recht für Ärzte

Das könnte auch bei einer mög­li­chen zwei­ten COVID-19-Welle oder ande­ren Pan­de­mien ein gro­ßes Sicher­heits­plus für Pati­en­ten und Ärzte bedeu­ten, ist Johan­nes Stein­hart, Vize­prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer und Bun­des­ku­ri­en­ob­mann der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte, über­zeugt. „Die Ärzte haben sich in die­sen ver­gan­ge­nen Wochen als höchst zuver­läs­sige Anlauf­stelle und drin­gend benö­tigte Kon­stante in die­sen tur­bu­len­ten Zei­ten erwie­sen – mit über 90 Pro­zent offe­nen Ordi­na­tio­nen im Kas­sen­be­reich. Wenn Pati­en­ten nun ihre Medi­ka­mente gleich bei ihrem Haus­arzt bekom­men kön­nen, wäre das ein gro­ßer Schritt für mehr Pati­en­ten­si­cher­heit. Kranke Men­schen soll­ten nicht gezwun­gen sein, sich hin­ters Steuer oder in ein öffent­li­ches Ver­kehrs­mit­tel zu set­zen und kilo­me­ter­weit zu fah­ren, um drin­gend not­wen­dige Medi­ka­mente zu bekom­men. Wir brau­chen daher das Dis­pen­sier­recht für Ärzte“, for­dert Steinhart.

Sys­tem jetzt retten

„Mehr Haus­apo­the­ken sind drin­gend not­wen­dig, um die Ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung zukunfts­si­cher zu machen“, zieht Stein­hart eine Lehre aus der Coro­na­vi­rus-Pan­de­mie: „Nicht umsonst ist auch im Apo­the­ken­ge­setz fest­ge­hal­ten, dass in den soge­nann­ten Ein­arzt­ge­mein­den die Arz­nei­mit­tel­ver­sor­gung der Bevöl­ke­rung zur Siche­rung der ärzt­li­chen Ver­sor­gung in der Regel durch ärzt­li­che Haus­apo­the­ken erfolgt. Lei­der sind in den ver­gan­ge­nen Jah­ren viele Haus­apo­the­ken durch die ana­chro­nis­ti­sche Kilo­me­ter­be­schrän­kung ver­schwun­den. Die Rege­lung muss drin­gend refor­miert und die Min­dest­ab­stände gestri­chen wer­den. Gerade im länd­li­chen Bereich gewähr­leis­ten Haus­apo­the­ken bei Akut­fäl­len und bei Visi­ten, sowie am Wochen­ende eine zuver­läs­sige und schnelle Hilfe“, sagt Stein­hart, der gleich­zei­tig aber auch betont: „Noch wich­ti­ger ist es aber, das nie­der­ge­las­sene Sys­tem als sol­ches auf­recht zu erhal­ten. Mit einer zwei­ten Welle der Pan­de­mie ist immer zu rech­nen und es muss alles getan wer­den, um die Ver­sor­gung auch wei­ter­hin in einem schlag­kräf­ti­gen Zustand zu erhal­ten. Dazu bedarf es drin­gend Ersatz­zah­lun­gen für die Ärzte, die durch ihren Ein­satz die posi­tive Ent­wick­lung in Öster­reich mit ermög­licht haben. Hier müs­sen sich Poli­tik und Kas­sen drin­gend ein Vor­bild am deut­schen Modell neh­men und dafür sor­gen, dass alle nie­der­ge­las­se­nen Ärzte diese Leis­tun­gen nicht hat mit dem wirt­schaft­li­chen Ruin bezah­len müs­sen. Auch wir brau­chen unbe­dingt einen Rettungsschirm!“

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 12 /​25.06.2020