Aktuelles aus der ÖÄK: Ende des Pingpongs

10.09.2020 | Aktuelles aus der ÖÄK


Die fehlende Bereitschaft der Sozialversicherung, Ärzten Umsatzeinbrüche während des Shutdown zu ersetzen, ist völlig unverständlich und gefährdet die künftige Versorgung.

Mit dem Zuständigkeits-Pingpong, dass wir seit Monaten von der ÖGK zur Regierung und wieder retour geschickt werden, muss endlich Schluss sein“, kritisiert Johannes Steinhart, ÖÄK-Vizepräsident und Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte. Wenn die Kassen nicht genügend Geld haben, müssen sie sich mit dem für uns zuständigen Gesundheitsminister über einen Kostenersatz für niedergelassene Ärzte entsprechend einigen.“

Steinhart bezeichnet die Tatsache, dass die Kostenersätze wie eine heiße Kartoffel herumgereicht werden, als „völlig unverständlich“. Schließlich hatten die meisten kassenärztlichen Praxen und zahllose Wahlarztpraxen während der Spitzenperiode der Pandemie geöffnet, und Ärzte und ihre Mitarbeitenden waren für ihre Patienten da. Das bedeutete laufende Vorhaltekosten für Personal und Infrastruktur. Gleichzeitig verzeichneten sehr viele Arztpraxen in dieser Zeit trotz der anhaltenden Ausgaben immense Umsatzeinbrüche, weil die Patienten auf Anordnung der Behörden Arztpraxen nur in Notfällen aufsuchen durften, um das Infektionsrisiko möglichst niedrig zu halten. Es wurden Patientenrückgänge um bis zu 90 Prozent berichtet.

Den direkten physischen Kontakt zwischen Ärzten und ihren Teams mit den Patienten in verantwortungsvoller Weise zu minimieren und stattdessen zum Beispiel auf die Möglichkeiten der Telemedizin und Videokonsultation zurückzugreifen, erwies sich als außerordentlich erfolgreich.

Die Zeit eilt

„Nachdem die zentrale Bedeutung des niedergelassenen ärztlichen Bereichs in der Corona-Krise einmal mehr überdeutlich geworden ist, müsste es ein vorrangiges gesundheitspolitisches Ziel sein, diese Versorgung für künftige Corona-Entwicklungen abzusichern“, so Steinhart. „Gerade in Hinblick auf die vielfach für den kommenden Herbst prognostizierten zunehmenden Infektionszahlen ist es von außerordentlicher Bedeutung, den niedergelassenen ärztlichen Bereich funktionstüchtig zu erhalten. Viele Arztpraxen würden weitere finanzielle Einbrüche in künftigen Corona-Phasen wirtschaftlich nicht überleben.“

Sie würden sich gezwungen sehen, aufgrund existenzbedrohender wirtschaftlicher Unsicherheiten auf Kurzarbeit zu setzen oder sich vielleicht von Mitarbeitenden ganz zu trennen. Das wäre weder im Interesse der Arztpraxen und ihrer Mitarbeitenden, noch im Sinne der Patienten, noch des Gesundheitssystems insgesamt. Steinhart: „Nachdem die zentrale Bedeutung des niedergelassenen ärztlichen Bereichs in der Corona-Krise einmal mehr überdeutlich geworden ist, müsste es ein vorrangiges Ziel der Regierung und der Sozialversicherungen sein, diese Versorgung für künftige pandemische Entwicklungen abzusichern, niedergelassenen Ärzten ihre bereits erlittenen Umsatzausfälle zur Gänze zu ersetzen.“ Der niedergelassene kassenärztliche Bereich sei bereits aufgrund gesundheitspolitischer Fehlentwicklungen der vergangenen Jahrzehnte schwer ausgedünnt, weitere Einbrüche bei den Ordinationszahlen könne sich das österreichische Gesundheitssystem nicht leisten.

Die Zeit, so Steinhart, eilt: Schließlich würden von vielen Infektions-Spezialisten massiv steigende Infektionszahlen für den kommenden Herbst vorausgesagt, wenn Outdoor-Aktivitäten aufgrund sinkender Außentemperaturen zunehmend nach innen verlegt werden. Dann werden sich die Ordinationen wieder massiven Herausforderungen gegenübersehen: „Es wird ein viel, viel größeres Feld an Patienten geben, die diesem Symptomkomplex entsprechen. Zudem müssen wir alles tun, um zu verhindern, dass Ambulanzen und Ordinationen Umschlagpunkte für Infektionen werden. Wir werden erneut maximal gefordert sein“, sagt Steinhart: „Das dürfte bereits sehr bald der Fall sein. Es ist also Alarmstufe Rot und die Politik ist entsprechend gefordert.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 17 / 10.09.2020