Opio­id­krise in den USA: Kon­k­trete Hilfen

25.01.2019 | Themen


In den USA stuft man die Opio­id­krise dra­ma­ti­scher ein als jene durch AIDS/​HIV in den 1980er Jah­ren. Rund 2,5 Mil­lio­nen Bür­ger sol­len Opioid-abhän­gig sein. Nach der Aus­ru­fung des natio­na­len Gesund­heits­not­stands vor einem Jahr stellt die Regie­rung nun für kon­krete Hil­fen mehr als acht Mil­li­ar­den Dol­lar zur Ver­fü­gung.
Nora Schmitt-Sau­sen

Kürz­lich hat US-Prä­si­dent Donald Trump seine Unter­schrift unter ein 653-Sei­ten lan­ges Gesetz gesetzt, mit dem die Poli­tik ver­sucht, der Dro­gen­krise im Land Herr zu wer­den. Was bei vie­len US-Bür­gern mit dem Miss­brauch von ver­schrei­bungs­pflich­ti­gen Schmerz­mit­teln beginnt, hat sich lan­des­weit zur Sucht nach Heroin, Opioid-Ersatz oder Medi­ka­men­ten­ab­hän­gig­keit aus­ge­wei­tet. Im ver­gan­ge­nen Jahr erreichte die Zahl der Dro­gen­to­ten in den USA Rekord­höhe. 50.000 der mehr als 70.000 Dro­gen­to­ten star­ben dabei an einer Opioid-Über­do­sis. Die Krise trifft Men­schen aus allen Gesell­schafts­schich­ten, Groß­städte ebenso wie länd­li­che Regio­nen. An dem nun unter­zeich­ne­ten Gesetz hat­ten Repu­bli­ka­ner und Demo­kra­ten seit Mona­ten gemein­sam gear­bei­tet. Am Ende ging es mit brei­tem über­par­tei­li­chen Rück­halt durch beide Kam­mern des US-Kon­gres­ses. Mehr als acht Mil­li­ar­den US-Dol­lar ste­hen in die­sem Jahr für den Kampf gegen die Dro­gen­krise zur Verfügung.

Breite Maß­nah­men

Zu den zen­tra­len Punk­ten des Geset­zes zäh­len: Auch Kran­ken­schwes­tern
dür­fen künf­tig Medi­ka­mente gegen die Opioid-Sucht ver­schrei­ben. Erst­hel­fer wer­den bes­ser mit Naloxon aus­ge­stat­tet. Abhän­gige sol­len leich­ter The­ra­pie­plätze bekom­men. Die Bun­des­staa­ten erhal­ten außer­dem mehr Fle­xi­bi­li­tät, wie sie Gel­der aus Washing­ton im Kampf gegen die Dro­gen­krise ein­set­zen wol­len. Außer­dem soll Geld in For­schung und Ent­wick­lung flie­ßen, um neue Schmerz­mit­tel zu ent­wi­ckeln, die nicht abhän­gig machen. Die Sucht­prä­ven­tion wird gestärkt. Ein wei­te­rer zen­tra­ler Bau­stein: Die Ver­brei­tung des syn­the­ti­schen Fen­ta­nyl soll mög­lichst unter­bun­den wer­den. Diese stär­ker als Heroin wirk­same Sub­stanz gelangt vor allem auf dem Post­weg in die USA, beson­ders aus China. „Zusam­men wer­den wir die Gei­ßel der Dro­gen­sucht in Ame­rika been­den“, sagte Trump wäh­rend der Unter­zeich­nung im Wei­ßen Haus. Schon zuvor hatte er betont, wie wich­tig die Maß­nah­men seien, um Men­schen aus der Sucht zu hel­fen. Das Gesetz trage dazu bei, „ille­gale Dro­gen aus unse­ren Gemein­schaf­ten fern­zu­hal­ten, das öffent­li­che Bewusst­sein und die Prä­ven­tion zu stär­ken und Leben zu retten.“

Dra­ma­ti­sche Krise

In den USA stuft man die Opioid-Krise dra­ma­ti­scher ein als die öffent­li­che Gesund­heits­krise durch AIDS/​HIV in den 1980er Jah­ren. Die Regie­rung schätzt, dass 2,5 Mil­lio­nen US-Bür­ger Opioid-abhän­gig sind. Andere Schät­zun­gen gehen von Zah­len zwi­schen fünf und zehn Mil­lio­nen aus. Zwar wer­den die nun ein­ge­lei­te­ten Maß­nah­men all­ge­mein begrüßt; jedoch wird auch befürch­tet, dass wei­tere Inves­ti­tio­nen und Maß­nah­men nötig sind, um das Pro­blem unter Kon­trolle zu bekom­men. Par­al­lel zu Washing­ton sind auch die US-Bun­des­staa­ten sehr aktiv; beson­ders die Debatte um Fixer­stu­ben, in denen sich Abhän­gige kon­trol­liert ihre Dro­gen sprit­zen dür­fen sol­len, wird in stark betrof­fe­nen Städ­ten inten­siv geführt. Selbst die Judi­ka­tive ist mit der Dro­gen­krise beschäf­tigt: Vor US-Gerich­ten lau­fen aktu­ell mehr als 400 Ver­fah­ren – meist gegen Phar­ma­her­stel­ler und Händ­ler von Opio­iden. Auch die Regie­rung in Washing­ton geht juris­tisch gegen Mit­ver­ant­wort­li­che der Krise vor. Auf der Ankla­ge­bank sit­zen in eini­gen Fäl­len auch Ärzte. Ihnen wer­den die ille­gale Ver­schrei­bung und die Ver­brei­tung von Opio­iden vor­ge­wor­fen. Die US-Phar­ma­in­dus­trie und auch Ame­ri­kas Ärzte wer­den mit dafür ver­ant­wort­lich gemacht, dass viele Bür­ger Ame­ri­kas abhän­gig sind. Mitt­ler­weile wer­den in den USA wie­der weni­ger Opio­ide ver­schrie­ben: Laut Gesund­heits­mi­nis­te­rium lag im Jahr 2017 die Rate mit 58,7 Ver­schrei­bun­gen pro 100 Per­so­nen so nied­rig wie seit zehn Jah­ren nicht. Den­noch: Im Vor­jahr wur­den ins­ge­samt 191 Mil­lio­nen Opioid-Ver­ord­nun­gen aus­ge­stellt. Im Spit­zen­jahr 2012 waren es 255 Millionen.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 1–2 /​25.01.2019