Masern in Öster­reich: Sta­tus quo

10.02.2019 | Themen


Der Gen­stamm, der zu den jüngs­ten Masern­aus­brü­chen in der Stei­er­mark und in Salz­burg geführt hat, stammt aus der Ukraine und wurde ver­mut­lich von Win­ter­tou­ris­ten ein­ge­schleppt. Allein bis
31. Jän­ner 2019 regis­trierte man in der Stei­er­mark 13 bestä­tigte Masern­fälle, in Salz­burg sie­ben und vier in Tirol.

Die Infek­ti­ons­kette dürfte mit einem 15-Jäh­ri­gen begon­nen haben, der sich ver­mut­lich beim Ski­ur­laub im Raum Zell am See infi­ziert hatte. Bestä­tigt wurde die Masern­er­kran­kung dann am 11. Jän­ner die­ses Jah­res in der Kin­der­kli­nik der Med­Uni Graz. Der Bur­sche war ebenso wie sein Vater nicht geimpft.

Unter den zuletzt bestä­tig­ten Fäl­len in der Stei­er­mark befan­den sich auch drei erst in die­sem Jahr gebo­rene Säug­linge, die somit noch nicht geimpft wer­den konn­ten. Bei den übri­gen han­delte es sich um Kin­der, die längst geimpft sein soll­ten, sowie um eine 34-jäh­rige Mut­ter. Neue Ver­dachts­fälle kamen zuletzt lau­fend hinzu. Allein 22 von 28 Säug­linge, die auf Ver­dacht in die Gra­zer Kin­der­kli­nik ein­ge­lie­fert wur­den, könn­ten sich poten­zi­ell in einer päd­ia­tri­schen Ordi­na­tion im Raum Hart­berg ange­steckt haben. An der Lan­des­kin­der­kli­nik wur­den täg­lich zahl­rei­che Kin­der prä­ven­tiv mit einer Immun­glo­bu­lin-The­ra­pie behan­delt. Die Chance, den Aus­bruch der Erkran­kung so zu ver­hin­dern, liegt bei 83 Prozent.

Eine Pro­gnose über den wei­te­ren Ver­lauf der Aus­brü­che woll­ten Exper­ten nicht abge­ben. Laut Univ. Prof. Wer­ner Zenz, Lei­ter der For­schungs­ein­heit für Infektiologie/​Vakzinologie an der Kin­der­kli­nik Graz, wäre es „ein gro­ßes Glück, wenn das nun das Ende wäre“.

In kei­nem Zusam­men­hang mit den Masern­fäl­len in der Stei­er­mark und in Salz­burg dürf­ten die bis Redak­ti­ons­schluss vier bestä­tig­ten Erkran­kun­gen in Tirol ste­hen. Auch konnte bis zuletzt kein Kon­nex zwi­schen den vier Fäl­len fest­ge­stellt wer­den. Acht Babys und Klein­kin­der wur­den vor­sorg­lich hos­pi­ta­li­siert. Sie waren mög­li­cher­weise in einer päd­ia­tri­schen Ordi­na­tion im Bezirk Schwaz mit einem bereits an Masern erkrank­ten Kind in Kon­takt gekom­men. Fünf der Kin­der konn­ten wie­der ent­las­sen werden.

In Graz kam es Ende Jän­ner dann zu einem Run auf die Masern­imp­fung: Zwi­schen 28. Jän­ner und 1. Feber ver­zeich­nete die Impf­stelle mehr als 300 Imp­fun­gen – zehn­mal mehr als etwa in der Woche vom 14. bis zum 18. Jän­ner. „Ver­nunft und Soli­da­ri­tät sind stär­ker als die Impf­geg­ner-Mythen“, so der Kom­men­tar des Gra­zer Gesund­heits­stadt­rats Robert Krotzer.

Impf­pflicht: pro und contra

Gesund­heits­mi­nis­te­rin Beate Har­tin­ger-Klein lehnte – wie auch ihre Vor­gän­ge­rin­nen – eine gene­relle Impf­pflicht ab, dies wäre auch nicht ver­fas­sungs­kon­form. Für Univ. Prof. Karl Stö­ger vom Insti­tut für Öffent­li­ches Recht der Uni­ver­si­tät Graz wäre eine Impf­pflicht hin­ge­gen recht­lich mög­lich: „Eine Krank­heit, die nicht nur die Per­son selbst gefähr­det, son­dern auch viele andere, und beson­ders schwere Kon­se­quen­zen haben kann – und das ist bei Masern der Fall –, recht­fer­tigt es aus ver­fas­sungs­recht­li­cher Sicht, dass man in die Grund­rechte der Men­schen ein­greift und sagt, du musst das jetzt tun, oder zumin­dest du sollst das jetzt tun, sonst gibt es Konsequenzen.“

Der Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer (ÖÄK), Tho­mas Sze­ke­res, spricht sich gegen eine all­ge­meine Impf­pflicht aus. Für Gesund­heits- und päd­ago­gi­sches Per­so­nal sollte ein auf­rech­ter Impf­schutz jedoch selbst­ver­ständ­lich sein. Imp­fun­gen an die Aus­zah­lung von Sozi­al­leis­tun­gen im Rah­men des Mut­ter-Kind-Pas­ses zu kop­peln, sei für Sze­ke­res vorstellbar.

Der Lei­ter des ÖÄK-Impf­re­fe­rats, Rudolf Schmitz­ber­ger, for­dert dar­über hin­aus eine inten­sive Dis­kus­sion über den Nach­weis eines auf­rech­ten Impf­schut­zes bereits vor dem Ein­tritt in Kin­der­gär­ten oder Schu­len. Die über­wie­gende Mehr­heit der Gesund­heits­be­auf­trag­ten in den Bun­des­län­dern sprach sich gegen eine all­ge­meine Impf­pflicht aus. Nur Ober­ös­ter­reich und die Stei­er­mark konn­ten sich eine sol­che vor­stel­len; auch die Ärz­te­kam­mern die­ser bei­den Bun­des­län­der äußer­ten sich posi­tiv.
(red)

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 3 /​10.02.2019