Substitutionstherapie: Eine neue Chance

25.06.2019 | Politik


Eine Initiative für mehr Engagement in der Substitutionstherapie starten ÖÄK und Österreichische Gesellschaft für arzneimittelgestützte Behandlung von Suchtkrankheit (ÖGABS). Damit sollen Ärztinnen und Ärzte motiviert werden, verstärkt in der Substitutionstherapie aktiv zu werden.

Sophie Fessl

Die Substitutionstherapie ist in Österreich eine Erfolgsgeschichte. Sie hat vielen Opiatsüchtigen geholfen, ins Leben zurückzukehren“, erklärte Norbert Jachimowicz, Leiter des Referats für Substitutionsangelegenheiten der ÖÄK, kürzlich im Rahmen einer Pressekonferenz. Doch der Ärztemangel macht sich mittlerweile auch in der Arzneimittel-gestützten Behandlung von Suchtkrankheiten bemerkbar.

Nachbesetzungen schwierig

In Wien betreuen 310 niedergelassene Arztpraxen etwa 80 Prozent der rund 6.500 Substitutionspatienten; alle anderen Patienten werden in Suchteinrichtungen betreut. Allerdings liegt der Anteil der über 55-jährigen Ärzte, die substituieren, bei einem Drittel. „Es wird immer schwieriger, Nachfolger für die Betreuung dieser Patientengruppe zu finden“, sagte Jachimowicz. Auch in Institutionen wie Ambulanzen oder Vereinen mit entsprechender Einrichtung für Substitutionstherapie ist die Nachbesetzung schwierig, erklärte Hans Haltmayer, ärztlicher Leiter der Suchthilfe Wien und erster Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für arzneimittelgestützte Behandlung von Suchtkrankheit: „Für die Institutionen wird es immer schwieriger, Ärzte zu finden.“

Während in Wien die Lage noch relativ entspannt ist, sind andere Bundesländer bereits jetzt weniger gut versorgt. In Graz beispielsweise betreuen acht niedergelassene Ärzte und wenige Substitutionseinrichtungen rund 900 Substitutionspatienten; hier werden Ärztinnen und Ärzte für die Substitutionstherapie dringend gesucht. Auch in Oberösterreich ist der Nachwuchsmangel deutlich zu spüren: Waren 2009 noch 80 Ärzte in der Betreuung von Substitutionspatienten aktiv, so reduzierte sich diese Zahl bis 2017 auf 60. In Tirol sind bereits drei Bezirke völlig ohne dementsprechende Versorgung. „Es besteht also dringender Handlungsbedarf, um das auch im internationalen Vergleich hochwertige und erfolgreiche Therapieangebot zu erhalten und für die Zukunft zu stärken“, betonte Jachimowicz.„Daher haben ÖÄK und die Österreichische Gesellschaft für arzneimittelgestützte Behandlung von Suchtkrankheit die Initiative ‚Eine neue Chance‘ ins Leben gerufen.“ Damit sollen Ärzte angesprochen und dazu motiviert werden, sich in der Opioid-Substitutionstherapie zu engagieren.

Diese Initiative setzt auf verstärkte Information und Beratung von Ärzten sowie auf die Vernetzung zwischen den Ärzten in Form eines Buddy-Systems. Im Vorfeld wurde eine Befragung unter Allgemeinmedizinern, die die notwendige Ausbildung durchlaufen haben, aber derzeit keine Substitutionstherapie anbieten, durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass sich 48 Prozent vorstellen könnten, die Substitutionstherapie anzubieten, wenn sie mit anderen substituierenden Ärzten und Einrichtungen besser vernetzt wären. „Das Ziel der Initiative ist daher, zu motivieren und Ängste davor zu nehmen, sich dieser Therapie und diesen Patienten zu widmen“, berichtete Jachimowicz.

Eine Roadshow mit Informationsveranstaltungen für Allgemeinmediziner ist für kommende Kongresse geplant. Im Zuge dessen sollen interessierte Ärzte über die verbesserten rechtlichen Rahmenbedingungen für Ärzte, die in der Substitutionstherapie tätig sind, informieren sowie über den aktuellen Stand und Best Practice in der Umsetzung berichten. „Wir haben genug Ärzte, die sich dafür zur Verfügung stellen“, erklärte Jachimowicz. Mit Hilfe der Initiative solle nicht nur der Status quo aufrechterhalten werden, sondern die Versorgungs-Situation insgesamt verbessert werden; auch sollen Versorgungslücken in den Bundesländern geschlossen werden.

Die Aktivitäten der Initiative werden vom Referat für Substitutionsangelegenheiten der ÖÄK und dem Vorstand der ÖGABS gesteuert. Univ. Prof. Alfred Springer, zweiter Vorsitzender der ÖGABS, ergänzte: „Gerade im Licht der Opioidkrise in den Vereinigten Staaten werden die Vorteile der Behandlung in Österreich ersichtlich, bei der auch Morphinpräparate zum Einsatz kommen können.“

Tipp: www.eine-neue-chance.at


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© Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2019