Schul­ärzte: Ver­än­derte Anforderungen

10.09.2019 | Politik


Mit den Ver­än­de­run­gen des Tätig­keits­ge­bie­tes von Schul­ärz­ten befasst sich die dies­jäh­rige Schul­ärz­te­ta­gung Mitte Okto­ber in Wien. Lag der Fokus frü­her auf Hygiene und Infek­ti­ons­krank­hei­ten, ste­hen heute Bera­tung und Gesprä­che im Mit­tel­punkt.

Sophie Fessl

Anfangs lag der Fokus der Arbeit von Schul­ärz­tin­nen und Schul­ärz­ten auf Hygiene und Infek­ti­ons­krank­hei­ten“, erklärt Gud­run Weber, Schul­ärzte-Refe­ren­tin in der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer. Jetzt sei die ärzt­li­che Ver­sor­gung ins­ge­samt bes­ser. Krank­hei­ten, die frü­her erst in der Schule erkannt wur­den, wie zum Bei­spiel Kurz­sich­tig­keit oder Hör­schä­den, wer­den bereits in jün­ge­ren Jah­ren dia­gnos­ti­ziert. Weber dazu: „Die Anfor­de­run­gen an die Tätig­keit als Schul­ärzte haben sich ver­än­dert hin zu mehr Gesprä­chen und zur Beratung.“

Schul­ärz­ten komme eine beson­dere Rolle in der Ver­sor­gung zu. „Weil wir an die ärzt­li­che Schwei­ge­pflicht gebun­den sind, wis­sen die Kin­der, dass sie uns Fra­gen stel­len kön­nen, ohne dass jemand davon erfährt. So sind wir oft eine erste Anlauf­stelle, denn bei einem Besuch bei uns wird keine E‑Card gesteckt.“

Ver­sor­gung chro­nisch kran­ker Kinder

Die Ver­sor­gung von chro­nisch kran­ken Kin­dern ist eines der The­men bei der Schul­ärz­te­ta­gung. „Chro­nisch kranke Kin­der ste­hen jetzt mehr im Fokus als frü­her, da sie öfter Regel­klas­sen besu­chen“, erklärt Weber. Gabriele Ber­ger von der Kin­der-Dia­be­tes­am­bu­lanz am AKH Wien befasst sich mit dem rich­ti­gen Umgang mit Kin­dern, die an Dia­be­tes mel­li­tus lei­den. „Kin­der mit einem Dia­be­tes müs­sen wäh­rend der Schul­zeit ihren Blut­zu­cker mes­sen, jedes Essen berech­nen und den Ein­fluss von Bewe­gung und Auf­re­gung auf ihren Blut­zu­cker in die Über­le­gun­gen mit auf­neh­men. Beson­ders sehr junge Schul­kin­der brau­chen viel Unter­stüt­zung“, berich­tet Ber­ger. Mit dem Schul­un­ter­richts­ge­setz von 2017 gibt es eine ver­bes­serte recht­li­che Grund­lage für Unter­stüt­zungs­maß­nah­men durch Leh­rer, die nun unter die Amts­haf­tung fal­len. Trotz­dem ist das nicht unpro­ble­ma­tisch, erklärt Ber­ger. „Nun beruht die Hil­fe­stel­lung auf Frei­wil­lig­keit, Leh­rer kön­nen sie also auch ableh­nen. Das ist ein gewis­ser Wider­spruch in sich: und zwar zwi­schen dem Recht von Kin­dern auf Schule und der Mög­lich­keit der Ableh­nung von Unterstützung.“

Die Gründe, wieso Hil­fe­stel­lung abge­lehnt wird, beru­hen vor allem auf man­geln­dem Wis­sen und Skep­sis der betei­lig­ten Per­so­nen. Schul­ärz­ten komme hier eine wich­tige bera­tende Rolle zu. „Es ist nicht die Auf­gabe von Schul­ärz­ten, die The­ra­pie durch­zu­füh­ren. Viel­mehr sol­len sie die Leh­rer bera­ten, ihnen Wis­sen ver­mit­teln und sie mit Know­how unter­stüt­zen. Alle Leh­rer, die ein Kind mit Dia­be­tes mel­li­tus unter­rich­ten, sol­len wis­sen, wie sie im Not­fall bei schwe­rer Unter­zu­cke­rung vor­ge­hen sol­len.“ Soll­ten nach der ein­ma­li­gen Ein­schu­lung der Leh­rer Fra­gen auf­tre­ten, steht der Schul­arzt als Ansprech­per­son zur Ver­fü­gung. Außer­dem spiel­ten Schul­ärzte eine wich­tige Rolle bei der Ver­net­zung, erklärt Ber­ger. „Schul­ärzte haben eine Ver­mitt­ler­funk­tion zwi­schen Eltern, Kin­dern und Päd­ago­gen, vor allem, wenn die Pro­bleme über das all­täg­li­che Maß hin­aus­ge­hen“, betont Ber­ger. Auch soll­ten Schul­ärzte auf­merk­sam sein, wenn sich beim Kind Ver­hal­tens­än­de­run­gen zei­gen. Ber­ger wei­ter: „Beson­ders bei Kin­dern mit Dia­be­tes mel­li­tus tre­ten Depres­sio­nen, Angst- oder Ess­stö­run­gen häu­fig auf.“

Die für Schul­ärzte rele­van­ten Infor­ma­tio­nen zum Thema Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung wird der Daten­schutz­be­auf­tragte der ÖÄK, Mar­kus Dörf­ler, prä­sen­tie­ren. Dörf­ler zu den Inhal­ten sei­nes Vor­trags: „Es gibt hier meh­rere Aspekte wie etwa der Schutz der Pati­en­ten­da­ten, die Kom­mu­ni­ka­tion mit Drit­ten also ande­ren Ärz­ten, die Wei­ter­gabe von Daten, aber auch die Kom­mu­ni­ka­tion mit Schü­lern. Ist es zuläs­sig, dass ein Arzt per E‑Mail mit Schü­lern kom­mu­ni­ziert? Hier ist viel im Umbruch, und es gibt noch keine end­gül­tige Ant­wort, wie man damit umge­hen soll.“

Dörf­ler ver­weist auf einen ganz spe­zi­el­len Aspekt in die­sem Zusam­men­hang: „Wenn der Schul­arzt für die Daten­ver­ar­bei­tung den eige­nen Lap­top benutzt, gibt es kein Pro­blem. Wenn er aber die IT der Schule nutzt, kann es ein Pro­blem sein. In die­sem Fall ist die Schule ein Auf­trags­ver­ar­bei­ter des Arz­tes. Hier wäre eine ent­spre­chende Ver­ein­ba­rung zwi­schen Arzt und Schule not­wen­dig, dass die Schule nichts mit den Daten macht. Sie darf die Daten nur spei­chern, nicht nut­zen oder gar hineinschauen.“

Bei einer Beschwerde bei der Daten­schutz­be­hörde emp­fiehlt Dörf­ler, unmit­tel­bar die Ärz­te­kam­mer oder einen Rechts­an­walt zu kon­sul­tie­ren. Außer­dem soll­ten sich Schul­ärzte auf dem Lau­fen­den hal­ten, da es beim Thema Daten­schutz noch viele Unklar­hei­ten gäbe. „DSGVO und Schul­ge­setz sehen für Daten­schutz und Schul­ärzte keine Lösun­gen vor. Es ist vie­les noch unklar und es ändert sich viel.“


Details zur Schulärzte-Tagung

Wann: 11. Okto­ber 2019
Wo: Wien, Schloss Schön­brunn, Apo­the­ker­trakt
Infor­ma­tio­nen und Anmel­dung:
Öster­rei­chi­sche Aka­de­mie der Ärzte, 
Mag. Irm­gard Koll­mann, Tel.: 01/​718 94 76–33, 
E‑Mail: i.kollmann@arztakademie.at
www.arztakademie.at

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 17 /​10.09.2019