Poli­ti­sche Kurz­mel­dun­gen: Kurz und informativ

10.10.2019 | Politik


Bur­gen­land: Streit über Abgangsdeckung

Zwi­schen den Barm­her­zi­gen Brü­dern und dem Land Bur­gen­land gibt es Dif­fe­ren­zen: Die Barm­her­zi­gen Brü­der bestehen auf der Aus­zah­lung von 43,2 Mil­lio­nen Euro zur Abgangs­de­ckung des Kran­ken­hau­ses. Nach einer Ände­rung der Finan­zie­rungs­mo­da­li­tä­ten durch den Bur­gen­län­di­schen Gesund­heits­fonds (BURGEF) 2015 sei es dem Kran­ken­haus nicht mehr mög­lich gewe­sen, ein aus­ge­gli­che­nes Ergeb­nis zu erzie­len, so der Orden. Auf Basis des Koope­ra­ti­ons­ver­tra­ges habe sich das Land Bur­gen­land ver­pflich­tet, die jähr­li­che Abgangs­de­ckung zu über­neh­men. Das Land hin­ge­gen for­dert vom Orden 10,7 Mil­lio­nen Euro, die laut Land dem Spi­tal über Medi­ka­men­ten­ein­kauf ent­zo­gen wur­den. Dem­nach habe es bei der Abrech­nung von Medi­ka­men­ten von der dem Kon­vent zuge­hö­ri­gen Apo­theke an das Kran­ken­haus Feh­ler gege­ben. Die Barm­her­zi­gen Brü­der wei­sen dies zurück, wie deren Spre­cher Her­bert Oschep erklärt: „Wir befin­den uns in lau­fen­den, inten­si­ven Ver­hand­lun­gen über die Abrech­nung der Sum­men, die das Land dem Kon­vent der Barm­her­zi­gen Brü­der im Rah­men der gel­ten­den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen über­wei­sen muss.“

Kas­sen­fu­sion: Kos­ten­sen­kung überschätzt

„Aus einer rein betriebs­wirt­schaft­li­chen Sicht las­sen sich die ermit­tel­ten Effi­zi­enz- und Effek­ti­vi­täts­po­ten­tiale weder der Höhe nach noch in der Sache recht­fer­ti­gen“ – so urteilt Otto Krickl vom Insti­tut für Orga­ni­sa­tion und Insti­tu­tio­nen-Öko­no­mik der Uni Graz über die von der WU Wien errech­ne­ten Zah­len zur Kas­sen­fu­sion. Das von der Arbei­ter­kam­mer in Auf­trag gege­bene Gut­ach­ten stellte „metho­di­sche und inhalt­li­che Schwä­chen“ in der von der dama­li­gen FPÖ-Sozi­al­mi­nis­te­rin Beate Har­tin­ger-Klein beauf­trag­ten Stu­die fest. Diese hatte durch die Fusion eine jähr­li­che Kos­ten­sen­kung von 277 bis 337 Mil­lio­nen Euro nach fünf Jah­ren in Aus­sicht gestellt. Laut Krickl wur­den dabei aller­dings „Poten­tiale weit­ge­hend über­be­wer­tet, mög­li­che Zusatz­kos­ten bezie­hungs­weise nega­tive Effekte hin­ge­gen klein­ge­re­det“. In der von Har­tin­ger-Klein beauf­trag­ten Stu­die wer­den etwa die gesam­ten Ver­wal­tungs­kos­ten mit 1,57 Mil­li­ar­den Euro ange­nom­men. Dies umfasst aber alle Sozi­al­ver­si­che­rungs­trä­ger und nicht nur die von der Fusion betrof­fe­nen Kran­ken­kas­sen. Statt der behaup­te­ten Ver­wal­tungs­ein­spa­run­gen von rund 100 Mil­lio­nen Euro ist laut Krickl daher nur mit rund einem Drit­tel zu rech­nen. Er hält diese Berech­nun­gen für „rea­li­täts­fremd“, weil auch die Kom­ple­xi­tät unter­schätzt werde und nega­tive Ein­mal­ef­fekte feh­len würden. 

Medi­zin-Rek­to­ren gegen Ver­dop­pe­lung der Studienplätze

Die Medi­zin-Stu­di­en­plätze zu ver­dop­peln – wie es vor der Natio­nal­rats­wahl von man­chen Sei­ten gefor­dert wurde – hal­ten die Rek­to­ren der drei öster­rei­chi­schen Medi­zin-Uni­ver­si­tä­ten für einen „völ­lig fal­schen Ansatz“. Öster­reich bilde im inter­na­tio­na­len Ver­gleich über­durch­schnitt­lich viele Stu­den­ten aus, wie Rek­tor der Med­Uni Wien, Univ. Prof. Mar­kus Mül­ler, betonte. Aller­dings gebe es ein „Ver­tei­lungs­pro­blem zwi­schen länd­li­chem und städ­ti­schem Bereich und ein Ver­tei­lungs­pro­blem, was ver­schie­dene Dis­zi­pli­nen betrifft“. Univ. Prof. Wolf­gang Fleisch­ha­cker, Rek­tor der Med­Uni Inns­bruck, ergänzte: „Eine Ver­dop­pe­lung der Plätze bringt keine ein­zige zusätz­li­che Land­ärz­tin ins Wald­vier­tel oder ins Lesach­tal.“ Die Rek­to­ren sahen ein Haupt­pro­blem an feh­len­den Basis­aus­bil­dungs­plät­zen nach dem Stu­dium. Auch die man­gelnde Attrak­ti­vi­tät von Kas­sen­stel­len führe dazu, dass sich immer mehr Ärzte als Wahl­ärzte nie­der­las­sen. Auch für den Rek­tor der Gra­zer Med­Uni, Univ. Prof. Hell­mut Samo­nigg, solle die For­de­rung „nur von allem ablen­ken, was bis­her ver­säumt wurde“.

Groß­bri­tan­nien: Medi­ka­men­ten-Eng­pässe befürchtet

Der bri­ti­sche Rech­nungs­hof warnte vor Medi­ka­men­ten-Eng­päs­sen im Falle eines unge­re­gel­ten EU-Aus­tritts am 31. Okto­ber die­ses Jah­res. Dem­nach bestünde „ein Risiko von Ver­zö­ge­run­gen bei Lie­fe­run­gen für den Gesund­heits- und Pfle­ge­be­reich“. So hat etwa das Gesund­heits­mi­nis­te­rium noch kei­nen Gesamt­über­blick über Lager­be­stände bei Her­stel­lern und Händ­lern phar­ma­zeu­ti­scher Pro­dukte. Von 12.300 in Groß­bri­tan­nien ver­wen­de­ten Medi­ka­men­ten wer­den schät­zungs­weise 7.000 aus oder über die EU impor­tiert. Die Regie­rung nimmt an, dass der Waren­ver­kehr über den Ärmel­ka­nal bei einem unge­re­gel­ten EU-Aus­tritt um 40 bis 60 Pro­zent ein­bre­chen könnte. Außer­dem ste­hen die von der Regie­rung ange­kauf­ten Lie­fe­run­gen erst Ende Novem­ber 2019 voll­stän­dig zur Verfügung.


Deutsch­land: Neue­run­gen im Gesundheitswesen

Der Deut­sche Bun­des­tag hat kürz­lich meh­rere Neue­run­gen im Gesund­heits­we­sen beschlos­sen. So ist etwa die Errich­tung eines Implan­tat­re­gis­ters geplant, das Anga­ben zur Halt­bar­keit und Qua­li­tät des ein­ge­setz­ten Hilfs­mit­tels ent­hal­ten soll. Damit soll bei Kom­pli­ka­tio­nen oder Rück­ru­fen schnel­ler reagiert wer­den kön­nen. Außer­dem wurde beschlos­sen, dass die Psy­cho­the­ra­pie ein eige­nes Uni­ver­si­täts­fach mit fünf­jäh­ri­gem Stu­dium wird, des­sen Abschluss Vor­aus­set­zung für eine Appro­ba­tion ist. Wei­ters ist ein Stu­dium der Geburts­hilfe geplant. Ein­zel­hei­ten wer­den bis Ende 2020 festgelegt.

Ober­ös­ter­reich: Pflicht­prak­ti­kum bei Hausärzten

Die medi­zi­ni­sche Fakul­tät der Johan­nes Kep­ler Uni (JKU) Linz führt in ihrem Cur­ri­cu­lum für Stu­den­ten erst­mals ein Pflicht­prak­ti­kum bei einem Haus­arzt ein. Dar­auf haben sich die ober­ös­ter­rei­chi­sche Ärz­te­kam­mer, Uni Linz und die ober­ös­ter­rei­chi­sche GKK geei­nigt. Jeder Stu­dent erhält 650 Euro, jeder All­ge­mein­me­di­zi­ner 500 Euro Auf­wands­ent­schä­di­gung. Stu­den­ten müs­sen dem­nach wäh­rend des Kli­ni­schen Prak­ti­schen Jahrs ein vier­wö­chi­ges Prak­ti­kum absol­vie­ren; eine Ver­län­ge­rung um vier Wochen ist mög­lich. Die­ser För­der­ver­trag wurde vor­erst für fünf Jahre abge­schlos­sen. „Weil die Prä­gung für eine Fach­rich­tung mehr oder weni­ger mit dem ers­ten Uni-Tag star­tet, sol­len Stu­den­ten so früh wie mög­lich mit den Auf­ga­ben eines All­ge­mein­me­di­zi­ners ver­traut gemacht wer­den“, betont Peter Nie­der­mo­ser, Prä­si­dent der Ärz­te­kam­mer Oberösterreich.

Rein­hard Ham­pel 1942 – 2019

Mag. Rein­hard Ham­pel ist tot. Der lang­jäh­rige Chef­re­dak­teur der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­zei­tung starb nach lan­ger schwe­rer Krank­heit Anfang Sep­tem­ber in Wien. Zwi­schen 1991 und 2007 hat er die redak­tio­nel­len Geschi­cke des Leit­me­di­ums der öster­rei­chi­schen Ärz­te­schaft getragen.

Die Fel­der sei­nes Wir­kens war­fen rei­che Ernte ab. Geschätzte 3.000 Druck­sei­ten brachte er in der ÖÄZ zu Papier, über 100 Leit­ar­ti­kel zeich­nete er mit sei­nem Namen. Alles, was im Gesund­heits­we­sen Rang und Namen oder wer dar­über hin­aus für das intel­lek­tu­elle ärzt­li­che Selbst­ver­ständ­nis Bedeu­tung hatte, stand ihm Rede und Ant­wort. Uner­müd­lich häm­merte Rein­hard Ham­pel mit dem für viele Jour­na­lis­ten typi­schen Zwei­fin­ger­satz Zeile um Zeile in die Tas­ta­tur. Hin­ter den auf sei­nem Schreib­tisch auf­ge­bau­ten Papier­wäl­len ver­steckt, unter Akten­ord­nern ver­gra­ben, umzin­gelt von ebenso gewal­ti­gen wie ein­sturz­ge­fähr­de­ten Zeit­schrif­ten­tür­men fand er jeder­zeit sofort jenes Stück­chen Infor­ma­tion, das er gerade brauchte. 

Der musisch und huma­nis­tisch geprägte Rein­hard Ham­pel ver­stand es, ärzt­lich rele­vante Inhalte nicht nur aus den aktu­el­len Zusam­men­hän­gen son­dern auch vor dem Hin­ter­grund der zeit­lo­sen ethi­schen und gesetz­li­chen Bin­dun­gen zu ana­ly­sie­ren. Er erwies sich damit als fein­sin­ni­ger, über den Tel­ler­rand von Rou­tine und the­ma­ti­schen All­tags­bin­dun­gen hin­aus­bli­cken­der Jour­na­list, der mit den Genen Spür­sinn, Neu­gier und Schreib­ta­lent aus­ge­stat­tet war. Nach Absol­vie­rung sei­nes Rechts­stu­di­ums führte ihn sein Weg zunächst als innen­po­li­ti­scher Redak­teur in „die Presse“, anschlie­ßend in den „Kurier“ als Res­sort­chef Innen­po­li­tik; danach zu „Ober­ös­ter­rei­chi­sche Nach­rich­ten“ als Lei­ter der Wie­ner Redak­tion. Nach einer Zwi­schen­sta­tion in Jörg Mau­thes legen­dä­rem „Wie­ner Jour­nal“ lan­dete er 1991 schließ­lich in der Chef­re­dak­tion der Öster­rei­chi­schen Ärztezeitung.

Immer schon sen­si­bel für Fra­gen der Gesund­heit, brachte er einen neuen Stil in die poli­ti­sche Bericht­erstat­tung des tra­di­ti­ons­reichs­ten öster­rei­chi­schen Ärz­te­me­di­ums. Den Mühen der Ebene – der Ana­lyse von Sach­ver­hal­ten, der auf­wän­di­gen und gewis­sen­haf­ten Recher­che, der Aus­ge­wo­gen­heit, der Les­bar­keit galt seine beson­dere Auf­merk­sam­keit. Die Spra­che prä­gnant und ori­gi­nell ein­set­zend, war Ham­pel kein selbst­ver­lieb­ter Wor­te­drechs­ler. Denn nicht die eigene Klug­heit dar­zu­stel­len, son­dern die Lese­rin­nen und Leser zu errei­chen, war sein Ziel. In der Inter­view­füh­rung war für ihn das Stre­ben nach Hin­ter­grün­den und Wesens­ge­halt bestim­mend und nicht die Jagd nach locke­ren Sprü­chen und unbe­dach­ten Äußerungen.

Wis­sen und Erfah­rung hat er immer mit gro­ßer Begeis­te­rung an jün­gere Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen wei­ter­ge­ge­ben. Seine künst­le­ri­sche Ader fand in vie­len Kari­ka­tu­ren ihren Nie­der­schlag, da sol­cher­art Kom­pli­zier­tes oft schär­fer ein­zu­fan­gen ist. Berüh­rend Rein­hard Ham­pels Nie­der­schrift über seine per­sön­li­chen Erfah­run­gen mit Krank­heit, als er – plötz­lich Pati­ent – mit ärzt­li­cher Kunst kon­fron­tiert wor­den war. Herz­in­farkt fern der Hei­mat, Erst­ver­sor­gung und Sta­bi­li­sie­rung im Süden Euro­pas, Flug­über­stel­lung und Ope­ra­tion in Wien. Ängste und Hoff­nun­gen in außer­ge­wöhn­li­cher Situa­tion aus dop­pelt beru­fe­ner Feder.

Nun hat er Feder und Zei­chen­stift auf immer weg­ge­legt, seine Tas­ta­tur schweigt. Er hin­ter­lässt eine Frau, eine Toch­ter und zwei Enkel­kin­der. Ihnen gilt unser auf­rich­ti­ges Mitgefühl.

Rein­hard Ham­pel möge in Frie­den ruhen und Voll­endung fin­den in einer ande­ren Welt, an die er so fest glaubte.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 19 /​10.10.2019