Nach­ruf: Jörg Pruckner

15.12.2019 | Politik

Er war der erste Obmann der im Zuge der Neu­struk­tu­rie­rung der ÖÄK geschaf­fe­nen Bun­des­ku­rie nie­der­ge­las­sene Ärzte: MR Dr. Hans-Jörg Pruck­ner. Ende Novem­ber ist er – viel zu früh – im 69. Lebens­jahr verstorben.

Beim 99. Ärz­te­kam­mer­tag in Linz im Jahr 1999 wurde die Kam­mer­re­form mit der Kon­sti­tu­ie­rung der drei Bun­des­ku­rien voll­zo­gen: Dabei wurde Pruck­ner zum ers­ten Obmann der Kurie nie­der­ge­las­sene Ärzte in der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer gewählt. 

Doch Jörg Pruck­ner hatte sich in sei­ner stei­ri­schen Hei­mat schon seit den 1990er Jah­ren stan­des­po­li­tisch enga­giert. So war er zunächst in der Ärz­te­kam­mer Stei­er­mark als Refe­rent für Haus­apo­the­ken und Medi­ka­mente tätig und hatte dann die ver­schie­dens­ten Funk­tio­nen inne: im Sek­ti­ons­aus­schuss für All­ge­mein­me­di­zin, in den Refe­ra­ten für Haus­apo­the­ken und Medi­ka­mente sowie in jenem für das Impf­we­sen, in der Steue­rungs­gruppe Arz­nei­dia­log, im PR-Refe­rat, in der Aus­bil­dungs­kom­mis­sion, im
§2‑Kassenverhandlungsteam und er war Mit­glied in diver­sen Arbeits­grup­pen, im Prä­si­dium, Vor­stand und in der Voll­ver­samm­lung der Ärz­te­kam­mer Steiermark. 

In der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer war Pruck­ner PR-Beauf­trag­ter des dama­li­gen Prä­si­den­ten Michael Neu­mann. Von Jän­ner 1997 bis Novem­ber 1999 war er Obmann der Bun­des­sek­tion All­ge­mein­me­di­zin und appro­bierte Ärzte. Mit der Wahl zum Bun­des­ku­ri­en­ob­mann am 25. Juni 1999 schließ­lich hatte er zwei
Peri­oden lang – bis 21. Juni 2007 – eine der höchs­ten poli­ti­schen Funk­tio­nen in der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer inne. Ebenso war er über viele Jahre hin­durch in Refe­ra­ten der Bun­des­ku­rie nie­der­ge­las­sene Ärzte tätig: in den Refe­ra­ten für Land­me­di­zin und Haus­apo­the­ken, für Impf- und Sub­sti­tu­ti­ons­an­ge­le­gen­hei­ten sowie im Refe­rat für Sozial- und Vor­sor­ge­me­di­zin. Ab 2007 schließ­lich war er stell­ver­tre­ten­der Kuri­en­ob­mann der Bun­des­sek­tion All­ge­mein­me­di­zin und auch Lei­ter des ÖÄK-Refe­ra­tes für Land­me­di­zin und Hausapotheken. 

Die Tra­di­tion bewah­ren und den Fort­schritt im Auge behal­ten – für Pruck­ner war immer bei­des wich­tig. Dies spie­gelte sich auch im Auf­bau und der Aus­ge­stal­tung des Kuri­en­sys­tems wider, die er lei­den­schaft­lich und visio­när ver­folgte. So bestand eine sei­ner ers­ten Akti­vi­tä­ten als Bun­des­ku­ri­en­ob­mann darin, eine Image­kam­pa­gne für Haus­ärzte zu star­ten. Die E‑Card wurde ein­ge­führt, im MUKIPA die Schul­ein­stiegs­un­ter­su­chung neu geschaf­fen, das bun­des­weite War­te­zim­mer­fern­se­hen med.TV ein­ge­führt und im Zuge einer Kam­pa­gne auf die Bedeu­tung des Imp­fens auf­merk­sam gemacht. Imp­fun­gen waren für ihn ganz gene­rell ein wich­ti­ges Anlie­gen – und so grün­dete er 1996 in der Stei­er­mark die Wis­sen­schaft­li­che Aka­de­mie für Vor­sor­ge­me­di­zin, deren Ehren­prä­si­dent er seit 2018 war.

Jörg Pruck­ner enga­gierte sich auch auf inter­na­tio­na­ler Ebene: So wurde er im Som­mer 2006 zum Prä­si­den­ten der EANA, der euro­päi­schen Arbeits­ge­mein­schaft der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte, gewählt. Er ver­trat die Inter­es­sen der öster­rei­chi­schen Ärzte auch in der UEMO, der Ver­ei­ni­gung der euro­päi­schen Ärzte für All­ge­mein­me­di­zin, und er war Vize­prä­si­dent des Comité Per­ma­nent des Médi­cins Euro­péen (CPME), dem Ver­band der euro­päi­schen Ärzte-Organisationen.

Gebo­ren wurde Hans-Jörg Pruck­ner 1951 in Graz. Stu­dium der Human­me­di­zin an der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Graz, Pro­mo­tion 1980. Nur wenige Monate nach Been­di­gung des Tur­nus am LKH Graz eröff­nete er im stei­ri­schen Lan­nach eine Ordi­na­tion mit Haus­apo­theke. 35 Jahre lang konnte er sich dem wid­men, was ihm Zeit sei­nes Lebens in sei­ner ärzt­li­chen Tätig­keit so wich­tig war: sei­nen Pati­en­ten. Bis zuletzt war Pruck­ner als Impf- und Sub­sti­tu­ti­ons­re­fe­rent aktiv sowie Mit­glied der Voll­ver­samm­lung der Ärz­te­kam­mer Stei­er­mark. Für sein Enga­ge­ment ver­lieh ihm die Ärz­te­kam­mer Stei­er­mark 2010 das Gol­dene Ehren­zei­chen, 2011 die Öster­rei­chi­sche Ärztekammer. 

Jörg Pruck­ner war immer kon­zi­li­ant im Ton und um den Kon­sens bemüht, doch er scheute den Kon­flikt nicht – etwa wenn er die ärzt­li­che Frei­heit oder das Wohl der Pati­en­ten bedroht sah. Sein zutiefst ehr­li­ches Inter­esse an den Men­schen, mit denen er zusam­men­ar­bei­tete, war eines der Merk­male, das ihn aus­zeich­nete. Und egal, wie­viel Arbeit oder Sit­zun­gen er vor sich hatte: Für ein paar pri­vate Worte fand er immer Zeit. 

Ein schwe­rer Auto­un­fall, in den er 2006 unver­schul­det ver­wi­ckelt war, zwang ihn zu einer mehr­mo­na­ti­gen Unter­bre­chung sei­ner Tätig­keit. Und noch ein­mal in sei­nem Leben – in sei­nen letz­ten Jah­ren – war er gezwun­gen, die Leis­tun­gen des Gesund­heits­sys­tems, des­sen ste­tige Wei­ter­ent­wick­lung ihm so am Her­zen lag, in Anspruch zu nehmen. 

Jörg – wie ihn alle nann­ten – ver­starb in den Mor­gen­stun­den des 26. Novem­ber.

Agnes M. Mühlgassner


„Wir wer­den sein visio­nä­res Vor­kämp­fer­tum nicht zuletzt in Fra­gen der Vor­sorge und beim Impf­schutz schmerz­lich ver­mis­sen.“
Ao. Univ. Prof. Dr. Tho­mas Sze­ke­res
ÖÄK-Prä­si­dent

„Wir ver­lie­ren einen lang­jäh­ri­gen ver­dien­ten Funk­tio­när, der für die Anlie­gen der Ärz­te­schaft stets uner­müd­lich gekämpft hat.“
Johan­nes Stein­hart
Bun­des­ku­ri­en­ob­mann nie­der­ge­las­sene Ärzte

„Jörg Pruck­ner war ein Arzt, der immer für seine Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten da war und er war ein ebenso umsich­ti­ger wie lei­den­schaft­li­cher Ärz­te­ver­tre­ter.“
Her­wig Lind­ner
Prä­si­dent der Ärz­te­kam­mer Steiermark

„Mit Jörg Pruck­ner ver­liert die Stei­er­mark – ver­liert ganz Öster­reich – einen Vor­kämp­fer für die Gesund­heits­vor­sorge und das Imp­fen.“
Chris­to­pher Drex­ler
Gesund­heits­lan­des­rat Steiermark 

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 23–24 /​15.12.2019