Antarktis-Langzeitaufenthalt schadet Gehirn
Ein Langzeitaufenthalt in der Antarktis führt laut deutschen Forschern um Alexander Stahn von der CharitéUniversitätsmedizin Berlin in Teilbereichen des Hippocampus, die für Gedächtnis und räumliches Denken zuständig sind, zu Verkleinerungen. Bei neun Teilnehmern, die sich 14 Monate auf der Neumayer-Station III aufhielten, wurden vor und nach der Expedition mittels MRT strukturelle GehirnAufnahmen gemacht, Blutproben analysiert und kognitive Tests durchgeführt. Die Ergebnisse wurden mit denen einer Kontrollgruppe in Deutschland verglichen. So trat bei den kognitiven Übungen etwa kein Lerneffekt auf; je ausgeprägter die Gehirnveränderungen waren, desto geringer war die Lernkurve. Angesichts des relativ jungen Alters der Probanden von 25 bis 36 Jahren seien die Veränderungen überraschend stark ausgefallen. Was die Veränderungen im Gehirn auslöst, ist unklar. Mögliche Faktoren sind Reizarmut, wenige Sozialkontakte, schlechter Schlaf etc. Die Forscher gehen allerdings davon aus, dass die Veränderungen reversibel sind. Aufgrund der kleinen Probandenzahl sind die Ergebnisse vorsichtig zu interpretieren. Weil die NeumayerStation ein geeignetes Analogmodell ist, könnten die Ergebnisse auch für Raumfahrtmissionen relevant sein.
APA/NEJM
Gehirn nimmt beim Hören Töne vorweg
Die Fähigkeit unseres Gehirns, beim Hören Vorhersagen zu treffen, kann die Entstehung eines Tinnitus begünstigen. Wissenschafter um Univ. Prof. Nathan Weisz vom Center für Cognitive Neuroscience der Universität Salzburg haben die Gehirnaktivität von 33 gesunden Probanden mittels Magnetenzephalographie (MEG) untersucht, während sie einen stummgeschalteten Film schauten und in gleichbleibendem Zeitabstand Sequenzen aus vier Tönen hörten. In jeder Sequenz war die Tonhöhe eines Tons mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit vom vorangegangenen Ton abhängig. Ergebnis: „Schon ungefähr 300 Millisekunden vor dem erwarteten Zeitpunkt der Tondarbietung waren Tonhöhenspezifische neuronale Muster stärker aktiviert (…)“, so StudienErstautor Gianpaolo Demarchi. Auch wenn ein Ton ausgelassen wurde, trat die neuronale Aktivität des nicht dargebotenen, aber erwarteten Tons auf. Die individuell unterschiedlich ausgeprägte Vorhersagefähigkeit könnte ein Erklärungsansatz für die Entwicklung von Tinnitus sein: Menschen mit ausgeprägter Fähigkeit könnten nach einer Hörschädigung eine Disposition für die Entstehung eines Tinnitus haben.
APA/Nature Communications
Malaria: neue Angriffspunkte identifiziert
Forscher um Prof. Volker Heussler von der Universität Bern haben mögliche neue Angriffspunkte gegen Plasmodien identifiziert. Im Mausmodell haben sie gezielt über 1.300 Gene ausgeschaltet und die Folgen in den unterschiedlichen Lebensphasen des Erregers beobachtet. Dabei wurden Hunderte essentielle Gene für das Überleben herausgefiltert. Gemeinsam mit Kollegen der ETH Lausanne und der Universität Genf haben die Forscher berechnet, welche Gene sich als Ziele für neue Medikamente oder Impfstoffe in verschiedenen Lebensphasen des Erregers eignen.
APA/Cell
3.800 frühzeitige Todesfälle wurden in Österreich 2016 durch die gestiegene Feinstaubbelastung (PM 2,5) verursacht, 600 davon durch das Verbrennen von Kohle. Bei gleichbleibender Luftverschmutzung werden sich die wirtschaftlichen Verluste und Gesundheitskosten europaweit auf 129 Milliarden Euro belaufen, so der Bericht des Konsortiums „The Lancet Countdown“.
APA
Schluckauf fördert Hirnentwicklung bei Babys
Schluckauf fördert bei Früh und Neugeborenen die Entwicklung des sensorischen Cortex. Zu dieser Erkenntnis kommt ein Team um Kimberley Whitehead vom University College London. Die Forscher analysierten die EEG-Aktivität von 13 Säuglingen zeitgebunden an Zwerchfellkontraktionen (n=1.316), die am Rumpf gemessen wurden. Jede Kontraktion rief drei Ereignisbezogene Erregungswellen hervor, wobei die dritte für die Verknüpfungen unterschiedlicher Sinnesempfindungen im Gehirn verantwortlich sein soll. Dadurch lernt das Baby, dass die Zwerchfellkontraktion und der gehörte „Hicks“ zusammengehören. Laut den Forschern dürfte die Übung dabei helfen, später bewusst die Atmung kontrollieren zu können. Demnach stellt Schluckauf im Erwachsenenalter ein funktionsloses Relikt dieses Reflexes dar.
APA/Clinical Neurophysiology
Hitze verkürzt Schwangerschaften
US-amerikanische Wissenschafter haben Erkenntnisse früherer Studien bestätigt, wonach der Klimawandel und die zunehmend heißen Tage Schwangerschaften verkürzen – konkret um durchschnittlich sechs Tage. Die Teams um Alan Barreca von der University of California in Los Angeles und Jessamyn Schaller vom Claremont McKenna College in Claremont (beide: Kalifornien, USA) haben rund 56 Millionen Geburten von 1969 bis 1988 ausgewertet. Verglichen wurde dabei die tägliche Geburtenrate an einem Tag mit einer Höchsttemperatur von mehr als 32,2 Grad mit demselben Tag in anderen Jahren. Im Vergleich zu Tagen mit einer Höchsttemperatur von 15,6 bis 21,1 °C stieg die Geburtenrate am heißen Tag und am folgenden Tag um insgesamt 1,63 pro 100.000 Geburten an. Erst 15 Tage nach dem heißen Tag hatte sich die Geburtenrate normalisiert. Die Forscher konnten allerdings in Bezug auf den Zeitraum 1969 bis 1988 auch zeigen, dass Klimaanlagen den Effekt um drei Viertel verringern können.
APA/Nature Climate Change
Schwangerschaftsstudie abgebrochen
Nachdem im Rahmen einer schwedischen Untersuchung über die Einleitung der Geburt bei Schwangerschaften nach der 42. Woche sechs Babys starben, wurde die Studie aus ethischen Gründen vorzeitig abgebrochen. Bei der SWEPIS (SWEdish Postterm Induction Study) wurden von 2016 bis 2018 insgesamt 2.760 gesunde Schwangere untersucht, die bereits in der 42. Woche waren. Auch wenn die Studienergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden müssten, empfehlen die Forscher der Uni Göteborg eine Einleitung der Geburt nach spätestens 41 Schwangerschaftswochen.
APA/British Medical Journal
Fettreiche Ernährung schädigt fetales Gehirn
In Zell und Mausmodellen zeigte sich, dass fettreiche Ernährung mit mehrfach ungesättigten Omega6Fettsäuren dazu führt, dass die Mutter ein Übermaß an Endocannabinoiden produziert, die an das Ungeborene weitergegeben werden können. Das haben Forscher um Univ. Prof. Tibor Harkany vom Zentrum für Hirnforschung der MedUni Wien herausgefunden. Dadurch werden die Cannabinoid-Rezeptoren im fetalen Gehirn überfordert, die Entwicklung von Hirnnetzwerken eingeschränkt und es können beispielsweise Schizophrenie, ADHS oder Angstzustände ausgelöst werden. Eine Ernährungsumstellung nach der Geburt kann diese Modifikation in den Nervenzellen nicht mehr umkehren.
APA/Molecular Psychiatry
© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23–24 /15.12.2019