Medizinische Kurzmeldungen: Kurz und informativ

10.11.2019 | Medizin


Haptoglobin verhindert Insult-Spätfolgen

Forscher des Universitätsspitals, der Universität und des Tierspitals Zürich haben herausgefunden, dass Haptoglobin das freie Hämoglobin bindet und unschädlich macht. Dadurch kann das bei einem Insult beim Abbau aus den Erythrozyten ins Hirnwasser gelangende Hämoglobin nicht die Nervenzellen schädigen. Anhand von Patientenproben und Versuchen an Schafen konnten die Forscher um Prof. Dominik Schaer zeigen, dass Hämoglobin zu Krämpfen der Hirnarterien führt. Außerdem kann es ins Hirngewebe eindringen und dort direkt die Nervenzellen schädigen. Verantwortlich dafür ist das Eisen. In den Versuchen verabreichten die Wissenschafter gereinigtes Haptoglobin – das im Gehirn nur in geringen Mengen vorkommt – mittels Katheter direkt ins Hirnwasser. Das verhinderte Gefäßkrämpfe und das Eindringen von freiem Hämoglobin ins Hirngewebe. 
APA/The Journal of Clinical Investigation

Erster universeller Influenza-Impfstoff entwickelt

Die in den USA tätigen österreichischen Forscher Prof. Florian Krammer und Prof. Peter Palese von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York haben einen universellen Influenza-Impfstoff entwickelt. Dieser besteht aus einer Mischung von veränderlichen und gleichbleibenden Oberflächenelementen der Grippe-Viren. In einem klinischen Versuch (Phase I) rief der Impfstoff „eine breite Antikörper-Antwort hervor, und kreuzreagierte nicht nur mit den derzeit zirkulierenden humanen Influenza-Viren, sondern auch mit Influenza-Subtypen von Vögeln und Fledermäusen“, so Krammer. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde National Institutes of Health (NIH) fördert die weitere Forschung nach diesen vielversprechenden Zwischenergebnissen für einen universellen Influenza-Impfstoff mit 132 Millionen Dollar (118 Millionen Euro). 
APA/The Lancet Infectious Disease

Neuer Therapieansatz bei Diabetes mellitus mit S100A9

Forscher um Prof. Roberto Coppari von der Universität Genf untersuchten an Mäusen, welche Mechanismen durch Leptin angestoßen werden im Hinblick auf neue Möglichkeiten der Regulation des Blutzuckers. Sie fanden bei Mäusen, die selbst kein Insulin produzieren konnten und mit Leptin behandelt wurden, eine große Menge des Proteins S100A9 im Blut. Dieses bildet zusammen mit dem Protein S100A8 Calprotectin, das Symptome von Entzündungs- oder Autoimmunerkrankungen auslöst. Die Versuche mit Mäusen zeigten jedoch, dass große Mengen an S100A9 die Bildung von Calprotectin zu unterdrücken scheint. Außerdem verbesserte hochdosiertes S100A9 die Blutzuckerregulation bei Mäusen, die selbst kein Insulin produzieren. Derzeit wird klinisch abgeklärt, ob dieser Therapieansatz auch auf Menschen übertragen werden kann.
APA/Nature Communcations

Kennzeichen von konstruktiven Teams ermittelt

Es sind vier Dinge, die konstruktive Teams auszeichnen: Sie haben möglichst viele Mitarbeiter mit potenten Beeinflussern, sind im richtigen Verhältnis aufeinander eingespielt oder fremd und die Team-Mitglieder konzentrieren sich jeweils auf ein Projekt. Das hat ein Forscherteam unter Beteiligung des Complexity Science Hub mit Prof. Vittorio Loreto in Wien herausgefunden. Dafür hat ein Team um Bernardo Monechi vom Sony Computer Science Lab in Paris im Rahmen einer interaktiven Ausstellung mehr als 600 Menschen an drei Lego-Bauwerken basteln lassen. Die Teilnehmer erhielten RFID-Chips (für die kontaktlose Identifizierung und Lokalisierung von Menschen und Objekten); so konnten die Interaktionen der Versuchspersonen nachverfolgt und gemessen werden – ebenso auch der Baufortschritt. Dieser war umso größer, je mehr Menschen sich mit dem jeweiligen Lego-Objekt beschäftigten. Wenn sich die einzelnen Personen nur bei einem Bauwerk engagierten, ging mehr weiter, als wenn sie ihre Arbeitskraft und Kreativität auf mehrere Projekte verteilten. Die Teams profitierten auch von sozial einflussreichen Personen, die ihre Ideen und Informationen im Team effektiv verbreiteten. Für kreative Produktivität ist darüber hinaus ein ausgewogenes Verhältnis von erfahrenen Mitarbeitern und Neulingen optimal. Die Wissenschafter betonen, dass ihre Studie – durch den grundsätzlichen Ansatz – für sehr unterschiedliche Umgebungen gilt: nicht nur bei physisch Anwesenden, sondern auch bei Online-Kooperation.
APA/PNS

Graz: Neuer 3D-Körperscanner in Betrieb

An der Abteilung für Plastische Chirurgie der Uniklinik München steht seit kurzem der erste 3D-Ganzkörperscanner Deutschlands zur Verfügung. Der Patient steht dabei zwischen zwei futuristisch gebogenen Gebilden, in denen sich 92 hoch auflösende HD-Kameras befinden. Die Software erstellt aus diesen Aufnahmen ein dreidimensionales Bild des Patienten. Dazu der Direktor der Uniklinik für Plastische Chirurgie, Riccardo Giunta: „Wir können damit ein 3D-Modell vom Gesicht, der Brust, dem Bauch und auch dem ganzen Körper machen, und das spielt bei jeder Art der körperformenden Eingriffe der plastischen Chirurgie eine Rolle.“ Mit der Software sei es auch möglich, Hautläsionen in Bezug auf Farbunregelmäßigkeiten oder Unregelmäßigkeiten des Randes der Hautläsionen zu prüfen. Weltweit sind rund zehn Exemplare des 250.000 Euro teuren Scanners im Einsatz.
APA

Polio: Wildvirus Typ 2 ausgerottet

Der zweite von drei Polio-Virus-Wildtypen ist laut WHO ausgerottet. Somit gibt es nur noch einen Polio-Wildvirus-Typ, der in Pakistan und Afghanistan vorkommt, wo im Vorjahr 33 entsprechende Polio-Fälle registriert wurden. Auf den Philippinen wiederum wurde im September erstmals seit Jahrzehnten wieder eine durch Wildvirus-Typen verursachte Poliomyelitis registriert. Das Virus stammte aus einem Impfstoff mit abgeschwächten Viren, die sich wegen schlechter hygienischer Bedingungen im Sanitärbereich verteilt haben dürften. Seit 1988 verfolgt die WHO das Ziel, Polio auszurotten: Typ 2 konnte 1999 eliminiert werden; der letzte Typ 3-Fall tauchte 2012 in Nigeria auf. In Österreich wurden laut AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) zuletzt 1980 Polio-Wildviren detektiert.
APA

„Smarte“ Damenbinde überwacht Frühgeburtsrisiko

Bei einem erhöhten Risiko einer Frühgeburt könnten Schwangere künftig mithilfe von Mini-Biosensorsystemen in Damenbinden medizinisch überwacht werden. Ein Team um Prof. David Baud von der Universitätsspital Lausanne (CHUV) um dem ETH Lausanne hat einen Prototyp einer Damenbinde entwickelt, der den Verdacht auf einen Riss der Fruchtblase bestätigen oder widerlegen und das Risiko einer vorzeitigen Geburt innerhalb von fünfzehn Tagen nach Gebrauch vorhersagen kann. Die Binde müsste einmal pro Woche kurzzeitig getragen werden, damit Vaginalsekret gesammelt und vom Mikro-Sensorsystem analysiert werden kann.
APA/The Lancet Infectious Disease

Graz: medizinisches 3D-Druck-Labor eröffnet

An der Medizinischen Universität Graz wurde kürzlich das 3D-Druck-Labor eröffnet. „Wir wollen additive Fertigungstechniken und Materialien an die Humanmedizin anpassen und auch selbst entwickeln, damit personalisierte, passgenaue Implantate innerhalb kürzester Zeit direkt in der Klinik hergestellt und eingesetzt werden können“, wie Univ. Prof. Ute Schäfer von der Universitätsklinik für Neurochirurgie und wissenschaftliche Projektleiterin erklärt. Dem neuen Projekt CAMed (Clinical Manufacturing for Medical Applications) stehen in den kommenden vier Jahren rund 5,87 Millionen Euro zur Verfügung. Am Projekt am Grazer Uniklinikum sind u.a. Forscher der TU Graz, der Montanuniversität Leoben und der Forschungsgesellschaft Joanneum Research beteiligt. Fünf wissenschaftliche und mehr als ein Dutzend Unternehmenspartner aus dem In- und Ausland haben sich zusammengeschlossen, um die Entwicklung der Prozesskette für den 3D-Druck an der Klinik voranzutreiben, damit der klinische Einsatz möglich ist. Im Fokus stehen neben dem Rippenersatz aus Polymeren und unterschiedlichen Metalllegierungen auch kieferorthopädische Implantate zur Behandlung von Lippen-, Gaumen- und Kieferspalten aus Kunststoffen.
APA

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2019