Medizinische Kurzmeldungen: Kurz und informativ

10.10.2019 | Medizin

Neuer Appetithemmer Era-107: doppelt so wirksam

Forscher um Josua Jordi von der Harvard University und der Uni Zürich entwickeln im Rahmen des Start-Ups „EraCal Therapeutics“ einen neuen Appetithemmer, der in Tierversuchen das Gewicht effizienter reduzierte als Standardmedikamente. Von 10.000 getesteten Substanzen war Era-107 – so der patentierte Name – am wirksamsten: Mäuse nahmen mindestens doppelt so stark ab wie mit den anderen Wirkstoffen; sie verloren insgesamt 14 Prozent des ursprünglichen Körpergewichts. Außerdem verursachte die Substanz bei den Tieren keine Nebenwirkungen. Erste klinische Studien sollen ab Ende 2021 starten.
APA


Neue WHO-Empfehlung für HIV-Therapie

Wissenschafter aus Genf, Frankreich und Kamerun um Charles Kouanfack vom Yaoundé Central Hospital (Kamerun) haben die Wirkung von Dolutegravir und Efavirenz bei der Therapie von HIV-Patienten in einkommensschwachen Ländern untersucht. 613 Betroffene in Spitälern in Kamerun, die noch nie eine HIV-Therapie erhalten hatten, wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe erhielt eine Kombinationstherapie mit Dolutegravir, die andere mit Efavirenz. Ergebnis: Es zeigten sich große Unterschiede zwischen den Medikamenten bei jenen Patienten, bei denen die Therapie nicht wirkte. Dolutegravir löste im Gegensatz zu Efavirenz keine Resistenz der Viren aus, so dass andere Behandlungsoptionen bleiben. Ein weiteres Ergebnis: Bei beiden Medikamenten sank die Viruslast nicht so stark wie in klinischen Studien. Dies liegt daran, dass klinische Studien in westlichen Ländern und hauptsächlich an Männern durchgeführt würden, die von einer frühen Diagnose und gutem Gesundheitszustand profitieren. Die Patienten in Kamerun sind allerdings zu zwei Dritteln Frauen, die spät getestet werden.
APA/ NEJM

12 Todesfälle und 800 Erkrankungsfälle durch Lungenerkrankungen nach dem Konsum von E-Zigaretten wurden in den USA bereits registriert. Welche Substanz die Erkrankungen verursacht, ist nach wie vor nicht geklärt. Die Gesundheitsbehörden waren im Juli 2019 erstmals auf eine Häufung von Fällen schwerer Lungenerkrankungen bei Nutzern von E-Zigaretten aufmerksam geworden.
APA


E-Zigaretten: möglicherweise kanzerogener Stoff entdeckt

Forscher um Assoz. Prof. Sven-Eric Jordt von der Duke Universität (US-Bundesstaat North Carolina) haben in den USA in E-Zigaretten und Kautabak einen möglicherweise kanzerogenen Geschmacksstoff entdeckt. Der Geschmackszusatzstoff Pulegon ist in Produkten mit Minz- und Mentholgeschmack enthalten. Als Zusatz in Lebensmitteln ist der Stoff in den USA bereits seit dem Vorjahr verboten. Jordt hat mehrere Marken von Menthol-Zigaretten, drei E-Zigaretten-Marken und eine Kautabak-Marke mit dem Zusatzstoff untersucht. Bei den E-Zigaretten und beim Kautabak war die Konzentration „besorgniserregend“. Ob und in welchem Ausmaß Pulegon auch in Produkten auf dem europäischen Markt enthalten ist, ist nicht klar ebenso wie die Tatsache, in welcher Form Pulegon bei einer E-Zigarette aufgenommen wird.  
APA/Jama Internal Medicine

Sectio erhöht Erkrankungsrisiko der Kinder

Wie sich eine Geburt per Sectio auf das Kind auswirkt, wurde in einem Report der deutschen Techniker Krankenkasse untersucht. Demnach haben Kinder, die per Sectio geboren wurden, ein höheres Erkrankungsrisiko als natürlich geborene Kinder. So ist das Risiko für eine chronische Bronchitis in den ersten acht Lebensjahren um fast zehn Prozent erhöht, das Risiko für leichte und mittlere Entwicklungsstörungen um neun Prozent sowie das Risiko für eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) um 16 Prozent. Außerdem steigt das Risiko für Ernährungsprobleme um elf Prozent, das Risiko für Magen-Darm-Erkrankungen um sieben Prozent und jenes für Adipositas um 36 Prozent. In Deutschland lag die Kaiserschnittrate 2017 mit 30,5 Prozent aller Entbindungen im Spital über dem westeuropäischen Durchschnitt von 27 Prozent. In Österreich waren es 2018 laut Statistik Austria knapp 30 Prozent.
APA

Herzinsuffizienz: Pharmaka oft zu gering dosiert

Medikamente gegen Herzinsuffizienz werden oft niedriger dosiert als internationale Richtlinien vorgeben – das hat eine Studie von Forschern der MedUni Wien und der Arbeitsgruppe für Herzinsuffizienz der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft um Univ. Prof. Thomas Stefenelli ergeben. Sie haben anhand der Daten von 3.737 Patienten aus dem österreichischen Herzinsuffizienz-Register untersucht, welche Dosierungen verschrieben werden. Während des Beobachtungszeitraums von zwölf Monaten erhielten die meisten Patienten deutlich niedrigere Dosierungen als empfohlen. Besonders auffällig war dies innerhalb einer Substanzklasse mit unterschiedlicher numerischer Maximaldosierung zum Erreichen der gleichen Wirkung. So wurden Medikamente mit einer höheren Zieldosis in absoluten Zahlen (etwa Betablocker 10mg vs. 200mg) in einer deutlich niedrigeren Dosierung verschrieben als empfohlen; bei Medikamenten mit niedrigerer numerischer Zieldosis dagegen war die Wahrscheinlichkeit, dass die maximale Zieldosis verschrieben wurde, deutlich höher. 
MedUni Wien/Annals of Internal Medicine

PPIs stören Mikrobiom von Leberzirrhose-Patienten

Protonenpumpenhemmer (PPI) könnten sich negativ auf das Mikrobiom von Patienten mit Leberzirrhose auswirken – das haben Forscher um Assoz. Prof. Vanessa Stadlbauer-Köllner von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der MedUni Graz herausgefunden. Sie haben das Mikrobiom von rund 100 Patienten mit Leberzirrhose untersucht; der Hälfte waren PPIs verordnet worden. Bei der klinischen Beobachtung litten im Verlauf von drei Jahren mehr Patienten aus dieser Gruppe an Komplikationen, die durch die Zirrhose bedingt sind. Möglicherweise kommt es im vorgeschädigten Mikrobiom dieser Patienten zur weiteren Reduktion der Diversität und einem Verlust der Kolonisationsresistenz. Dadurch kommt es zur Entzündung und eine Darmbarrierestörung, wodurch vermehrt bakterielle Produkte über den Darm in den Kreislauf eintreten. Dies wollen die Forscher nun in einer prospektiven Studie überprüfen.
APA/Scientific Reports

Fettabbau im Alter verlangsamt

Um zu untersuchen, wie sich der Fettstoffwechsel im Alter verändert, haben Wissenschafter um Prof. Peter Arner vom Karolinska University Hospital in Stockholm bei 54 Personen innerhalb von durchschnittlich 13 Jahren zweimal eine Fettgewebs-Probe entnommen. Mithilfe der C14-Methode untersuchten sie das Alter der Triglyceride. Ergebnis: Mit zunehmendem Alter verlangsamte sich der Fettabbau – unabhängig von der Gewichtsentwicklung des Probanden. Jene Teilnehmer, die ihre Kalorienaufnahme nicht reduziert hatten, nahmen etwa 20 Prozent Körpergewicht zu. Zusätzlich wurden 41 adipöse  Menschen untersucht, die sich einer Magenverkleinerung unterzogen hatten. Unter ihnen konnten nur jene Personen nach der Operation ihr Gewicht langfristig halten, die vor der Operation eine niedrige Fettabbaurate hatten.
APA/Nature Medicine

„Watson for Genomics“ unterstützt Krebsbehandlung

Um individuellere Krebsbehandlungen anbieten zu können, will das Universitätsspital Genf (HUG) künftig „Watson for Genomics“ verwenden. Das Tool von IBM Watson Health basiert auf Künstlicher Intelligenz (KI) und verknüpft Informationen aus einem riesigen Datenpool aus Fachartikeln und klinischen Studien mit Erbgut-Analysen des Tumors eines Patienten und erstellt einen Bericht für die behandelnden Ärzte. In einer im Jahr 2017 veröffentlichten Studie lieferte „Watson for Genomics“ bei rund 30 Prozent von etwa 1.000 Patienten wertvolle Zusatzinformationen, die Ärzten bei der Analyse der Mutationen und der Entwicklung einer Therapiestrategie entgangen waren. Eine Studie aus 2018 in „Frontiers in Medicine“ bestätigte dies: Bei 200 Patienten schlug das Tool 88 der 104 Therapieoptionen vor, die auch von Ärzten gelistet wurden, lieferte aber 225 zusätzliche Optionen. Das Universitätsspital Genf ist das erste Universitätsspital in Europa, das „Watson for Genomics“ einsetzt. Außerhalb Europas, vor allem in den USA, wird das Tool bereits an mehreren Kliniken verwendet. 
APA/The Oncologist

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2019