Analgetika-Intoleranz: Kein Vorteil ohne Nachteil

25.03.2019 | Medizin


Bei der Analgetika-Intoleranz handelt es sich im Wesentlichen um Unverträglichkeitsreaktionen, die durch die Gabe von Acetylsalicylsäure entstehen. Alternativ können Paracetamol und Metamizol zum Einsatz kommen; deren Nachteil ist allerdings die fehlende antiphlogistische Wirkung.

Laura Scherber

Bezüglich der Inzidenz der Analgetika-Intoleranz gibt es unterschiedliche Zahlen, die von 0,5 bis 5,8 Prozent der Normalbevölkerung reichen und bei Asthmatikern bis auf 15 Prozent ansteigen, wobei Frauen tendentiell häufiger betroffen sind. „Die typischen Symptome sind neben Ausschlägen, Rötungen und urtikariellen Veränderungen der Haut besonders Heuschnupfen-artige Beschwerden, leichte bis schwere Asthmaanfälle, bis hin zu massiven Schwellungen im Nasen-Rachen-Bereich, die bis zum Ersticken und damit zu lebensbedrohlichen Situationen führen können“, erklärt Univ. Prof. Andreas Schlager von der Universitätsklinik für Anästhesie und Intensivmedizin Innsbruck. Die Standardprozedur bei der Überprüfung der Analgetika-Intoleranz ist eine dermatologische Austestung mittels Provokationstests (oral oder kutan). Obwohl es sich bei der Analgetika-Intoleranz nicht um eine Allergie im engeren Sinne handelt, lässt sich die Unverträglichkeit auf diese Weise testen.

Ursache nicht genau geklärt

Die genaue Ursache für die Analgetika-Intoleranz ist noch nicht genau bekannt.
„Diskutiert werden Kreuzreaktionen mit anderen Medikamenten, Autoimmunerkrankungen oder Chemotherapien, wobei hier keine gesicherten Daten vorhanden sind“, erklärt Univ. Prof. Sabine Sator-Katzenschlager von der Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie Wien. „Nicht-steroide Antirheumatika hemmen die Prostaglandinsynthese, indem Sie auf die Cyclooxigenase-1 und Cyclooxigenase-2 einwirken. Die Acetylsalicylsäure wirkt vor allem auf die Cyclooxigenase-1, weswegen das Problem hier vermutet wird“, erklärt Schlager. Da Cyclooxigenase-2-Inhibitoren in der Regel besser vertragen werden, können bei einer Acetylsalicylsäure-Unverträglichkeit Alternativpräparate dermatologisch ausgetestet und bei guter Verträglichkeit verschrieben werden. Als Alternativpräparate werden häufig das besser verträgliche Paracetamol und Metamizol verschrieben, deren Nachteil allerdings ihre fehlende entzündungshemmende Wirkung darstellt. Eine weitere Möglichkeit ist die Gabe von schwachen Opioiden. Während die über die Cyclooxigenase-1- und Cyclooxigenase-2-Inhibitoren vermittelten Unverträglichkeitsreaktionen eher selten auftreten, stellen Interaktionen mit anderen Medikamenten das Hauptproblem dar, so Sator-Katzenschlager. Bei Novalgin beispielsweise kommt es zum Blutdruckabfall, wenn das Präparat zu schnell verabreicht wird. Grundsätzlich ergeben sich bei den Analgetika sogenannte Pseudoallergien, die im Grunde genommen keine wirklichen Allergien sind, sondern vielmehr Nebenwirkungen, die laut Sator-Katzenschlager durch inadäquate Dosierung, Applikation oder Verabreichung entstehen. Je nach Schmerzstärke unterscheidet man bei Analgetika drei Substanzklassen der Analgetika: nicht-steroidale Antirheumatika (Stufe 1), schwach wirksame Opioide (Stufe 2) sowie stark wirksame Opioide (Stufe 3) mit unterschiedlichen Nebenwirkungen.

Bei nicht-steroidalen Antirheumatika ist es besonders wichtig, den generellen Gesundheitszustand der Patienten zu erheben, welche Vorerkrankungen vorliegen und welche Medikamenteninteraktionen auftreten können. Speziell bei älteren Patienten sollte ein besonderes Augenmerk auf die Funktionsfähigkeit der Nieren, Leber und des Magen-Darm-Trakts gelegt werden. Liegen bestimmte Beeinträchtigungen vor, eignen sich je nach Erkrankung manche Analgetika mehr als andere. Speziell bei einer Koronaren Herzkrankheit, Herzinsuffizienz oder Hypertonie sollte diese Substanzklasse aber eher kurz und nicht über einen längeren Zeitraum verabreicht werden. Ein klassisches Beispiel für Unverträglichkeiten beziehungsweise Nebenwirkungen von Analgetika der zweiten Stufe ist das Tramal. Um das typische Symptom der Übelkeit zu verhindern, ist es laut Sator-Katzenschlager empfehlenswert, zu Beginn während der ersten fünf Tage der Einnahme parallel ein Antiemetikum zu geben. Auch bei der Einnahme von Analgetika der dritten Stufe können sich Symptome wie Übelkeit und massive Obstipation entwickeln, wobei auch hier ein Antiemetikum sowie eine Obstipationsprophylaxe Abhilfe schaffen können. Bei der Gabe von Opioiden ist grundsätzlich die Dosis zu beachten, da eine zu hohe Einstiegsdosis zu Müdigkeit und Übelkeit führen kann. Meist beschreiben Patienten dies als Unverträglichkeit; oft ist ein Compliance-Verlust die Folge. Eine zu hohe Dosierung über einen zu langen Zeitraum kann laut Sator-Katzenschlager zu einer Toleranz oder zu einer Hyperalgesie führen.

Um Unverträglichkeitsreaktionen zu vermeiden, empfiehlt Schlager grundsätzlich, den Patienten bei der Anamnese nach allergischen Reaktionen oder Unverträglichkeiten auf Schmerzmittel zu fragen. Geht man von knapp sechs Prozent der Bevölkerung aus, die an einer Analgetika-Intoleranz leiden, handelt es sich laut Sator-Katzenschlager um einen „nicht unbeachtlichen Anteil“.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 6 / 25.03.2019