Tele­me­di­zin: „Tele­me­di­zin ist ein Tool – wie ein Skalpell“

25.01.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK


Dr. Diet­mar Bayer, Prä­si­dent der kürz­lich gegrün­de­ten Öster­rei­chi­schen Gesell­schaft für Tele­me­di­zin, for­mu­liert klare Ziele für die kom­men­den Monate. Die ÖGT­ele­med soll dabei einen gro­ßen Man­gel aus der Ver­gan­gen­heit aus­bes­sern.
Sascha Bunda

Wege, sich in einer Initia­tive mit Tele­me­di­zin zu beschäf­ti­gen, gab es schon einige in Öster­reich – und das seit lan­ger Zeit. „Aber eines wurde dabei immer ver­ges­sen: Die Stimme der Ärzte als Anwen­der muss gehört wer­den“, sagt Diet­mar Bayer. Der ÖÄK-Refe­rent für Tele­me­di­zin und medi­zi­ni­sche Infor­ma­tik ist seit kur­zem auch Prä­si­dent der neu gegrün­de­ten wis­sen­schaft­li­chen Fach­ge­sell­schaft ÖGT­ele­med. Und diese Gesell­schaft „soll dafür ein Vehi­kel sein“, meint Bayer.

Die Tele­me­di­zin muss dem Arzt Nut­zen brin­gen, damit er mehr Zeit für seine Pati­en­ten hat, lau­tet das Credo. Für Bayer sind Modelle wie Med­gate aus der Schweiz „das genaue Gegen­teil davon“. „Durch öko­no­mi­sche Vor­ga­ben ist die Arzt­zeit knapp und der Pati­ent bekommt dabei nicht sei­nen Arzt, son­dern irgend­ei­nen, der grad Dienst hat. Die­sen dafür aber zum vom Pati­en­ten gewünsch­ten Ter­min“, gibt Bayer zu beden­ken. Die Zufrie­den­heit sei beim direk­ten Kon­takt jeden­falls deut­lich höher.

Klare Defi­ni­tion gefordert

Der Vor­sit­zende der ÖGT­ele­med for­dert auch eine klare Defi­ni­tion von Tele­me­di­zin: „Tele­me­di­zin ist weit mehr als ein Tele­fon­arzt, eine digi­tale Waage oder über das Handy über­mit­telte Blut­druck­da­ten. Tele­me­di­zin bedeu­tet Appli­ka­tio­nen, die über räum­li­che (unter Umstän­den auch zeit­li­che) Distanz Kon­takt zu einem Arzt und gege­be­nen­falls auch ein Kon­sil mit einem ande­ren Arzt ermög­li­chen.“ Die neue Initia­tive hat sich auf die Fah­nen geschrie­ben, auf Basis der in Öster­reich ver­füg­ba­ren Stan­dards Ent­wick­lun­gen zu för­dern und keine Insel­lö­sun­gen zu pro­du­zie­ren. Emi­nent wich­tig ist dabei Bayer zufolge die Ver­net­zung mit tech­ni­schen Fach­ge­sell­schaf­ten wie HL7, Dicom oder IHE, aber auch mit Soft­ware­her­stel­lern. „Gro­ßes Augen­merk legen wir auf die ethi­sche Kom­po­nente“, sagt Bayer. Die Maxime dürfe nie das tech­nisch Mach­bare, son­dern das aus Pati­en­ten­sicht ärzt­lich Ver­tret­bare sein – wie es auch in der ÖÄK-Reso­lu­tion zu Tele­me­di­zin und e‑Health fest­ge­hal­ten wurde. Unethisch wäre es etwa, wenn Pati­en­ten­da­ten gene­riert und an Dritte wei­ter­ge­ge­ben wür­den, meint Bayer. „Ärzt­li­che Ver­schwie­gen­heit gilt auch in der Tele­me­di­zin, dar­auf ach­ten wir sehr.“ Für die ers­ten Monate hat sich die ÖGT­ele­med viel auf die To-do-Liste geschrie­ben. Ein Papier, das eine Posi­ti­ons­be­stim­mung der Tele­me­di­zin in Öster­reich beinhal­tet, ist weit fort­ge­schrit­ten und wird noch für das 1. Quar­tal erwar­tet. Gleich­zei­tig will die ÖGT­ele­med aktiv den Aus­tausch mit der Poli­tik suchen und seine Exper­tise ins Tref­fen füh­ren. „Auch auf inter­na­tio­na­ler Ebene sind wir durch unsere Bei­rats­mit­glie­der Ste­fan Sau­er­mann, Ste­fan Sabutsch, Wer­ner Leo­dol­ter sehr gut ver­tre­ten“, merkt Bayer an. Einen engen Aus­tausch gibt es mit dem deut­schen Koope­ra­ti­ons­part­ner DG Tele­med, dar­über hin­aus wurde ein rege betrie­be­ner Twit­ter-Account (@ögtelemed) ins Leben gerufen.

Auch in kon­krete Pro­jekte bringt die Initia­tive ihren Erfah­rungs­schatz ein, etwa in ein PMHR (Per­so­nal Health Moni­to­ring Reports)-Projekt zur tele­me­di­zi­ni­schen Ver­sor­gung von Herz­pa­ti­en­ten – hier ist es für Ärzte sehr müh­sam, sich bei der Behand­lung ihrer Pati­en­ten auf ver­schie­de­nen Platt­for­men der Her­stel­ler bewe­gen zu müs­sen. Das Pro­jekt beginnt bei den Wün­schen der Ärzte bei der Beschaf­fung von Schritt­ma­chern und geht bis zu den Erfah­run­gen der Medi­zi­ner im Umgang mit Herz­pa­ti­en­ten. Damit die Stimme der Ärzte gehört wird. Und irgend­wann, das wünscht sich Bayer, soll sich mani­fes­tie­ren, dass Tele­me­di­zin ein Tool ist – „wie ein Skal­pell oder ein Stethoskop.“

Diese Sei­ten ste­hen unter der redak­tio­nel­len Ver­ant­wor­tung von Michael Hein­rich, Lei­ter der Öffent­lich­keits­ar­beit der Öster­rei­chi­schen Ärztekammer.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 1–2 /​25.01.2019