Standpunkt Thomas Szekeres: Der Luxus eines kühlen Kopfes

25.06.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK

© Stefan Seelig

In der österreichischen Gesundheitspolitik wird es immer turbulenter: Nach der vielen Aufregung rund um die Krankenkassenreform samt etlichen Personalwechseln kam noch eine doppelte Regierungsumbildung dazu, die in Neuwahlen im Herbst gipfeln wird. Dann könnte es noch dieses Jahr zum dritten Mal neue Gesichter auf der Ministerbank geben. In diesen hitzigen Zeiten ist also die Ärzteschaft eine der wenigen Konstanten im österreichischen Gesundheitswesen. Wir können uns den Luxus eines kühlen Kopfes leisten. Umso mehr ist es nun unsere Aufgabe, einzumahnen, dass die wichtigen Aufgaben, die dringend angegangen werden müssen, nicht in Vergessenheit geraten oder in den Monaten bis zur Neuwahl im Stillstand versanden.

Eines ist jedenfalls klar: Einsparen geht gar nicht. Werfen wir einen Blick über die Grenzen: Deutschland und die Schweiz geben gemessen am Bruttoinlandsprodukt prozentuell mehr für Gesundheitsversorgung aus als Österreich. Angesichts der höheren BIP dieser Länder sprechen wir hier also von Milliardensummen, um die uns unsere Nachbarn Jahr für Jahr davonziehen.

Trotzdem haben wir noch ein sehr gutes Gesundheitssystem, aller-dings werden wir mehr und nicht weniger Geld benötigen. Diese Nachbarländer müssen aber unsere Benchmarks sein, mit ihnen müssen wir uns messen – nicht mit dem europäischen Durchschnitt.

Der Fortschritt der Medizin bietet immer mehr Möglichkeiten, gleichzeitig steigt die Lebenserwartung der Bevölkerung an. Es ist nun Aufgabe der politisch Verantwortlichen – wer immer diese künftig sein werden -, dafür Sorge zu tragen, dass das österreichische Gesundheitssystem mit den Mitteln ausgestattet wird, die es braucht, um auch künftigen Generationen den höchstmöglichen medizinischen Standard zu garantieren.

Dazu muss auch mehr Geld ins System fließen. Unsere Forderung nach 1.000 zusätzlichen, dringend benötigten Kassenärzten österreichweit ist weiter aufrecht. Zudem müssen die Sozialversicherungen gut aufgestellt werden, um eine moderne und kundenorientierte Versorgung garantieren zu können und den Zugang zu hochwertigen medizinischen Leistungen niederschwellig und leistbar zu halten. Auch sozial schwächer gestellte Patientinnen und Patienten müssen sich auf das österreichische Gesundheitssystem jederzeit verlassen können.

a.o. Univ. Prof. Dr. Thomas Szekeres
Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2019