Standpunkt Johannes Steinhart: Die Hoffnung stirbt zuletzt

15.12.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK

Dr. Johannes Steinhart

Von der „größten Reform der Zweiten Republik“ war die Rede, von „schlanken Strukturen, weniger Bürokratie und effizienterer Verwaltung“, und von einer Kassenreform, bei der „der Patient im Mittelpunkt“ stehe. Nicht zu vergessen, so die ehemalige Regierung, die „im System“ eingesparte Euro-Milliarde für Patienten.

Es haben also wieder einmal die Berge gekreißt, und man darf gespannt sein, was da geboren wurde. Wie sagt man gerne in solchen Situationen: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Doch angesichts der bisherigen Fehlentwicklungen bei der Zusammenlegung der neun GKK zur „Österreichischen Gesundheitskasse“ muss auch der hartnäckigste Optimismus ins Wanken geraten. Aktuelle Beispiele, die zu denken geben: Medienberichten zufolge sollen mehr als hundert Mitarbeiter, die die ÖGK vom Hauptverband der SV-Träger übernommen hat, stattdessen per Leihvertrag vom neuen Dachverband beschäftigt werden. Dieser leide unter Personalknappheit und könne seine Aufgaben leider nicht erfüllen. Die ÖGK müsse sich eben um Ersatz umsehen. Also mehr SV-Mitarbeiter statt weniger.

Im Detail verheißen manch wohlvertraute Namen in den ÖGK-Führungsetagen wenig innovativen Spirit. Erstaunlich die Stellungnahme der ÖGK-Spitze, man wolle an der völlig überholten Hausapotheken-Regelung nichts ändern. Man sollte dort bereits verstanden haben, dass damit Hausärztemangel und Versorgungsdefizite in ländlichen Regionen forciert werden.

Medien berichteten auch, dass das neue Corporate Design der ÖGK statt 400.000 Euro stattliche 2,5 Millionen kosten soll – keine unbeträchtliche Budgetüberschreitung.

Von der „Patientenmilliarde“ ist vonseiten ihrer Erfinder nicht mehr viel zu hören – wir werden das Erinnerungsvermögen der Verantwortlichen hier kräftig aufbessern.

Zum versorgungsrelevanten Thema Kassenzentralismus: Vor einem SV-Giganten, der seine Verhandlungsmacht gegenüber Ärzten konsequent ausspielt und etwa regionale Besonderheiten einfach ignoriert, ist mit Nachdruck zu warnen. Zumindest Entscheidungen wie Stellenplan, Vergabe von
Kassenstellen und ein dem regionalen Bedarf angepasstes Leistungsspektrum von Kassenärzten müssen weiter vor Ort getroffen werden. Andernfalls ist zu befürchten, dass nicht „der Patient im Mittelpunkt“ stehen wird.

Die Hoffnung stirbt zwar zuletzt. Aber bisher ist sie, was die Zukunft der ÖGK betrifft, doch beträchtlich auf die Probe gestellt worden.

Dr. Johannes Steinhart
Vize-Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 25.12.2019