Stand­punkt Her­wig Lind­ner: Die zer­stö­rende Kraft des Wortes

25.03.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK

© Bernhard Noll

„Der Haus­arzt ist ein Aus­lauf­mo­dell“, „Die Ein­zelor­di­na­tion ist tot“ lau­ten oft acht­lose Sager selbst­er­nann­ter „Sys­tem­ex­per­ten“. Dazu sei die Qua­li­tät in den Ordi­na­tio­nen sowieso alles andere als gesi­chert. Als würde das noch nicht genü­gen, hielt es die letzte Regie­rung noch für nötig, die Ärzte und deren Pati­en­ten unter den Gene­ral­ver­dacht des klan­des­ti­nen Sozi­al­be­trugs zu stel­len und gegen die­sen mit­tels Mys­tery Shop­ping zu Felde zu zie­hen. Wie sich rasch her­aus­stellte, ein völ­lig unge­recht­fer­tig­tes Miss­trauen. Aber der Scha­den war bereits ange­rich­tet. Wel­cher junge Mensch möchte einen Beruf ergrei­fen, der zwar von Pati­en­ten hoch­ge­schätzt, aber immer wie­der dis­kre­di­tiert wird?

Umfra­gen zei­gen, dass die Bevöl­ke­rung ihre Haus­ärzte schätzt und braucht. Auch in der Peri­phe­rie, auch in Zukunft und auch in der Ein­zelor­di­na­tion. Ent­ge­gen der Hoff­nung man­cher ‚Exper­ten’ wer­den PVE nicht alle Pro­bleme lösen. Man­che viel­leicht sogar ver­schär­fen. Weni­ger Ärzte braucht man dadurch jeden­falls nicht.

Der Haus­arzt bil­det das Fun­da­ment der ärzt­li­chen Ver­sor­gung, man könnte sogar sagen, er ist untrenn­bar mit der Basis einer gesun­den Gesell­schaft ver­bun­den. Der Haus­arzt ist nicht nur Arzt, er ist Ver­trau­ens­per­son und ers­ter Ansprech­part­ner in vie­len The­men. Das macht ihn so wert­voll für die Men­schen. Gebot der Stunde ist, das haus­ärzt­li­che Sys­tem auf­zu­wer­ten. Poli­tik und Sozi­al­ver­si­che­rung sind gefor­dert, end­lich die ent­spre­chen­den Rah­men­be­din­gun­gen zu schaf­fen. Die Kas­sen­ver­träge müs­sen ver­bes­sert und zeit­ge­mäße Arbeits­mo­delle ange­bo­ten wer­den. Das Berufs­bild des Haus­arz­tes muss wie­der die Wert­schät­zung erfah­ren, die es verdient.

Der Beruf des Haus­arz­tes ist zwei­fel­los einer der schöns­ten, mit einer lang­fris­ti­gen Per­spek­tive: man beglei­tet seine Pati­en­ten und ihre Fami­lien oft über Jahr­zehnte. Dafür bekommt man viel Posi­ti­ves zurück und nicht sel­ten auch Dank­bar­keit. Der Beruf als Haus­arzt ist defi­ni­tiv mehr als eine Dienst­leis­tung, er ist Beru­fung, Lebens­auf­gabe und Her­aus­for­de­rung zugleich, direkt am und mit dem Menschen.

Die Ärz­te­kam­mer setzt sich ste­tig für die Ver­bes­se­rung der Arbeits­be­din­gun­gen ein bei­spiels­weise für zeit­ge­mäße For­men der Zusam­men­ar­beit, wie Job­sha­ring, Grup­pen­pra­xen und Netz­werke, sowie adäquate Hono­rare, um den Haus­arzt-Beruf wie­der zu attraktivieren.

Wir ver­lan­gen von unse­ren Sys­tem­part­nern, dass auch sie kon­ti­nu­ier­lich und kon­struk­tiv ihren Bei­trag zu einer guten Zukunft der Haus­ärzte leisten.

Dr. Her­wig Lind­ner
1. Vize-Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärztekammer

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 6 /​25.03.2019