Kurz­mel­dun­gen: BKNÄ

15.08.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK

Gewalt in Ordi­na­tio­nen erreicht inak­zep­ta­bles Ausmaß

„In den nie­der­ge­las­se­nen Arzt­pra­xen haben Aggres­sion und Gewalt­be­reit­schaft inzwi­schen ein völ­lig inak­zep­ta­bles Aus­maß erreicht“, sagt Johan­nes Stein­hart, ÖÄK-Vize­prä­si­dent und Bun­des­ku­ri­en­ob­mann der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte. „Hier sind drin­gend wirk­same Gegen­maß­nah­men auf brei­ter gesell­schaft­li­cher, poli­ti­scher und recht­li­cher Basis erfor­der­lich.“ Bei einer Online-Blitz-Umfrage unter nie­der­ge­las­se­nen All­ge­mein­me­di­zi­nern mit Kas­sen­ver­trag in Wien haben 97 Pro­zent der Teil­neh­mer in den ver­gan­ge­nen 24 Mona­ten von Kol­le­gen gehört, dass diese von Pati­en­ten oder Ange­hö­ri­gen ver­bal bedroht wur­den. 80 Pro­zent wur­den in die­sem Zeit­raum selbst ver­bal bedroht, 10 Pro­zent selbst kör­per­lich bedroht. „Beson­ders wich­tig ist hier die Prä­ven­tion“, sagt Stein­hart. „Wir haben zunächst ein­mal in Wien für nie­der­ge­las­sene Ärzte und ihren Mit­ar­bei­ter spe­zi­elle Work­shops orga­ni­siert. Diese sind völ­lig aus­ge­bucht und sehr beliebt, wes­halb wir stän­dig wei­tere anbieten.“

ÖGK-Fehl­ein­schät­zung nicht zu Las­ten der Versorgung

Auch wenn die Kos­ten der Sozi­al­ver­si­che­rungs­re­form wesent­lich höher sind als von der alten Bun­des­re­gie­rung ange­ge­ben, dürfe es keine Ver­schlech­te­rung in der Ver­sor­gung geben, for­dert ÖÄK-Vize­prä­si­dent Johan­nes Stein­hart: „Es ist ver­ständ­lich, dass es anfangs finan­zi­el­len Bedarf gibt, aber nicht in die­ser gewal­ti­gen Dimen­sion. Noch dazu, wo es der­zeit ja funk­tio­nie­rende Struk­tu­ren gibt, auf die man zurück­grei­fen könnte und die man nicht aus vor­der­grün­dig par­tei­po­li­ti­schen Grün­den zer­stö­ren sollte.“ Außer­dem sollte man zuguns­ten eines zen­tra­lis­ti­schen Kas­sen­bü­ro­kra­tie-Gigan­ten nicht bewährte regio­nale Steue­rungs­me­cha­nis­men aus der Hand geben. „Im Mit­tel­punkt muss immer die Ver­sor­gung und Sicher­heit von Pati­en­ten ste­hen, und diese darf nicht gefähr­det wer­den“, so Stein­hart. Die ange­kün­digte „Pati­en­ten­mil­li­arde“ müsse also jeden­falls in die Gesund­heits­ver­sor­gung inves­tiert werden.

Hoher Stel­len­wert der Hausärzte

Aus dem Ergeb­nis einer Med­Uni Wien-Stu­die, wonach im Jahr 2014 18,4 Pro­zent der Pati­en­ten ohne vor­an­ge­gan­ge­nen Besuch eines Haus­arz­tes einen Fach­arzt auf­ge­sucht haben, und im Jahr 2006 nur 15,1 Pro­zent, wurde in man­chen Medien auf eine abneh­mende Attrak­ti­vi­tät von Haus­ärz­ten geschlos­sen. „In Umfra­gen zur Pati­en­ten­zu­frie­den­heit haben sich rund 95 Pro­zent der Men­schen mit ihrem Haus­arzt sehr zufrie­den oder zufrie­den gezeigt“, stellt Edgar Wut­scher, Obmann der Bun­des­sek­tion All­ge­mein­me­di­zin (BSAM) der ÖÄK rich­tig. Natür­lich seien seit der Ein­füh­rung der e‑Card im Jahr 2005 man­che Über­wei­sun­gen durch einen Haus­arzt an einen Fach­arzt hin­fäl­lig gewor­den, so Wut­scher: „Das hat aber mit einer angeb­li­chen abneh­men­den Attrak­ti­vi­tät von Haus­ärz­ten und ihren Leis­tun­gen über­haupt nichts zu tun.“ Dem Trend, dass Pati­en­ten direkt in eine Spi­tals­am­bu­lanz gehen, müsse die Gesund­heits­po­li­tik begeg­nen, indem sie den nie­der­ge­las­se­nen kas­sen­ärzt­li­chen Bereich kon­se­quent ausbaut.

ÖÄK for­dert ELGA-Reparatur

Ange­sichts der jüngs­ten gehäuf­ten Aus­fälle bei der e‑Medikation for­dert Johan­nes Stein­hart, ÖÄK-Vize­prä­si­dent und Bun­des­ku­ri­en­ob­mann nie­der­ge­las­sene Ärzte, end­lich Taten. „Auf dem Tisch lie­gen 47 klar defi­nierte Punkte der e‑Be­fund-Taskforce. Diese müs­sen sofort umge­setzt wer­den.“ Im Zen­trum sieht Stein­hart die Pati­ent Sum­mary, die alle hand­lungs- und haf­tungs­re­le­van­ten Daten zusam­men­fasst. „Ohne die­ses abso­lute Muss kann man nicht von Usa­bi­lity spre­chen“, sagt Stein­hart. Seine Con­clu­sio: „ELGA muss so gut wer­den, dass Ärzte frei­wil­lig mit­ma­chen wol­len.“ In Zei­ten der Zen­tra­li­sie­rung stelle sich auch die Frage, ob sich Öster­reich mit ELGA GmbH, SVC und ITSV wei­ter gleich drei staat­li­che IT-Fir­men leis­ten wolle, die an der Ent­wick­lung von e‑Projekten im Gesund­heits­we­sen arbei­ten. „Hier wäre eine Fusio­nie­rung ein­mal ange­bracht“, sprach sich Stein­hart für eine Struk­tur­be­rei­ni­gung auf IT-Seite aus.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 15–16 /​15.08.2019