Öster­rei­chi­scher Impf­tag 2019 – Film „Ein­ge­impft“: Ver­passte Chance

10.02.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK


„Imp­fen ist ein Aben­teuer!“, so das Fazit von „Ein­ge­impft“, einem Film, der seit Ende Jän­ner in Öster­reich läuft und Anti-Impf-Mythen viel Raum gibt. Die wich­tigs­ten „zer­pflück­ten“ Exper­ten am Öster­rei­chi­schen Impf­tag 2019.
Andrea Rie­del

„Imp­fun­gen und Hygiene haben die Mor­ta­li­täts­ra­ten mehr gesenkt als jede andere medi­zi­ni­sche Maß­nahme”, betonte Dr. Peter Nie­der­mo­ser, Prä­si­dent des Wis­sen­schaft­li­chen Bei­ra­tes der Öster­rei­chi­schen Aka­de­mie der Ärzte, in sei­ner Begrü­ßungs­rede. Trotz­dem köcheln Ver­schwö­rungs­theo­rien rund ums Imp­fen wei­ter, auch im der­zeit lau­fen­den Film „Ein­ge­impft“. Fol­ge­rich­tig wies der Lei­ter des Impf­re­fe­rats der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer, Dr. Rudolf Schmitz­ber­ger, den Schluss­satz des Films unmiss­ver­ständ­lich zurück: „Nein, Imp­fen ist eben kein Aben­teuer, son­dern Risi­ko­re­du­zie­rung.“ Eine Mikro-Inhalts­an­gabe: Der Regis­seur und Prot­ago­nist hätte als jun­ger Vater nichts dage­gen, seine Toch­ter imp­fen zu las­sen. Ver­un­si­chert durch seine Frau begibt er sich aber auf eine inves­ti­ga­tive Recher­che-Reise. Er inter­viewt Ver­tre­ter der deut­schen Stän­di­gen Impf­kom­mis­sion (Stiko) wie auch teils extreme Impf­kri­ti­ker – aller­dings so, dass die Aus­sa­gen bei­der Sei­ten gleich­wer­tig dar­ge­stellt wer­den. Am Ende wird das Kind zwar teil­weise geimpft, aber durch­wegs off label, ent­spre­chend dem Rat einer Anthroposophin.

Schmitz­ber­ger: „Der Regis­seur wollte Impf­my­then auf­klä­ren, brei­tet aber letzt­lich nur die alt­be­kannte Palette an impf­geg­ne­ri­schen Argu­men­ten aus.“ Hier nur ein paar der Punkte, denen die Refe­ren­ten des Work­shops auf den Grund gingen:

„Böse“, intrans­pa­rente Phar­ma­wirt­schaft: Mag. Daniela Phil­adel­phy (Bun­des­amt für Sicher­heit im Gesundheitswesen/​BASG) erläu­terte das lücken­lose und per­ma­nente Moni­to­ring des Pro­zes­ses, den ein Impf­stoff durch­läuft: von der behörd­li­chen Betriebs­be­wil­li­gung vor der prä­kli­ni­schen über die Prü­fun­gen wäh­rend der kli­ni­schen Phase bis zur peni­blen Nut­zen-Risiko-Abwä­gung vor jeder Zulas­sung. Wor­auf man Skep­ti­ker hin­wei­sen sollte: Auch nach der Zulas­sung wird der Impf­stoff im Rah­men der Phar­ma­ko­vi­gi­lanz lau­fend über­wacht. Und: Ohne wei­tere Prüf­pro­zesse kann am Impf­stoff abso­lut nichts geän­dert wer­den. Ent­spre­chende Doku­men­ta­tio­nen fin­det man auf den Web­si­ten des BASG, des Netz­werks der natio­na­len euro­päi­schen Arz­nei­mit­tel­be­hör­den (HMA) und der Euro­päi­schen Arz­nei­mit­tel­agen­tur. Fazit: Der Vor­wurf der Intrans­pa­renz im Zusam­men­hang mit der Her­stel­lung und Anwen­dung von Impf­stof­fen ist völ­lig haltlos.

Nega­tive unspe­zi­fi­sche Impf­ef­fekte: Unspe­zi­fi­sche Impf­ef­fekte behan­delt der Film rela­tiv aus­führ­lich. Es wird zwar aner­kannt, dass Masern-Impf­pro­gramme die Mor­ta­li­täts­ra­ten gene­rell sen­ken. Im Umkehr­schluss wird aber sug­ge­riert, dass Tot­impf­stoffe im Anschluss an Lebend­impf­stoffe die Mor­ta­li­tät erhö­hen – wofür es keine Beweise gibt.

Es gibt keine „dirty little secrets“, wie Dr. Bar­bara Tucek, Lei­te­rin Kli­ni­sche Begut­ach­tung im BASG, Punkt für Punkt zeigte, u.a.: Alu­mi­nium darf als Wir­kungs­ver­stär­ker für Tot­impf­stoffe nur einen win­zi­gen Bruch­teil der Menge aus­ma­chen, die jeder Mensch über Nah­rung und Was­ser auf­nimmt. Kein Beleg für einen Zusam­men­hang mit Alz­hei­mer. Quecksilber/​Thiomersal als Kon­ser­vie­rungs­mit­tel sind für Stan­dard-Ein­mal­do­sen heute gar nicht mehr nötig. Behaup­te­ter Zusam­men­hang der 6‑fach-Imp­fung mit Plötz­li­chem Säug­lings­tod oder Autis­mus ist glas­klar wider­legt. Form­alde­hyd: Zuge­las­sene Höchst­menge: 0,2 mg. V.a. Vega­ner neh­men mit der Nah­rung bis zu 14 mg/​Tag auf. Und: Form­alde­hyd ist auch ein kör­per­ei­ge­nes Pro­dukt. Poly­sor­bat 80 schützt als Emul­ga­tor vor dem Ver­klum­pen und sorgt für weni­ger Lokal- und Fie­ber­re­ak­tio­nen. Eine Por­tion Eis­creme ent­hält über 3000-mal mehr davon als der HPV-Impfstoff.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 3 /​10.02.2019