BKNÄ: Gute Bewertung, schlechte Bewertung

10.09.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK


Die Sterne-Bewertung ist in aller Munde. Jedermann kennt diese Art, Produkte oder Dienstleistungen zu bewerten. Die Bewertung von Ärzten ist auf gesonderten Bewertungsportalen (zB docfinder) und Social Media möglich und von großer Bedeutung für Ärzte. Zwischenzeitig existieren dazu auch erste Urteile.

Johannes Öhlböck*

Wie gehe ich mit schlechten Bewertungen um?
Bewertungen können mehrfach gegen geltendes Recht verstoßen. In Frage kommen etwa Ehrenbeleidigung oder Kreditschädigung. Bei unwahren Tatsachenbehauptungen oder Werturteilen, basierend auf unwahren Tatsachenbehauptungen, gibt es auch kein Recht auf freie Meinungsäußerung. Solange allerdings bei wertenden Äußerungen die Grenzen zulässiger Kritik nicht überschritten werden, kann auch massive, in die Ehre eines anderen eingreifende Kritik, die sich an konkreten Fakten orientiert, zulässig sein. Bei unrechtmäßigen Bewertungen kann der Arzt mit Klage vorgehen. Vorab empfiehlt es sich allerdings ein Aufforderungsschreiben an den Bewerter vorzunehmen. Ist dieser nicht bekannt, kann direkt gegen das Bewertungsportal vorgegangen werden, da nach der Rechtsprechung der Betrieb eines Bewertungsportals im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich trägt. Diese Gefahr wird durch die Möglichkeit, Bewertungen anonym oder pseudonym abzugeben, verstärkt, da der Arzt diesfalls nicht direkt gegen den Bewertenden vorgehen kann. Aus diesem Grund treffen das Bewertungsportal bei anonymen Bewertungen Prüf- und Informationspflichten. Bei Beanstandungen einer anonymen Bewertung ist der Portalbetreiber verpflichtet, die Beanstandung dem Bewertenden zu übersenden und ihn dazu anzuhalten, die Behandlung möglichst genau zu beschreiben und Unterlagen möglichst umfassend vorzulegen. Die erhaltenen Informationen und Unterlagen müssen dann nach der Rechtsprechung an den Arzt weitergeleitet werden. Sollte das Bewertungsportal dem nicht nachkommen, kann auch in diesem Fall mit Klage vorgegangen werden.

Muss ich mich bewerten lassen?
Die Höchstgerichte haben sich bereits mehrfach mit der Frage beschäftigt, ob ein Anspruch auf (gänzliche) Löschung aus einem Arztbewertungsportal besteht. 2014 klagte ein österreichischer praktischer Arzt docfinder.at auf Löschung und verlor. Der oberste Gerichtshof begründete seine Entscheidung (6 Ob 48/16a) damit, dass zulässigerweise veröffentlichte Daten vorliegen (veröffentlicht auf der Seite der Ärztekammer sowie des Praktikers), bei denen ein Grundrecht auf Datenschutz ausgeschlossen ist. Der Arzt konnte nicht nachweisen, dass durch die bloße Namensnennung schutzwürdige Interessen beeinträchtigt wurden. Ähnlich hat zuvor auch der BGH entschieden (VI ZR 358/13). In einem neueren Fall hat der BGH allerdings 2018 (VI ZR 30/17) ausgesprochen, dass eine Ärztin Anspruch auf Löschung aus einem Bewertungsportal (JAMEDA) hat.

Knackpunkt für den Löschungsanspruch war die Unterscheidung des Bewertungsportales zwischen zahlenden und nichtzahlenden Kunden. Bei Nichtzahlern wurden nur Basisdaten angezeigt. Bei Zahlern waren weitere Informationen abrufbar. Darüber hinaus wurden neben Nichtzahlern Konkurrenten in unmittelbarer Nähe angezeigt. Der BGH hat entschieden, dass die Daten der Ärztin zu löschen sind, da das Arztbewertungsportal seine Stellung als neutraler Informationsmittler verlassen hat und sich nicht mehr auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit stützen kann.

Das führt zum Überwiegen der Grundrechtsposition der Ärztin (Recht auf informationelle Selbstbestimmung), sodass ihr ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Speicherung ihrer Daten zugebilligt wurde. Eine Chance auf Löschung besteht damit im Einzelfall, wenn eine qualifzierte Unterscheidung zwischen zahlenden und nicht zahlenden Ärzten gemacht wird.

*) Dr. Johannes Öhlböck LL.M. (www.raoe.at) ist Rechtsanwalt in Wien, Vortragender an mehreren Universitäten. Er berät und vertritt Ärzte in allen Rechtsfragen im Zusammenhang mit Bewertungen im Internet.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 17 / 10.09.2019