Beispiele aus der Praxis: Der Weg zum Erfolg

10.11.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK


Die Qualität in der Arztausbildung variiert österreichweit stark. Einige Abteilungen und Krankenhäuser, die in der Ausbildungsevaluierung Bestnoten erzielten, geben Einblicke in
ihren Alltag.

Sophie Niedenzu

Praxis, Praxis, Praxis. Das ist ein Kernelement in der Arztausbildung. Im Krankenhaus Spittal an der Drau, das auch heuer wieder ein sehr gutes Evaluierungsergebnis in der Basisausbildung aufweist, werden die Jungärzte schwerpunktmäßig in den Ambulanzen eingesetzt. „Neue Kolleginnen und Kollegen müssen relativ schnell lernen, Entscheidungen zu treffen“, erzählt der medizinische Leiter, Gerald Bruckmann. Der Alltag der Jungärzte sei nicht bis ins kleinste Detail mit Checklisten strukturiert, weil das nicht die medizinische Praxis abbilde: „Die Flexibilität, mit Neuem umgehen zu lernen, ist uns ganz besonders wichtig und ist ein guter Weg der Wissensvermittlung“, sagt er. Es sei wichtig, sich um die Auszubildenden zu kümmern und sie beispielsweise von Tätigkeiten wie der LKF-Codierung zu befreien. Für eine gute Ausbildungsqualität sorge ein niedriger Ausbildungsschlüssel. In Kombination mit vielen Bewerbungen für die Basisausbildung betrage die Wartezeit rund neun Monate.

Derzeit kaum Wartezeiten für die Basisausbildung bestehen hingegen im Krankenhaus St. Josef Braunau, das auch top evaluiert wurde. Früher hätte es im Sommer, unmittelbar nach Studiumabschluss, welche gegeben. „Mittlerweile nehmen sich immer mehr Mediziner nach ihrem Studium noch eine Auszeit und beginnen versetzt mit der Ausbildung“, sagt die Ausbildungsbeauftragte und stellvertretende ärztliche Leiterin, Birgitt Freitag. Was die Bürokratie angehe, gebe es Codierungs-Assistenten. „Ärztinnen und Ärzte können sich bei uns auf ihre Kern-Tätigkeiten konzentrieren, delegierbare Tätigkeiten werden auf Verwaltungspersonal sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pflege verteilt“, sagt Freitag. Zudem gebe es flexible Arbeitszeitmodelle mit Betreuungsmöglichkeiten durch eine Betriebstagesmutter. „Es gibt auch die Gute-Nacht-Betreuung und das Schul-Taxi, die Kinder werden dabei in der Früh im Krankenhaus betreut und dann mit dem Taxi in die Schule gebracht“, erzählt Freitag.

Supervision und Feedback

Was die allgemeinmedizinische Ausbildung betrifft, gehört die notfallmedizinische Abteilung am Krankenhaus Hietzing zu den bestbewerteten. Deren Leiter, Moritz Haugk, betont nicht nur den Wert des selbstständigen Arbeitens unter Supervision, sondern auch die Möglichkeit, in der Arbeit seinen medizinischen Horizont zu erweitern, etwa durch invasive Leistungen, die laut ihm auch in der Notaufnahme möglich sein sollten. Ein engagiertes Team garantiere gute Teamtrainings, in denen Szenarien nachgespielt werden würden sowie interne Fallbesprechungen. „Wir haben glücklicherweise genügend Fachärzte, um ein breites medizinisches Spektrum anzubieten und erhalten auch viele KPJ-Anfragen, was uns hilft, Nachwuchs zu rekrutieren“, sagt er.

Auch topplatziert in der allgemeinmedizinischen Ausbildung ist die Abteilung der Kinder- und Jugendheilkunde am Kardinal Schwarzenberg Klinikum. Ihr Abteilungsleiter, Josef Riedler, betont nicht nur die Wichtigkeit von regelmäßigem bedside teaching und praxisrelevanter Fortbildung, sondern auch von SOPs zu den wichtigsten Erkrankungen und selbständiger Arbeit in der Ambulanz unter „echter“ Supervision. Für Ärzte in Ausbildung sei vor allem folgendes relevant: eine wertschätzende Ausbildung, das Eingehen auf die zukünftigen Aufgaben in der Allgemeinmedizin sowie regelmäßiges Feedback. Außerdem entlaste eine Dokumentationsassistentin die Ärzte von der Bürokratie. Eine Herausforderung sei jedoch die Personalknappheit und das Fehlen eines Mentorensystems.

„Ärzte in Ausbildung sollen nicht nur Befunde kennen, sondern neben ihrem medizinischen Wissen auch auf Augenhöhe mit dem Patienten kommunizieren und Empathie zeigen sowie teamfähig sein“, sagt Renate Klauser-Braun, Vorständin der dritten medizinischen Abteilung am SMZ Ost, die auch zu den bestbewerten Abteilungen gehört. Wichtig sei das gemeinsame Interesse von Auszubildenden, neues Wissen zu erwerben und von Ausbildnern, ihr Wissen aktiv weiterzugeben. „In den vergangenen Jahren wurden einerseits Tätigkeiten vom Pflegepersonal übernommen, andererseits die Rotation innerhalb der Abteilung besser strukturiert, sodass ein Arzt in Ausbildung auch Patientenzimmer führt“, erzählt sie. Verbesserungsbedarf sehe sie bei der Administration: „Wir sind aber dabei, ein Spracherkennungssystem zu installieren, das auf der Radiologie beispielsweise bereits guten Anklang gefunden hat, um die Ärzte bei uns zu entlasten.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2019