Aus­bil­dungs­qua­li­tät: „Sehe Visi­ta­tion auch als Service“

10.03.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK


Visi­ta­tio­nen von aner­kann­ten Aus­bil­dungs­stät­ten sol­len die Aus­bil­dungs­qua­li­tät sicher­stel­len und beur­tei­len. Prof. DDr. Bar­bara Maier, Vor­stän­din der gynä­ko­lo­gisch-geburts­hilf­li­chen Abtei­lung des Wil­hel­mi­nen­spi­tals, beschreibt ihre Erfah­run­gen mit der Visi­ta­tion ihrer Abtei­lung und erklärt das Erfolgs­mo­dell ihres Teams.
Sascha Bunda

„Zweck der Visi­ta­tio­nen ist die Sicher­stel­lung und Beur­tei­lung der Aus­bil­dungs­qua­li­tät“, heißt es in der Visi­ta­ti­ons­ord­nung der ÖÄK. Eine Visi­ta­tion wird von der ÖÄK durch­ge­führt, das Visi­ta­ti­ons­team unter dem Vor­sitz eines Mit­glieds der Aus­bil­dungs­kom­mis­sion besteht wei­ters aus einem Fach­ver­tre­ter der jewei­li­gen wis­sen­schaft­li­chen Gesell­schaft, einem Tur­nus­ärzte-Ver­tre­ter der Bun­des­ku­rie und einem rechts­kun­di­gen ÖÄK-Ver­tre­ter. Die Visi­ta­tion und die Team­be­set­zung wer­den min­des­tens sechs Wochen im Vor­hin­ein ange­kün­digt. Es wer­den Fra­ge­bö­gen über­mit­telt, die von den Aus­bil­dungs­ver­ant­wort­li­chen und Tur­nus­ärz­ten aus­zu­fül­len sind.

„Ärz­tin­nen und Ärzte kön­nen nur so gut sein wie ihre Aus­bil­dung. Diese muss gut struk­tu­riert sein, Lern­ziele und Auf­ga­ben sind ebenso zu defi­nie­ren, wie klare Zustän­dig­kei­ten und Ver­ant­wor­tun­gen auf­ge­zeigt wer­den müs­sen. Sowohl Ärzte in Aus­bil­dung, als auch Aus­bil­dungs­ver­ant­wort­li­che müs­sen genü­gend Zeit und Res­sour­cen für Aus­bil­dung zur Ver­fü­gung haben. Wir ste­hen in engem Kon­takt mit Ärz­tin­nen in Aus­bil­dung, damit wir wis­sen wo der Schuh drückt und der Hebel anzu­set­zen ist“, sagt Harald Mayer, Vize­prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer und Obmann Bun­des­ku­rie ange­stellte Ärzte.

uch Karl­heinz Korn­häusl, Obmann der Bun­des­sek­tion Tur­nus­ärzte, betont die Wich­tig­keit einer pra­xis­re­le­van­ten Aus­bil­dung mit kon­stant hoher Qua­li­tät unter Ein­hal­tung gesetz­li­cher Vor­ga­ben. „Die Zukunft der medi­zi­ni­schen Ver­sor­gung hängt zu einem wesent­li­chen Teil von der Qua­li­tät der Aus­bil­dung ab. Dafür und für attrak­ti­vere Rah­men­be­din­gun­gen set­zen wir uns in der Bun­des­ku­rie ange­stellte Ärzte ein“, meint Korn­häusl. „Wie in allen Lebens­be­rei­chen sollte auch beim Thema Gesund­heit Qua­li­tät von wesent­li­cher Bedeu­tung sein. Dabei spielt die Qua­li­tät und Umset­zung eines guten Aus­bil­dungs­kon­zepts und die Plan­bar­keit der Sta­tio­nen im Rah­men der Aus­bil­dung ebenso eine wich­tige Rolle wie ein oft­ma­li­ges Feed­back durch den Vor­ge­setz­ten“, sagt Harald Penz, 2. Obmann-Stell­ver­tre­ter Bun­des­ku­rie ange­stellte Ärzte. Im Spi­tal und in der Lehr­pra­xis müss­ten die Res­sour­cen zur Ver­fü­gung gestellt wer­den, damit das fun­da­men­tale Bücher­wis­sen auch in der Pra­xis auf Top-Niveau wei­ter­ge­ge­ben wer­den könne.

Visi­ta­tion als „Früh­jahrs­putz“

Wel­che Aus­wir­kun­gen hat eine Visi­ta­tion nun kon­kret? Im Juni des ver­gan­ge­nen Jah­res wurde die gynä­ko­lo­gisch-geburts­hilf­li­che Abtei­lung des Wil­hel­mi­nen­spi­tals von einem aus vier Per­so­nen bestehen den Visi­ta­ti­ons­team besucht. Abtei­lungs­vor­stän­din Prof. DDr. Bar­bara Maier bevor­zugt aber den Aus­druck „In-Ser­vice“. „Ich sehe eine Visi­ta­tion auch als Ser­vice“, erzählt sie im Inter­view. Man könne sie etwa mit einem „Früh­jahrs­putz“ ver­glei­chen, meint sie. „Man muss das ganze Sys­tem für sich noch ein­mal über­den­ken und sich alles noch ein­mal anschauen. Ist alles up-to-date? Gab es Ver­än­de­run­gen? Kann man noch nach­bes­sern?“ Die Visi­ta­tion selbst sei sehr ange­nehm und gut orga­ni­siert abge­lau­fen. Man habe einen Tages­plan vor­ge­legt, die­ser sei von den Visi­ta­to­ren sehr gut ein­ge­hal­ten wor­den. Es habe keine dra­ma­ti­schen Aus­wir­kun­gen auf den lau­fen­den Betrieb gege­ben. „Das konn­ten wir sehr gut hand­ha­ben“, meint Maier.

Auch die Befra­gun­gen selbst seien für die Abtei­lung sehr posi­tiv gewe­sen. Das gute Ergeb­nis führt Maier zu einem guten Teil auf den Team-Fak­tor zurück – und zwar in zwei­er­lei Hin­sicht. Zum einen streicht sie die Rolle von Ober­ärz­tin und Aus­bil­dungs­be­auf­trag­ter Susanne Hölb­fer her­vor, die den größ­ten Impe­tus ein­bringe, sowie die von Assis­tenz­ärz­tin Chris­tina Fojta, die sich eben­falls sehr stark enga­giere und der Ober­ärz­tin unter die Arme greife. Zum ande­ren wird auch im Umgang mit Tur­nus­ärz­ten und Aus­zu­bil­den­den Team­geist demons­triert. „Team­geist heißt: Wir assis­tie­ren sehr viel, Wis­sen und Fer­tig­kei­ten wer­den auch an die Tur­nus­ärz­tin­nen und Tur­nus­ärzte wei­ter­ge­ge­ben.“ Bei Abtei­lungs­fei­ern wür­den alle Berufs­grup­pen ein­ge­la­den, das schließt auch Tur­nus­ärzte und KPJ-Stu­den­ten mit ein. „Ich glaube, dass das sehr viel aus­macht“, ist Maier, die sich und ihre Mit­ar­bei­te­rin­nen auch als päd­ago­gisch ver­siert ein­stuft, über­zeugt – „und, dass wir uns küm­mern wollen“.

Die Betreu­ung von Tur­nus­ärz­ten beginnt schon bevor diese ins Wil­hel­mi­nen­spi­tal kom­men. Vorab erhal­ten sie alle rele­van­ten Infor­ma­tio­nen, vom Tages­ab­lauf über Infos, wie die Zutei­lung erfolgt, wich­tige Tele­fon­num­mern, Lauf­werk­zu­gänge bis hin zur Fort­bil­dungs­ord­nung. Gene­rell gibt es ein reich­hal­ti­ges Ange­bot an Fort­bil­dun­gen: Jeden Mitt­woch gibt es zwi­schen sie­ben und acht Uhr Fort­bil­dun­gen für Tur­nus­ärzte, Stu­den­ten und auch für Aus­bil­dungs­as­sis­ten­ten. Dazu kom­men Team­frei­tage, wo alle für das Team rele­van­ten Infor­ma­tio­nen wei­ter­ge­ge­ben wer­den, Fort­bil­dun­gen von exter­nen Exper­ten, etwa zur HPV-Imp­fung und drei­mal pro Woche eine CTG-Bespre­chung. Wei­ters gibt es bedside tea­ching auf der Ope­ra­ti­ven Sta­tion, bei dem Maier wie ihre Kol­le­gen zur Kon­trolle, Unter­su­chung oder Auf­klä­rung von Pati­en­ten auch Tur­nus­ärzte mit­nimmt. Ein- bis zwei­mal pro Woche erfolgt eine Fall­vor­stel­lung durch die Tur­nus­ärzte. Auf der Geburts­hil­fe­sta­tion kön­nen Tur­nus­ärzte unter Auf­sicht nach unkom­pli­zier­ten Gebur­ten selb­stän­dige Visi­ten durchführen.

Keine Angst vor Fragen

In Not­fäl­len bemü­hen sich Maier selbst oder die Ober­ärz­tin um Jung-Fach­ärzte. Wenn man gerade ein­mal Fach­arzt gewor­den ist und dann einen ver­ant­wort­li­chen Dienst in die­ser Rie­sen­ab­tei­lung hat, sei es immer gut, wenn man einen „Hin­ter­grund“ habe. „An der Abtei­lung ist ein sehr jun­ges Team, alle sind sehr enga­giert und damit bin ich sehr zufrie­den“, sagt Maier. Wich­tig sei, dass man immer Fra­gen stel­len könne oder dass jemand auch rein­kom­men kann, wenn es sprich­wört­lich „brennt“. „Das ist unsere Abtei­lungs­or­ga­ni­sa­tion“, spricht Maier einen zen­tra­len Punkt an. Feh­ler, die unnö­tig gemacht wür­den, seien manch­mal emo­tio­nale Feh­ler, weil sich jemand nicht zu fra­gen traute – aus Angst, unwis­send zu wirken.

Über­haupt sieht Maier in der Feh­ler­kul­tur eine beson­dere Stärke ihrer Abtei­lung. „Haupt­feh­ler einer Abtei­lungs­kul­tur ist, wenn man sich nicht traut, etwas zu sagen oder zu fra­gen. Und das wäre dann mein eige­ner Feh­ler.“ Auch sie selbst hole mal eine zweite Mei­nung ein. „Why not?“ fragt Maier, „da fal­len uns die Per­len nicht aus der Krone. Wir sind ein Team und ein Ergeb­nis ist ein Team-Ergeb­nis. Es ist mir ganz wich­tig, dass das so gelebt wird. Nur so wer­den wir auch auf län­gere Sicht noch gute Spi­tals­ärzte und kom­pe­tente nie­der­ge­las­sene All­ge­mein­me­di­zi­ner haben.“ Der Erfolg gibt ihr Recht: Mit Stolz zeigt sie auf zwei Ord­ner vol­ler Bewer­bungs­un­ter­la­gen. „Wir haben viele Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber, die hier arbei­ten möch­ten – auch Fach­ärz­tin­nen und Fachärzte.“

In den All­tag eingebunden

Um aus der Pra­xis zu berich­ten, kom­men zwei Tur­nus­ärzte und eine KPJ-Stu­den­tin zum Gespräch hinzu. „Ich fühle mich hier gut auf­ge­ho­ben“, berich­tet ein Tur­nus­arzt aus dem Sta­ti­ons­all­tag: „Das Team ist sehr freund­lich und von Beginn an wird man gut in den orga­ni­sa­to­ri­schen und admi­nis­tra­ti­ven Ablauf ein­ge­schult. Man ist gut ein­ge­bun­den und kann immer auf Augen­höhe mit den Kol­le­gen spre­chen. Das ist das Sym­pa­thi­sche an die­ser Abtei­lung.“ „Es gibt viele Mög­lich­kei­ten, sich zusätz­lich ein­zu­brin­gen, das ist auch durch­aus erwünscht“, meint sein Kol­lege. Man werde etwa moti­viert, zu Kon­si­li­ar­un­ter­su­chun­gen mit­zu­ge­hen. „Ich habe nie das Gefühl, fehl am Platze zu sein, wenn ich etwas frage“, meint eine junge KPJ-Stu­den­tin. Neben der sehr guten Kom­mu­ni­ka­tion und der Akzep­tanz im Team streicht sie vor allem die Ein­bin­dung in OP-Tätig­kei­ten her­vor. „Immer dür­fen zwei von uns mit in den OP, dadurch sieht man viele Ein­griffe, man bekommt viel erklärt und man darf am Ende auch bei klei­ne­ren Sachen mit­hel­fen oder nähen.“ Alle Ärzte seien zudem sehr moti­viert, etwas zu erklären.

Die posi­ti­ven Erfah­run­gen auf der Sta­tion brin­gen bei den Jun­gen, die hier ihr Herz für die Gynä­ko­lo­gie ent­de­cken, manch­mal schon gefasste Kar­rie­re­pläne ins Wan­ken. Eine Erfah­rung, die Bar­bara Maier nicht fremd ist: Die erst vierte Frau, die im 20. Jahr­hun­dert in der Salz­bur­ger Lan­des­kli­nik zur Fach­ärz­tin für Frau­en­heil­kunde aus­ge­bil­det wurde, wollte ursprüng­lich Psych­ia­te­rin wer­den – ehe sie das Ange­bot bekam, in der Gynä­ko­lo­gie zu blei­ben. Nun erfährt die Gynä­ko­lo­gie und Geburts­hilfe auch im Spi­tal durch Maier und ihr Team noch wei­te­ren Zulauf.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 5 /​10.03.2019