Aktu­elle Stu­die: Armut macht krank

25.11.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK


Kin­der aus armuts­ge­fähr­de­ten Fami­lien sind über­pro­por­tio­nal häu­fig chro­nisch krank, ernäh­ren sich schlech­ter und sind öfters über­ge­wich­tig.

Sophie Nie­denzu

„Wir brau­chen einen brei­ten Kon­sens, dass rich­tige Ernäh­rung auf der gesund­heits­po­li­ti­schen Agenda ganz oben steht, z.B. durch die Ver­pflich­tung für gesunde Schul­buf­fets“, ist ein Aus­zug aus dem umfang­rei­chen ÖÄK- For­de­rungs­ka­ta­log an die zukünf­tige Regie­rung. Ein­mal mehr hat die ÖÄK dort auf die Wich­tig­keit von Prä­ven­tion und recht­zei­ti­ger Inter­ven­tion bei krank­haf­tem Über­ge­wicht im Kin­der- und Jugend­al­ter hin­ge­wie­sen. Das hoch aktu­elle Thema wird nun mit einer Online-Befra­gung unter 500 Ärz­ten, die von der Volks­hilfe Öster­reich und der Wie­ner Ärz­te­kam­mer durch­ge­führt wurde, unter­mau­ert: Sie zeigt, dass schlechte Ernäh­rung und Über­ge­wicht beson­ders bei armuts­ge­fähr­de­ten Kin­dern ver­brei­tet sind. „Die armen Kin­der von heute sind die chro­nisch Kran­ken von mor­gen“, sagt Tho­mas Sze­ke­res, Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen und der Wie­ner Ärz­te­kam­mer. Die Umfrage habe gezeigt, dass Kin­der, die in Armut leben, öfter erkran­ken, ver­mehrt Ent­wick­lungs­stö­run­gen zei­gen, zu einer schlech­ten Ernäh­rung nei­gen, öfters adi­pös sind und Fol­ge­er­kran­kun­gen wie Dia­be­tes oder Hal­tungs­schä­den auf­wei­sen. Sie ster­ben um fünf bis acht Jahre frü­her als die Durch­schnitts­be­völ­ke­rung und sind stär­ker sui­zid­ge­fähr­det. Acht von zehn befrag­ten Ärz­ten gaben an, dass Kin­der aus armuts­ge­fähr­de­ten Fami­lien häu­fi­ger an man­geln­der kör­per­li­cher Fit­ness lei­den. Es zei­gen sich ver­mehrt psy­cho­so­ma­ti­sche Sym­ptome wie ver­min­derte Kon­zen­tra­ti­ons­fä­hig­keit, erhöhte Müdig­keit, Ner­vo­si­tät, Aggres­si­vi­tät oder depres­si­ves Ver­hal­ten. Außer­dem beob­ach­te­ten sechs von zehn Ärz­ten in ihrer Pra­xis, dass arme Kin­der öfter an chro­ni­schen Krank­hei­ten leiden.Prävention im Fokus­Wich­tige Maß­nah­men seien laut den befrag­ten Ärz­ten Bewusst­seins­bil­dung in der Schule, bei­spiels­weise Kurse zu gesun­der Ernäh­rung und Bewe­gung, Bera­tung für Erzie­hungs­be­rech­tigte, um die Gesund­heits­prä­ven­tion zu för­dern sowie eine aus­rei­chende finan­zi­elle Aus­stat­tung von armuts­ge­fähr­de­ten Fami­lien. Inves­ti­tio­nen ins Gesundheitswesen„Im Sinne eines sozia­len Gesund­heits­sys­tems für alle ist die Poli­tik gefor­dert, mehr in Krank­heits­prä­ven­tion und Gesund­heits­för­de­rung zu inves­tie­ren”, appel­liert Sze­ke­res an die zukünf­tige Regie­rung. „Nicht ein­mal sechs Pro­zent der Gesund­heits­aus­ga­ben sind für Kin­der, obwohl sie 20 Pro­zent der Gesamt­be­völ­ke­rung aus­ma­chen“, kri­ti­siert er und ver­weist auf die seit län­ge­rem bestehende For­de­rung der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer, die Gesund­heits­aus­ga­ben pro Kopf in Öster­reich zu erhö­hen und auf einen ver­gleich­ba­ren Stand mit der Schweiz oder Deutsch­land anzu­he­ben. Mit­tel­fris­tig sei eine Erhö­hung des BIP-Anteils im Gesund­heits­we­sen auf 12 Pro­zent­not­wen­dig, so der ÖÄK-Präsident.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 22 /​25.11.2019