BKNÄ: Neue Zahlen zeigen: Ärztemangel verschärft sich in Österreich rapide

25.01.2019 | Aktuelles aus der ÖÄK


Eine aktuelle Auswertung der Altersstatistik von 18.287 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten zeigt den Ist-Zustand, die Prognose und den Nachbesetzungsbedarf. ÖÄK-Vizepräsident Johannes Steinhart fordert einen politischen Gipfel zur Behebung des Ärztemangels und seiner dramatischen Auswirkungen.
Sascha Bunda

„Der Ärztemangel in Österreich verschärft sich spürbar und messbar von Jahr zu Jahr“, so Johannes Steinhart, Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der ÖÄK. „Unsere Auswertung der aktuellen Altersstatistik der 18.287 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten mit Stand Dezember 2018 zeigt: Es drohen in den kommenden Jahren dramatische zahlenmäßige Einbrüche in der ärztlichen Gesundheitsversorgung. Und es ist aus heutiger Sicht aussichtslos, diesen Bedarf auch nur annähernd zu decken, wenn nicht rasch und entschlossen gehandelt wird. Das gilt sowohl für Allgemeinmediziner als auch für Fachärzte, sowohl für Kassenärzte als auch für Wahlärzte.“

Heute gibt es die höchste Alters-Konzentration bei niedergelassenen Ärzten mit einem Lebensalter um die 56-58. In zehn Jahren werden fast die Hälfte aller niedergelassenen Ärzte das Pensionsantrittsalter erreicht haben. „Den mittelfristigen jährlichen Nachbesetzungsbedarf haben wir mit 938 niedergelassenen Ärzten errechnet“, so Steinhart. Das ist die Anzahl zusätzlicher niedergelassener Ärzte, die zur Aufrechterhaltung des Status quo in fünf Jahren benötigt werden, um die pensionsbedingten Abgänge zu kompensieren. „Allerdings sind wir weit davon entfernt, diesen Bedarf decken zu können. 2017 gab es an den öffentlichen Universitäten 1665 Absolventen eines Medizinstudiums, und wir wissen, dass um die 40 Prozent davon nicht in Österreich als Ärzte arbeiten werden“, sagt Steinhart. Verschärfend kommt zu diesen Berechnungen noch dazu, dass der Ärztebedarf in Zukunft steigen wird, weil die Bevölkerung wächst und älter und somit betreuungsintensiver wird.

Dramatische Situation bei GKK-Ärzten

Dramatisch ist die Situation bei den 7.099 Ärzten mit GKK-Vertrag: Von den Allgemeinmedizinern mit GKK-Vertrag wird jeder 2. in 10 Jahren das Pensionsalter erreicht haben, von den Fachärzten 60 Prozent. Besonders alarmierend sei hier das sukzessive Ausbleiben des Nachwuchses, zumal der mittelfristigen Nachbesetzungsbedarf 434 GKK-Ärzte pro Jahr beträgt. Steinhart: „Diese düstere Perspektive bekräftigt einmal mehr unsere Forderungen, dass die Rahmenbedingungen der kassenärztlichen Tätigkeit deutlich attraktiver werden müssen, damit sich junge Ärzte wieder für einen Kassenvertrag entscheiden.“

Wahlärzte: wenig Anlass zu Optimismus

„Auch die Entwicklung bei den Wahlärzten bietet wenig Anlass zu Optimismus“, so Steinhart. Von den heute praktizierenden 10.099 Wahlärzten erreichen in den nächsten 10 Jahren fast 42 Prozent das Pensionseintrittsalter, und bei den Jüngeren sind die Zahlen rückläufig.

Fakten als Basis für Gegenmaßnahmen

„Diese alarmierenden Fakten sollen der Politik eine konkrete Grundlage für wirksame Gegenmaßnahmen bieten und gewinnen vor dem Hintergrund der ‚Kassenreform‘ und der zu gründenden ‚Österreichischen Gesundheitskasse‘ zusätzliche Aktualität“, sagt Steinhart. Dringend nötig seien gemeinsame Anstrengungen aller betroffenen Ministerien und Interessensvertretungen: „Es muss ein Paket geschnürt werden, das dafür sorgt, dass nicht nur ausreichend viele Ärzte ausgebildet werden, sondern dass diese auch in Österreich bleiben“, fordert Steinhart. „Wir brauchen dringend einen lösungsorientierten politischen Gipfel zur Behebung des Ärztemangels und seiner dramatischen Auswirkungen. Die Ärztekammer ist dabei sehr gerne ein Teil der Lösung.“

Diese Seiten stehen unter der redaktionellen Verantwortung von Michael Heinrich, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Österreichischen Ärztekammer.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2019