Standpunkt – Präs. Thomas Szekeres: Krank reden hilft auch nicht weiter

25.01.2018 | Standpunkt

© Bernhard Noll

Wer Vergleiche anstellt, sollte immer ein ganz besonderes Augenmerk darauf legen, was man eigentlich miteinander vergleicht. Das gilt ganz generell und im Besonderen dann, wenn es um die Erfassung von Leistungen, die dafür notwendigen Ressourcen und den Output, der damit erzielt wird, geht.

Für den Gesundheitsbereich liefert der jährlich von der OECD erstellte Bericht Health at a Glance eine entsprechende Übersicht. Neben Daten über den Gesundheitszustand der Bevölkerung und Risikofaktoren für die Gesundheit uvm. werden auch die Gesundheitsausgaben erfasst.

Eines der am häufigsten ins Treffen gebrachten Argumente im Hinblick auf das österreichische Gesundheitswesen ist ja jenes, dass in diesem Bereich sehr viel Geld ausgegeben wird, die Österreicher im Gegenzug aber die letzten Lebensjahre nicht in ähnlich guter Gesundheit verbringen wie Menschen in vielen anderen Ländern.

Laut aktuellem OECD-Bericht betrugen die Gesundheitsausgaben in Österreich im Jahr 2016 10,4 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt. Österreich liegt damit ganz klar hinter Deutschland, das 11,3 Prozent vom BIP aufwendet, auch hinter der Schweiz – hier sind es 12,4 Prozent vom BIP und Holland, das 10,5 Prozent vom BIP fürGesundheit aufwendet. Wir geben also für die Gesundheit weniger aus als Deutschland und die Schweiz – bei einer mit diesen Ländern vergleichbaren Lebenserwartung. Und wenn es auch andauernd gegenteilig berichtet wird, ist anhand dieses Berichts ganz klar: Die Gesundheitsausgaben in Österreich sind nicht explodiert.

Bei den gesunden Lebensjahren schneidet Österreich im Vergleich zu anderen eher bescheiden ab. Wir liegen hier hinter Polen, Rumänien und Ungarn. Die Erklärung dafür ist einfach: Nicht nur, dass es sich hier um eine subjektive Einschätzung der Befragten handelt, hängen solche Ergebnisse ganz maßgeblich von der Fragestellung ab. Daraus nun die Schlussfolgerung zu ziehen, dass in Österreich die Gesundheitsversorgung schlechter ist, ist nicht zulässig. Vielmehr bedeutet das ja, dass wir ganz generell einen sehr hohen Versorgungsstandard haben und schon geringe Mängel als Minderung wahrnehmen. Es existiert also vielmehr eine andere subjektive Befindlichkeit. Auf gut österreichisch: Wir jammern einfach auf einem hohen Niveau.

Meine Kritik, dass man schon vor einigen Jahren im Zuge einer sogenannten Gesundheitsreform die Gesundheitsausgaben an das BIP gekoppelt hat, bleibt unverändert aufrecht. Welchen Sinn das macht, konnte mir bislang niemand schlüssig erklären. Wie auch? Die Gesundheit von Menschen hängt nicht von der Wirtschaftsleistung ab. Vielmehr spielt hier die demographische Situation einer immer älter werdenden Bevölkerung eine maßgebliche Rolle – sind doch ältere Menschen naturgemäß häufiger krank.

Eines muss man all jenen, die glauben, dass man im Gesundheitsbereichsparen kann, aber schon klar sagen: Mit weniger Geld für Gesundheit wird man nicht mehr Medizin und medizinische Versorgung haben. Das sollte die Politik auch einmal klar sagen.

Denn mit dem Geld, das wir derzeit im Gesundheitsbereich ausgeben, erhalten kranke Menschen in Österreich sehr niederschwellig diejenige medizinische Betreuung, die sie benötigen. Und das ist gut so.

a.o. Univ.-Prof. Thomas Szekeres
Präsident der Österreichischen Ärztekammer


© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2018