Weis­ser Ring: Hilfe für Verbrechensopfer

25.02.2018 | Politik


Für Opfer von Gewalt­ver­bre­chen bie­tet der „WEISSE RING“ anonym und kos­ten­los Bera­tung. Dar­über hin­aus gibt es Unter­stüt­zung in viel­fäl­ti­ger Weise. Nicht nur nie­der­ge­las­sene Ärzte son­dern auch in Spi­tals­am­bu­lan­zen tätige Ärzte sind für Gewalt­op­fer oft die erste Anlauf­stelle. Von Agnes M. Mühlgassner

Oft gehe es in einem Erst­ge­spräch darum, die Frage zu klä­ren: „Bin ich ein Gewalt­op­fer?“, berich­tet Hon. Prof. Udo Jesio­nek, Prä­si­dent des Weis­sen Rings, aus dem All­tag. Denn: „Viele Opfer von kri­mi­nel­ler Gewalt wis­sen gar nicht, dass es den Weis­sen Ring gibt und dass sie bei uns kos­ten­los und anonym Hilfe in viel­fäl­ti­ger Weise bekommen.“

1978 gegrün­det, stellt der Weisse Ring öster­reich­weit die größte Opfer­hilfe-Orga­ni­sa­tion dar. Ziel des Ver­eins ist es, Opfern von kri­mi­nel­ler Gewalt zu hel­fen: Dabei geht es um den Zugang sowie die Inan­spruch­nahme von Unter­stüt­zun­gen in psy­cho­lo­gi­scher, juris­ti­scher und auch finan­zi­el­ler Hin­sicht. Ebenso geht es auch um die Erfor­schung der Ursa­chen von kri­mi­nel­ler Gewalt und die För­de­rung von Maß­nah­men, die Ver­bre­chen vorbeugen.

Rund um die Uhr

Opfer von Gewalt­ver­bre­chen kön­nen Mit­ar­bei­ter des Weis­sen Rings unter der kos­ten­lo­sen Ruf­num­mer 0800 112 112 anonym rund um die Uhr errei­chen. Zunächst erfolgt die Bera­tung durch einen Juris­ten oder Psy­cho­lo­gen und Unter­stüt­zung bei den wei­te­ren not­wen­di­gen Schrit­ten. Dazu zäh­len etwa psy­cho­lo­gi­sche und orga­ni­sa­to­ri­sche Hilfe wie die Beglei­tung bei Behör­den­we­gen oder zu ande­ren Hilfs­ein­rich­tun­gen. Kommt es zu einer Gerichts­ver­hand­lung, wird kos­ten­lose juris­ti­sche Pro­zess­be­glei­tung durch einen Rechts­an­walt und auch psy­cho­so­ziale Pro­zess­be­glei­tung ange­bo­ten. Im Akut­fall gibt es auch mate­ri­elle Unter­stüt­zung in Form von Ein­kaufs-Gut­schei­nen, Ein­mal­hil­fen oder zins­lo­sen Darlehen.

Kon­krete Hilfe

Spe­zi­ell ältere Men­schen hät­ten oft nach einem Über­fall – wenn sie bei­spiels­weise zuvor auf der Bank Geld beho­ben haben – schwer trau­ma­ti­siert. Da in vie­len Fäl­len Bezugs­per­so­nen nicht (mehr) vor­han­den sind, „sind sie mit die­ser Situa­tion oft auf sich allein gestellt und völ­lig über­for­dert“, berich­tet Jesio­nek aus der Pra­xis. Eine beson­dere Stel­lung in die­sem Zusam­men­hang komme Ärz­ten zu – und zwar sowohl nie­der­ge­las­se­nen Ärz­ten als auch jenen Ärz­ten, die in den Spi­tals­am­bu­lan­zen oft­mals die erste Anlauf­stelle für Gewalt­op­fer dar­stel­len. „Wegen des Ver­trau­ens­ver­hält­nis­ses zwi­schen Arzt und Pati­ent kommt den Ärz­ten hier eine beson­dere Stel­lung zu“, betont Jesio­nek. Sie könn­ten ver­mit­telnd ein­grei­fen und den Kon­takt zum Weis­sen Ring her­stel­len. So waren es bei­spiels­weise Mit­ar­bei­ter des Weis­sen Rings, die die Zeu­gen des Mor­des am Brun­nen­markt in Wien­be­treut haben (ein psy­chisch kran­ker Vor­be­straf­ter hat im Mai 2016 eine 54-jäh­rige Frau mit einer Eisen­stange erschla­gen; Anm.).

Finan­ziert wird der Weisse Ring durch öffent­li­che För­de­run­gen, Mit­glieds­bei­träge, Spen­den und Erlöse aus Ver­las­sen­schaf­ten. In ganz Öster­reich sind rund 300 frei­wil­lige Mit­ar­bei­ter unent­gelt­lich tätig, wie der seit 1991 als Prä­si­dent des Ver­eins­fun­gie­rende Jesio­nek erklärt. „Ohne die finan­zi­elle Unter­stüt­zung der Spon­so­ren wäre es gar nicht mög­lich, dass wir hel­fen.“ Eine Liste all jener Per­so­nen und Insti­tu­tio­nen, die hier finan­zi­ell unter­stüt­zen, fin­det sich unter www.weisser-ring.at – dar­un­ter auch die Bas­tel­gruppe Jus­tiz­an­stalt Kar­lau. Wie ist es dazu gekom­men? „Das geht auf die Initia­tive eines Pfar­rers zurück, der die Lang­zeit-Häft­linge betreut. Er hat sie dazu moti­viert, sich an den Bas­tel­ar­bei­ten für den Bazar zu betei­li­gen“, berich­tet Jesio­nek. Und: „Der Erlös aus dem Ver­kauf kommt dem Weis­sen Ring zugute.“

Opfer­not­ruf: Unter der kos­ten­lo­sen Tele­fon­num­mer 0800 112 112 steht rund um die Uhr kos­ten­los Hilfe zur Verfügung.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 4 /​25.02.2018