Krankenanstalten-Arbeitszeitengesetz: Neuerungen 2018

25.01.2018 | Politik


Mit 1.1.2018 ist die erste Stufe der Reduktion der KA-AZG Arbeitszeithöchstgrenzen in Kraft getreten. Diese betrifft die höchstzulässige Wochendurchschnittsarbeitszeit bei Vereinbarung verlängerter Dienste sowie die Maximaldauer verlängerter Dienste. Von Lukas Stärker*

Die genannten Änderungen sind seit mehr als drei Jahren bekannt. Die diesbezügliche KAAZG Novelle wurde im Herbst 2014 beschlossen, um einem von der EUKommission angedrohten Vertragsverletzungsverfahren zu entgehen.

Wöchentliche Durchschnittsarbeitszeit

Hauptkritikpunkt der EU-Kommission an der österreichischen Regelung war 2014 die zu lange Durchschnittsarbeitszeit pro Kalenderwoche. Diese konnte – sofern mittels Betriebsvereinbarung vereinbart und bei Zustimmung der Vertreter der betroffenen Dienstnehmer – bis zu 60 Stunden pro Woche betragen.

Nunmehr gilt folgende Regelung: Die wöchentliche Durchschnittsarbeitszeit konkreter Dienstnehmer darf bis 30.6.2021 nur dann 48 Stunden überschreiten, wenn

1. durch Betriebsvereinbarung beziehungsweise im Einvernehmen mit der Personalvertretung länger als 48-stündige wöchentliche Durchschnittsarbeitszeiten zugelassen wurden, wobei in dieser Vereinbarung ein konkretes Stundenausmaß enthalten sein muss. Diesfalls darf die wöchentliche Durchschnittsarbeitszeit seit 1.1.2018 und bis zum 30.6.2021 maximal 55 Stunden betragen und wenn zusätzlich

2. die Vertreter der betroffenen Dienstnehmer dieser Vereinbarung zugestimmt haben, das heißt mit ihnen das Einvernehmen hergestellt wurde und wenn zusätzlich

3. dieser einzelne Dienstnehmer
– im Vorhinein und
– schriftlich
– zugestimmt hat, pro Woche im Durchschnitt länger als 48 Stunden zu arbeiten, wobei in dieser Vereinbarung ein konkretes Stundenausmaß enthalten sein muss, das seit 1.1.2018 und bis zum 30.6.2021 maximal 55 Stunden betragen darf.

Die Durchschnittsarbeitszeit dieser Dienstnehmer pro Woche darf maximal so hoch sein wie in ihrer jeweiligen Zustimmungserklärung enthalten, sofern dieser Wert innerhalb des durch die Betriebsvereinbarung beziehungsweise Vereinbarung mit der Personalvertretung vorgegebenen Rahmens enthalten ist und dieser Rahmen wiederum § 4 Abs 4b KA-AZG entspricht. Mit anderen Worten: Die Betriebsvereinbarung muss rechtsgültig zustande gekommen sein und der in der Zustimmungserklärung enthaltene Wert muss sich innerhalb dieses Rahmens befinden.

Diese dem österreichischen Arbeitsrecht an sich systemfremde Übergangsregelung erfolgte auf Basis von Art 22 der EU-AZ-RL 2003/88 („Einzel-Optout“). Um den Arbeitnehmerschutz nicht vollständig zu konterkarieren, wurde sie lediglich befristet und ausschließlich in Kombination mit einer Betriebsvereinbarung beziehungsweise Vereinbarung mit der Personalvertretung zur Anwendung gebracht. Ab 1.6.2021 beträgt die maximal zulässige Durchschnittsarbeitszeit dann generell 48 Stunden pro Woche.

Die wöchentliche Maximal-Arbeitszeitgrenze im Fall der Zulassung von verlängerten Diensten durch Betriebsvereinbarung und bei Zustimmung der Vertreter der Betroffenen von maximal 72 Stunden pro Woche wird von der EU-AZ-RL 2003/88 nicht tangiert und bleibt daher unverändert aufrecht.

Zustimmungserklärung erforderlich

Nichts geändert hat sich seit Jahresbeginn an der Erforderlichkeit und am Modus der Zustimmungserklärungen für länger als 48-stündiges Arbeiten im Wochenschnitt. Diesfalls sind folgende sechs Punkte zu beachten:

1. Zustimmungserklärungen haben stets schriftlich zu erfolgen. Mündliche Zustimmungserklärungen sind nicht vorgesehen und daher unwirksam und nicht relevant.

2. Eine Zustimmung zu mehr als 48-stündigen Durchschnittsarbeitszeiten darf nur im Vorhinein erfolgen. Lediglich die Zustimmung, bei außergewöhnlich und unvorhersehbaren Fällen länger als 48 Stunden im Schnitt zu arbeiten, kann ex ante oder ex post erfolgen.

3. Eine schriftliche Zustimmung des einzelnen Dienstnehmers darf nicht im Zusammenhang mit der Begründung des Dienstverhältnisses stehen beziehungsweise erfolgen.

4. Bereits erteilte schriftliche Zustimmungserklärungen können wie folgt schriftlich widerrufen werden: Mit einer Vorankündigungsfrist von acht Wochen
a) für den nächsten Durchrechnungszeitraum oder
b) bei einem Durchrechnungszeitraum von mehr als 17 Wochen auch für den nächsten 17 Wochen-Zeitraum oder verbleibenden kürzeren Zeitraum. Der Widerruf gilt dann so lange, bis keine anderslautende Willenserklärung des einzelnen Dienstnehmers erfolgt.

5. § 11 Abs 2 KA-AZG enthält zugunsten der Dienstnehmer folgendes Diskriminierungsverbot:
Dienstgeber dürfen Dienstnehmer, die einer Verlängerung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit nicht zustimmen oder ihre Zustimmung widerrufen haben, gegenüber anderen Dienstnehmern nicht benachteiligen. Dieses Diskriminierungsverbot betrifft insbesondere sämtliche Arbeitsbedingungen, die Verlängerung von Dienstverhältnissen, Entgeltbedingungen, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, Aufstiegschancen und Beendigung des Dienstverhältnisses.

6. Dienstgeber müssen ein aktuelles Verzeichnis jener Dienstnehmer führen, die einer Verlängerung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit schriftlich zugestimmt haben. Bei Widerruf ist der Dienstnehmer aus dem Verzeichnis zu streichen. Diesem Verzeichnis sind Ablichtungen der Zustimmungserklärungen beizulegen.

Verlängerter Dienst:
Reduktion der Maximaldauer

Per Jahresbeginn wurde auch die Maximaldauer eines verlängerten Dienstes von Ärzten und Apothekern gekürzt: Die Dauer eines verlängerten Dienstes darf – sofern rechtskonform zugelassen -,
• seit 1.1.2018 und bis zum 31.12.2020 für alle verlängerten Dienste 29 Stunden und
• ab 1.1.2021 25 Stunden nicht überschreiten.
32 und 49 Stundendienste sind daher seit Jahresbeginn 2018 nicht mehr zulässig. Auch diese Reduktion wurde bereits im Herbst 2014 beschlossen.

Fazit und Ausblick

Dass im Bereich des KA-AZG Handlungsbedarf hinsichtlich der Herstellung von EU-konformen Regelungen bestand, ist seit vielen Jahren bekannt. Dennoch bedurfte es eines Anstoßes „von außen“ – konkret von der EU-Kommission –  um 2014 den notwendigen Druck für eine Novellierung zu erzielen. Seit Jahresbeginn 2018 ist nun die erste Stufe der Reduktionen verbindlich. Weitere, einmal bis Anfang, einmal bis Mitte 2021 geltende Übergangsregelungen federn die Umstellung ab.

Die politische Entwicklung im Bereich der Arbeitszeitregelungen in Krankenanstalten bleibt insofern spannend, als das Regierungsprogramm der neuen Bundesregierung auf Seite 116 unter der Überschrift „Rahmenbedingungen im Gesundheitssystem verbessern“ u.a. den Punkt „Adaptierung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes“ enthält. Da dieser Punkt vom Regierungsprogramm nicht weiter konkretisiert wird, ist wohl davon auszugehen, dass unter einer Verbesserung der Rahmenbedingungen hier die verschiedenen Akteure unterschiedliches herauslesen beziehungsweise erwarten werden. Hier ist – insbesondere, da man an einem Opt out bei länger als 48-stündiger Durchschnittsarbeitszeit EU-rechtlich nicht vorbeikommt – eine sensible, konsensorientierte Vorgangsweise gefragt, da ein Druck von Seiten der Dienstgeber wohl eine geringere Opt out-Bereitschaft zur Folge hätte.

*) Dr. Lukas Stärker ist Kammeramtsdirektor der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2018