kurz & informativ: Medizinische Kurzmeldungen

10.03.2018 | Medizin

Stammzell-Transplantation gegen Multiple Sklerose

Chronische Entzündungsherde, die bei Multipler Sklerose im Hirn und Rückenmark entstehen, konnten Forscher bei Mäusen abschwächen. Dazu programmierte ein Team um Frank Edenhofer vom Institut für Molekularbiologie der Uni Innsbruck zunächst Hautzellen von Mäusen zu neuronalen Stammzellen um und transplantierte sie ins ZNS der Tiere. Sie beobachten, dass daraufhin die Succinatmenge – es verstärkt Entzündungsreaktionen – in der Rückenmarksflüssigkeit sank. Durch die lokale Senkung des Succinat-Gehalts wurden Entzündungen und die damit zusammenhängenden Gehirn- und Rückenmarkschäden gemindert. Dies funktionierte auch mit neuronalen Stammzellen aus menschlichen Hautzellen. Da sie vom Immunsystem als eigene Zellen erkannt werden, rufen sie auch keine zusätzliche Entzündungsreaktion hervor. APA/Cell Stem Cell


Hoher Alkoholkonsum erhöht Demenz-Risiko

Anhand der Daten von mehr als 57.000 Fällen von vorzeitiger Demenz bei Patienten aus französischen Krankenhäusern haben Forscher des Forschungszentrums Inserm und Translational Health Economics Network (THEN) den Zusammenhang zwischen regelmäßigem Alkoholkonsum und Demenz untersucht. Demnach ließen sich 39 Prozent der Fälle von Hirnschäden auf übermäßigen Alkoholkonsum zurückführen. Bei 18 Prozent wurde neben der vorzeitigen Demenz zumindest auch übermäßiger Alkoholkonsum festgestellt. Durch übermäßigen Alkoholkonsum verdreifacht sich das Risiko für alle Demenz-Formen. „Chronisches starkes Trinken“ bedeutet laut WHO bei Männern mehr als 60 Gramm reiner Alkohol pro Tag und bei Frauen mehr als 40 Gramm pro Tag.
APA/Lancet Public Health

Essgeschwindigkeit beeinflusst Gewicht

Forscher um Yumi Hurst und Haruhisa Fukuda von der Kyushu University in Fukuoka (Japan) haben anhand der Daten von rund 60.000 Menschen über 40 Jahren untersucht, wie sich die Essgeschwindigkeit auf das Gewicht auswirkt. Alle Teilnehmer waren Diabetiker, die medizinische Check-ups durchliefen und in Fragebögen ihr Essverhalten beurteilten. Danach wurden sie in langsam, normal und schnell Essende eingeteilt. Unter Berücksichtigung von Einflussfaktoren wie Alter oder Medikamenteneinnahme ermittelten die Forscher, dass jene, die in normaler Geschwindigkeit essen, ein um 29 Prozent reduziertes Risiko haben, krankhaftes Übergewicht zu entwickeln als jene, die schnell essen. Wer langsam isst, ist um 42 Prozent weniger gefährdet. „Das Ergebnis ist grundsätzlich plausibel, allerdings wird man die Stärke des Effekts relativieren müssen“, so Stefan Kabisch vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam. Eine große Schwäche der Studie liegt laut Kabisch darin, dass Angaben zur Art des Essens oder zur sportlichen Aktivität der Teilnehmer fehlen. APA/British Medical Journal


Chloridionen-Transporter sichern Cholera-Bakterien das Überleben

Wissenschafter der Universität Graz haben untersucht, wie beispielsweise Vibrio cholerae in Magen überleben und den Darm kolonisieren können. Mithilfe eines Monitoringsystems konnten sie die Unterschiede in der Genregulation im Lebenszyklus des Cholera- Erregers festhalten. Dabei fanden sie rund 100 Gene, die nach der oralen Aufnahme durch den Wirt niederreguliert wurden. Im Mausmodell zeigte sich, dass vor allem der Chloridionen-Transporter für das Überleben des Bakteriums im Magen des Wirten notwendig ist: Er dient zur Entgiftung von Chloridionen und schützt vor der Säure. Im alkalischen Milieu des Darms stört er dann aber das Gleichgewicht des Bakteriums. „Es hat sich gezeigt, dass das Bakterium den Darm nicht kolonisieren kann, wenn dieser Faktor nicht ausgeschaltet wird“, so Stefan Schild vom Institut für Molekulare Biowissenschaften Graz. Dies könnte ein Ansatz gegen Cholera sein. Allerdings muss zunächst der Kontrollmechanismus geklärt werden. APA/PNAS


Erstmals Teilung von Stammzellen im Gehirn beobachtet

Forscher der Universität Zürich haben erstmals die Teilung von Stammzellen und die Neubildung von Neuronen im Hippocampus von erwachsenen Mäusen beobachtet. Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass sich Neuronen nur während der embryonalen Entwicklung bilden. Das Team um Sebastian Jessberger vom Institut für Hirnforschung konnte nun mithilfe der genetischen Markierung von Stammzellen über Monate hinweg sehen, wie diese sich teilen. Dabei teilten sich die meisten nur wenige Male, bevor sie sich in Neuronen differenzierten. Dies könnte erklären, warum sich die Anzahl von neu gebildeten Neuronen im Alter verringert. Die Forscher sehen einen möglichen Therapieansatz für Erkrankungen wie M. Alzheimer. Um die Neubildung im Detail zu verstehen, sind weitere Experimente nötig. APA/Science


Geburt: WHO für weniger medizinische Interventionen

Die WHO wendet sich gegen den Trend zu immer mehr medizinischen Interventionen während der Geburt; in vielen Fällen sei das überflüssig und könne Mutter oder Kind gefährden. So ist laut ihren neuen Richtlinien für Geburten der Einsatz von Wehenmitteln zur Beschleunigung der Geburt oder auch der automatische Anschluss an einen Wehenschreiber oft nicht nötig. APA

FSME-Impfung macht nicht anfälliger für Zika

Forscher um den österreichischen Virologen Florian Krammer von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York haben untersucht, ob eine vorangegangene FMSE-Impfung anfälliger für eine Zika-Infektion macht; beide gehören zur Gattung der Flaviviren. Bekannter weise kann sich das Vorhandensein von Antikörpern gegen Flaviviren, wie etwa nach einer Dengue-Virusinfektion, negativ auf spätere Erkrankungen mit anderen Vertretern der Viren-Gruppe auswirken. Die Forscher untersuchten 50 Blutproben von Österreichern, die gegen den zentraleuropäischen Stamm des FSME-Erregers („Stamm Neudörfl“) geimpft wurden. Im Labor wie im Maus-Modell zeigte sich keine erhöhte Anfälligkeit für das Zika-Virus in Anwesenheit von Antikörpern gegen diesen FSME-Erreger. APA/mSphere – Therapeutics and Prevention


Multiresistenter Typhus-Erreger

Wissenschafter des britischen Genomforschungsinstituts Wellcome Sanger haben in einer Gen-Analyse den multiresistenten Erregerstamm der in Pakistan herrschenden Typhus- Epidemie identifiziert. Demnach ist der Stamm H58 durch eine Mutation gegen fünf Antibiotika resistent geworden. Laut Forschern der pakistanischen Aga-Khan-Universität breitet sich der erstmals im November 2016 im pakistanischen Hyderabad aufgetretene Erreger aus. In diesem Gebiet sind in einem zehnmonatigen Intervall zwischen 2016 und 2017 mehr als 800 Fälle aufgetreten. APA

Antidepressiva im Vergleich

In einer von Wissenschaftern aus der Schweiz, Großbritannien und Japan durchgeführten Meta-Analyse wurde die Wirksamkeit der 21 weltweit am häufigsten verschriebenen Antidepressiva verglichen. Die 522 klinischen Studien, die zwischen 1979 und 2016 durchgeführt wurden, enthalten die Angaben von insgesamt 116.477 Patienten. Dabei stellte das Team um Georgia Salanti und Matthias Egger vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern fest, dass alle 21 Antidepressiva besser wirken als Placebo. Dennoch sind Wirksamkeit und Verträglichkeit unterschiedlich: Einige Antidepressiva wirken besser und zeigen gleichzeitig seltener unerwünschte Nebenwirkungen. „Obwohl die Unterschiede zwischen Antidepressiva klein sind, sind sie klinisch signifikant und sollten bei Behandlungsentscheidungen berücksichtigt werden“, so Egger. APA/The Lancet

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2018