Kurz und informativ

10.10.2018 | Medizin


HIV-Impfstoff: ein Schritt näher

Etwa einer von 100 HIV-Infizierten produziert ganz spezielle Antikörper, die gegen die meisten HI-Virusstämme wirken, indem sie diese neutralisieren. Jene Faktoren, die entscheiden, welche Antikörper das Immunsystem eines Betroffenen nun produziert, haben Forscher rund um Alexandra Trkola, Roger Kouyos und Huldtych Günthard von der Universität Zürich untersucht. Grundlage der Studie waren Daten, Blut- und Virusproben von rund 4.500 HIV-Betroffenen, die Teil der Schweizer HIV-Kohortenstudie und der „Zurich Primary HIV Infections Study“ waren. Durch den Vergleich der Erbgutsequenz von Viren, mit denen sich die Betroffenen infiziert hatten, konnten die Wissenschafter 303 „Ansteckungspaare“ bilden – also je zwei Personen mit gleicher Erbgutsequenz. Das heißt: Sie haben sich vermutlich mit dem gleichen Virusstamm infiziert oder eventuell sogar gegenseitig angesteckt. Demnach spielt bei der Menge und Spezifität der Antikörperreaktion das Virus selbst eine entscheidende Rolle. Diese Oberflächenstrukturen zu finden und nachzubauen könnte den Weg zu einem Aids-Impfstoff ebnen. APA/Nature

Elektrodenimplantate: möglicher Durchbruch bei Wirbelsäulenverletzungen

Ärzte der Mayo-Klinik im US-amerikanischen Bundesstaat Minnesota haben einem Patienten, der nach einem Unfall 2013 querschnittgelähmt ist, Elektroden im Rückenmark implantiert und ihm so seine Gehfähigkeit teilweise zurückgegeben. Ein kleines, kabelloses Gerät in der Größe einer Mignon- Batterie wurde dafür unterhalb der Rückenmarksverletzung implantiert, Nerven werden damit stimuliert. Auf diese Weise könne der Patient Befehle für die Bewegungsabläufe und das Gleichgewicht an seine Beine übertragen. Schon wenige Wochen nach der Implantation konnte der Betroffene unterstützt durch ein Korsett erste Schritte machen. Probleme gab es allerdings, da er seine Schritte nicht spüren konnte. Dies überwanden die Forscher insofern, als sie Spiegel auf der Höhe der Knie des Patienten befestigten, mit denen er die Position seiner Beine beim Gehen überprüfen konnte. Studienautor Kendall Lee interpretiert die Ergebnisse so, dass Lähmungen nach Rückenmarksverletzungen nicht zwangsläufig endgültig sind. APA/Nature Medicine

Multiprofessionelle Betreuung erhöht Überlebensrate nach Schenkelhalsfraktur

Kümmert sich ein multiprofessionelles Team aus Unfallchirurgen, Geriatern und Physiotherapeuten nach einer Schenkelhalsfraktur um den Betroffenen, lassen sich rund 4.000 Todesfälle vermeiden. Das haben Forscher im Rahmen einer zweijährigen Untersuchung an rund 55.000 Patienten über 80 Jahren herausgefunden. Die Daten stammen aus insgesamt 841 deutschen Krankenhäusern. So ist in den ersten vier Wochen nach einer Schenkelhalsfraktur das Risiko, an den Folgen zu sterben, in einem Krankenhaus ohne spezielles Management um 22 Prozent höher als in einer Klinik mit multiprofessionellen Teams. Die derzeitige Mortalitätsrate nach einer Oberschenkelhals-Fraktur liegt bei zehn Prozent: etwa ein Fünftel der Patienten hat nach der Operation konstanten Pflegebedarf. APA


Metastasen: meist idente onkogene Mutationen

Die genetische Vielfalt der Metastasen von verschiedenen Krebsarten (Brust-, Darm-, Gebärmutter-, Magen-, Lungen-, Haut-, Pankreas- und Prostatakrebs) hat ein Team rund um die beiden österreichischen Wissenschafter Johannes Reiter von der Stanford University School of Medicine in Kalifornien und Martin Nowak von der Harvard University in Cambridge (Massachusetts) bei 20 Patienten untersucht. Laut den Forschern handelt es sich bei den meisten Metastasen der einzelnen Patienten um dieselben kanzerogenen Mutationen. Dies sei eine gute Nachricht, denn wären Metastasen sehr variabel, hätte man kaum Hoffnung für neue zielgerichtete Therapien. „Typischerweise ist dadurch auch eine einzelne Biopsie ausreichend, um die wesentlichen Informationen eines Krebses zu erfassen“, erklärt Reiter. APA/Science

Neuer Biosensor zur Vereinfachung von Bluttests

Bluttests bei Menschen, die an Phenylketonurie leiden, könnten in Zukunft deutlich vereinfacht werden. Ein Forscherteam um Kai Johnsson von der ETH Lausanne und vom Max Planck-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg hat einen entsprechenden Biosensor entwickelt. Dabei wird die Blutprobe mit einer Reaktionslösung gemischt und auf einen Papierstreifen mit dem Biosensor getropft. Das im Sensor enthaltene Leuchtprotein ändert in Anwesenheit von NADPH, das beim Abbau von Phenylalanin durch ein bestimmtes Enzym entsteht, seine Farbe. Dieses in der Reaktionslösung enthaltene Enzym mache den Test den Aussagen der Forscher zufolge spezifisch. „Um weitere Stoffwechselprodukte im Blut zu messen, müsste man nur das Enzym in der Lösung austauschen“, erklärt Johnsson. Die Wissenschaftler arbeiten an der weiteren Vereinfachung und Automatisierung des Tests, der künftig vom Patienten selbst durchgeführt werden könnte. APA/Science


Neu: Licht gesteuerte Wirkstoffpflaster

Ein Team aus Wissenschaftern der Forschungsanstalt Empa (Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt) und des Adolphe Merkle Instituts der Universität Freiburg arbeitet an der Entwicklung von lichtgesteuerten Wirkstofflieferanten, die in Pflastern zum Einsatz kommen könnten. Die Forscher verwenden dafür Photochrome, die sie in Polymer- Nanokugeln eingebaut und mit Testsubstanzen gefüllt haben. Bei der Bestrahlung mit Licht in entsprechender Wellenlänge ermöglichen die Photochrome das Öffnen der Nanokugeln, worauf die Substanzen in die Umgebung diffundieren. Ändert sich die Wellenlänge, schließt sich die Hülle wieder. „Dadurch ergibt sich ein Spielraum für die gesteuerte Abgabe mehrerer Medikamente oder für komplexe Reaktionskaskaden in einem einzigen Pflaster“, erläutert Luciano Boesel vom Empa-Labor für Biomimetische Membranen und Textilien. In einem nächsten Schritt wollen die Forscher untersuchen, wie sich mit diesem System die Abgabe von Substanzen steuern lässt, die schon für die Anwendung durch die Haut zugelassen sind. APA

IVK-Kinder: erhöhtes Risiko für Hypertonie

Forscher rund um Emrush Rexhaj vom Inselspital Bern haben im Zuge einer Studie herausgefunden, dass durch In-Vitro-Fertilisation (IVF) gezeugte Kinder im Teenager-Alter ein höheres Risiko für Hypertonie haben könnten. Diese Hypothese ergab sich aus dem konkreten Vergleich zwischen den Blutdruckwerten von 54 künstlich gezeugten und 43 natürlich gezeugten Jugendlichen im Alter von 16 Jahren. Demnach wiesen acht Jugendliche der IVFGruppe eine Hypertonie (über 130/80 mmHg) auf; in der Kontrollgruppe war lediglich ein Jugendlicher betroffen. Die Forscher interpretieren dies so, dass IVF der Grund dafür ist. Darunter fällt die Fertilisationsmethode selbst, das Einfrieren überzähliger Embryos sowie das Kultivieren in einer Nährlösung im Brutschrank. APA/Journal of the American College of Cardiology

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2018