9. Landsteiner-Tag Diabetes mellitus: praxisnah und interdisziplinär 

25.09.2018 | Medizin


Diabetes mellitus in seiner ganzen Bandbreite zu erfassen – so lauten Motto und Ziel des diesjährigen Landsteiner-Tages, der Anfang November in Wien stattfindet. Praxisnähe und interdisziplinärer Dialog stehen dabei im Vordergrund.
Lisa Türk

Charakteristisch für Diabetes mellitus sei wohl, dass er „alle medizinischen Disziplinen beschäftigt“, erläutert Univ. Prof. Bernhard Schwarz, Präsident der Karl Landsteiner Gesellschaft. Ziel des 9. Landsteiner-Tages ist es, den aktuellen Stand der Medizin zu Diabetes mellitus aus verschiedensten fachlichen Blickwinkeln wissenschaftlich zu beleuchten – ohne den Patienten dabei aus den Augen zu verlieren. Neue Forschungsergebnisse, innovative und teils alternative Optionen hinsichtlich Prävention, Diagnostik und Therapie sowie Rehabilitationsmaßnahmen sind Teil der Agenda. „An einem einzigen Nachmittag kann man natürlich nicht allzu sehr ins Detail gehen. Dennoch ist es uns ein Anliegen, Diabetes mellitus in seiner gesamten Bandbreite kompakt, tiefgreifend und am Puls der Zeit zu erfassen“, betont Schwarz.

Der Fokus wird dabei besonders auf patientennaher Forschung und interdisziplinärem Austausch liegen. Ärzte aller Fachrichtungen bekommen im Rahmen dieses Forums die Möglichkeit, das tagtägliche Herangehen aus der Praxis zu reflektieren, zu optimieren und so ihren Horizont zu erweitern. An Grenzen zu stoßen komme im ärztlichen Alltag immer wieder vor – diese sollen gemeinschaftlich kritisch und realistisch betrachtet werden. „Auch sehr kompetente und erfahrene Ärzte haben durchaus immer wieder Fragen an Kollegen aus anderen Bereichen“, streicht Schwarz hervor. Der offene und konstruktive Dialog zwischen den Referenten und Teilnehmern aus verschiedenen Instituten und Fachdisziplinen bildet ein Kernelement des Nachmittages. „Miterleben kann ihn jeder, der teilnimmt.“

Sugar Bone Disease

Die aktuellsten Erkenntnisse zur „Sugar Bone Disease“ präsentiert Univ. Prof. Heinrich Resch, Vorstandsmitglied der Karl Landsteiner-Gesellschaft sowie Vorstand der II. Medizinischen Abteilung am Krankenhaus Barmherzige Schwestern in Wien. „Die vorliegenden Erkenntnisse aus groß angelegten Studien mit tausenden Teilnehmern beziehen sich speziell auf Patienten mit Typ 2-Diabetes. Diese weisen im Gegenzug zu Typ 1-Diabetikern durchwegs eine normale, ja sogar erhöhte Knochendichte auf. Gleichzeitig sind sie jedoch mit einem erhöhten Frakturrisiko konfrontiert“, erläutert Resch. Dafür gibt es einige Erklärungsmodelle; die rationellste Erklärung erachtet der Experte im Nachweis von Zuckermolekülen neben Kalziumhydroxylapatit im Knochen. Begründung: Diese Zuckermoleküle entgehen der Knochendichtemessung aufgrund eines bisherigen Mangels an darauf abgestimmten Untersuchungstools. Bioptisch sind sie allerdings nachweisbar. Auffällig ist auch die „strenge Korrelation“ der Frakturhäufigkeit bei Typ 2-Diabetikern mit dem HbA1c-Wert. Aus den Untersuchungen weiß man: Je besser der Diabetes eingestellt ist, umso geringer ist die Frakturgefährdung; je länger der Diabetes besteht, umso höher die Frakturneigung.

Internationale Awareness

Der Mehrwert, den auch Ärzte anderer Disziplinen aus diesen Erkenntnissen ziehen können, ist Resch zufolge „beachtlich“. Denn: „Ärzte aller Fachrichtungen sollten hellhörig werden. Vor allem in der Behandlung von Diabetikern, die ohnehin schon eine genetische Disposition für eine Osteoporose haben oder gestürzt sind, sollte man daran denken, dass ein erhöhtes Risiko einer diabetischen Osteopathie bestehen kann“, so Resch. Selbst dann, wenn die Knochendichtemessung gute bis erhöhte Ergebnisse liefert. Dieser Zusammenhang zwischen einem höheren Frakturrisiko bei Typ 2-Diabetes und Osteoporosegefährdung ist bis dato noch in keiner internationalen Leitlinie verankert. Gemeinsam mit der Österreichischen Diabetesgesellschaft zählt die Karl Landsteiner Gesellschaft zu den bisher wenigen internationalen Zusammenschlüssen, die sich dafür aktiv einsetzen. Denn: Diabetes mellitus sollte als Risikofaktor für Osteoporose in die internationalen Leitlinien mit aufgenommen werden, um allgemein mehr Awareness zu schaffen. Resch betont: „Es ist wichtig, Diabetes auch in der Forschung als multi- und interdisziplinäre Erkrankung wahrzunehmen. Und weiter: „Die Diabetologie sollte Hand in Hand mit vielen anderen Disziplinen gehen, um den Patienten optimal zu versorgen – und zwar ganz nach dem Motto ‚from bench to bedside‘.“

Dieser essentielle Gedanke der interdisziplinären Vernetzung und patientenbezogenen Forschung liegt nicht nur dem 9. Landsteiner-Tag zugrunde, sondern steht auch stellvertretend für die gesamte Karl Landsteiner Gesellschaft mit ihren 64 eigenständig organisierten Instituten. „Forschung, Fortschritt, Förderung“ habe man sich als übergeordnetes Leitbild des gemeinnützigen Vereins gegeben. Der Karl Landsteiner Gesellschaft gehe es vor allem darum, „jungen Medizinern Freude an der Forschung zu vermitteln, mit Freude bei der Arbeit zu sein und voneinander zu lernen“, so Schwarz. Denn wie die Philosophie der Karl Landsteiner Gesellschaft besagt, bilden Qualität, Transparenz, Flexibilität, Innovation, Eigenständigkeit und Praxisnähe die Eckpfeiler dieses interdisziplinären und internationalen Geflechts.

9. Landsteiner-Tag: Details
Dienstag, 6. November 2018,
Registrierung ab 13.30 Uhr, Beginn 14.00 Uhr

Gesellschaft der Ärzte in Wien, Frankgasse 8, 1090 Wien
Anmeldung bis 24. Oktober 2018 erbeten;
telefonisch unter 0676/57 47 532 oder per E-Mail an: sekretariat@karl-landsteiner.at
Die Veranstaltung ist kostenfrei.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 18 / 25.09.2018