Multidisziplinäre Versorgung: Zentrale Rolle muss bleiben

15.07.2018 | Aktuelles aus der ÖÄK


Vor wenigen Wochen haben alle großen europäischen Ärzte-Organisationen ein Statement unterzeichnet, das klar festhält: Auch in einer multidisziplinären Gesundheitsversorgung muss die Hauptverantwortung bei den Ärztinnen und Ärzten bleiben.
Andrea Riedel

Ausgegangen war die Initiative von der UEMS, der Europäischen Vereinigung der Fachärzte. Hintergrund ist die Tatsache, dass es mittlerweile in ganz Europa mehr oder weniger starke Bestrebungen gibt, den ärztlichen Vorbehalt aufzuweichen. Und zwar auf allen Ebenen ärztlicher Tätigkeit.

Die UEMS gilt als überaus starke Ärzte-Organisation. Österreich ist hier in den vordersten Reihen vertreten: Einer der vier UEMS-Vizepräsidenten ist Othmar Haas, Mitglied im Vorstand der Ärztekammer für Kärnten und von 2002 bis 2012 ÖÄK-Präsidiumsmitglied. Haas: „Dass dieses Dokument ein Gebot der Stunde ist, zeigt allein schon die Tatsache, dass sämtliche europäischen Ärzte-Organisationen unterschrieben haben, von den Ärztinnen und Ärzten in Ausbildung bis hin zu den Primarärztinnen und -ärzten. Sogar die Europäische Organisation der Medizinstudierenden hat unterzeichnet.“ Auch die ungewöhnlich rasche Einigung auf einen gemeinsamen Wortlaut zeuge von der Wichtigkeit dieser Initiative.

Im Mai lag die finale Fassung vor, sodass das Dokument noch in der Vorstandssitzung des 137. Österreichischen Ärztekammertags am 25. Mai vorgestellt werden konnte. Auf europäischer Ebene wurde das Dokument mittlerweile dem EU-Parlament und auch der EU-Kommission zur Kenntnis gebracht. 

Unterzeichner-Organisationen: AEMH, CEOM, CPME, EANA, EJD, FEMS, UEMS, UEMO und EMSA (European Medical Students‘ Association).
Link:
www.aerztekammer.at/internationales

Die europäischen Ärzte-Organisationen betonen die Bedeutung der zentralen Rolle von Ärztinnen und Ärzten bei Diagnose, Behandlung und Koodinierung von multidisziplinärer Gesundheitsversorgung.
Hochqualitative Gesundheitsversorgung erfolgt durch komplexe Teams von Gesundheitsfachkräften, die jeweils ihren spezifischen Beitrag zur bestmöglichen Versorgung jedes einzelnen Patienten leisten. Die Arzt-Patient-Beziehung hat dabei eine zentrale Rolle. Die genaue Diagnosestellung und die Kommunikation mit dem Patienten über die Auswirkungen dieser Diagnose sind maßgebliche Schritte in der Behandlung. Durch das Medizinstudium und die ärztliche Ausbildung verfügen Ärzte über das Wissen, wie auch die klinischen und kommunikativen Fertigkeiten, welche für die Prävention, Diagnose und Behandlung von Krankheiten wesentlich sind. Einzelne Schritte und Verfahren auf dem Behandlungspfad zu einer genauen Diagnose und einer geeigneten Behandlung können dabei unter Einhaltung klarer Richtlinien an andere medizinische Fachkräfte delegiert werden. Nur eine vollständige medizinische Ausbildung ermöglicht jedoch ein integratives Verständnis, welches wiederum der Schlüssel zu einer adäquaten Koordinierung der Patientenversorgung durch multidisziplinäre Teams ist.
Die unterzeichnenden europäischen Ärzteorganisationen betonen die Bedeutung der zentralen Rolle von Ärzten bei der Koordinierung multidisziplinärer Gesundheitsversorgung aus wesentlichen Gründen:
1) Es ist anerkannte best practice, dass Diagnose und Behandlung innerhalb eines integrierten Netzwerks unter der Führung und Koordination durch Ärzte stattfinden. Eine Versorgung ohne ärztliche Diagnose und die entsprechende Behandlung durch einen Arzt gefährden die Qualität und Sicherheit der Gesundheitsversorgung.
2) In allen europäischen Ländern spielen Ärzte eine zentrale Rolle in der medizinischen Versorgung, wenngleich auch Gesundheitsorganisationen, Arbeitgeber und unterstützende Systeme Verantwortung für die Bereitstellung adäquater Ressourcen und Bedingungen tragen. Wenn Ärzte nicht im Zentrum des Behandlungsnetzwerks stehen, wird unklar, wer für Diagnosestellung und Behandlung verantwortlich ist.
Wir vertrauen darauf, dass die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und die europäischen Einrichtungen weiterhin sicherstellen werden, dass die Organisation der Gesundheitsversorgung auf klinischen Netzwerken beruht, in welchen Ärzten eine zentrale Rolle zukommt.


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© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2018