E-Medikation: Roll-Out erfolgreich gestartet

25.05.2018 | Aktuelles aus der ÖÄK


Bei all der Schelte an ELGA zeigt sich bei der Einführung der e-Medikation ein bemerkenswerter Lichtblick. Die Anzahl der aktiv teilnehmenden Ärzte, Ambulanzen und Gruppenpraxen in der Steiermark stieg von Mitte März bis Ende April von 393 auf 878, die der teilnehmenden Apotheken von 53 auf 154. Immerhin knapp 1,6 Mio. Verordnungen konnten im neuen System schon verarbeitet werden.
Michael Heinrich

Diese positive Zwischenbilanz bekräftigt den Optimismus, den Bundesministerin Mag. Hartinger-Klein, Verbandsvorsitzender Dr. Biach und ich kürzlich bei einem Pressegespräch empfunden haben, bei dem wir gemeinsam einen wichtigen Durchbruch bekannt geben konnten: Die neue gesamtvertraglichen Vereinbarung für EDV-Anwendungen in Arztpraxen samt Anschubfinanzierung und Kostenbeteiligung durch die öffentliche Hand, konkreter: Die Implementierung von e-Medikation und des Elektronischen Kommunikation-Services e-KOS“, so Johannes Steinhart, Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer. „Zur Sicherheit, weil Verwechslungsgefahr droht: Hier geht es ausdrücklich nicht um den e-Befund von ELGA, den die Ärztekammer nach wie vor für unbrauchbar hält und wo wir einen ausgeprägten Sanierungsbedarf sehen.“

Von e-Medikation erwartet sich Steinhart ein Plus an Sicherheit für Versicherte und einfachere Prozesse für Ärztinnen und Ärzte, nämlich auf Knopfdruck einen Überblick über die verschriebenen Medikamente des Patienten zu erhalten. „Ärztinnen und Ärzte ersparen sich damit kostbare Zeit in der Anamnese. Zeit, die in Arztpraxen schon wegen der diversen bürokratischen Zumutungen und der üppigen Formular-Flut ohnehin ein rares Gut ist. Wir sehen auch, ob eine Patientin oder ein Patient die verschriebenen Medikamente auch wirklich aus der Apotheke abgeholt hat – und dass alles unkompliziert und in sehr kurzer Zeit.“

e-KOS

Implementiert wird auch das Elektronische Kommunikation Service e-KOS. Es unterstützt die elektronische Erfassung, Übermittlung und Bearbeitung von Überweisungen, Zuweisungen und Verordnungen und bildet die derzeitigen Papierprozesse elektronisch ab. Auch das kann in der Praxis eine beträchtliche Hilfe sein.

„Wesentlich ist aus meiner Sicht, dass die Ärztekammer, das Gesundheitsministerium und der Hauptverband nach langwierigen Verhandlungen die Frage der Finanzierung von e-Medikation und e-KOS klären konnten“, so Steinhart. Damit sei gesichert, dass Ärztinnen Ärzte bei Erfüllung der vorgesehenen Kriterien für die Integration von e-Medikation und e-KOS nicht nur eine Anschubfinanzierung erhalten, sondern auch laufende Zuschüsse für die Wartungskosten.

Anschubförderung durch Bund und Hauptverband

Die Anschubförderung durch den Bund beträgt bei der e-Medikation pro Ärztin oder Arzt einmalig 1.314 Euro, der Wartungskosten-Beitrag beläuft sich auf 20 Euro monatlich. Für e-KOS stellt der Hauptverband der Sozialversicherungsträger für die flächendeckende Verwendung pauschal 2,1 Millionen Euro zur Verfügung. Dazu kommt – unter bestimmten Voraussetzungen – ein zeitlich befristeter Wartungskostenzuschuss.

„Ich erwarte mir von e-Medikation und e-KOS eine Unterstützung für Ärzte und Vorteile für Patientinnen und Patienten, deshalb haben wir diesen Projekten zugestimmt, und durch die Steiermärkischen Ergebnisse sehen wir uns in dieser Position erneut bestätigt“, so der Ärztekammer-Vizepräsident. Ganz anders verhalte sich das mit e-Befund von ELGA, der in der bisherigen Form Ärzten und Patienten nicht zugemutet werden könne und die Prozesse in der Versorgung keineswegs unterstütze. „Die Befund-ELGA muss gründlich überarbeitet und saniert werden, bis alle gerechtfertigten Ansprüche von Ärzten und Patienten erfüllt sind, allen voran an die Benutzerfreundlichkeit, Usability und Befundvollständigkeit“, so Steinhart. „Es macht optimistisch, dass die österreichische Bundesregierung in ihrem Regierungsprogramm angekündigt hat, den e-Befund zu evaluieren und neu aufzusetzen, um ihn nutzerfreundlicher zu machen, und dass die Bundesministerin das uns gegenüber bekräftigt hat. Dieses Problembewusstsein haben wir in der Vergangenheit häufig schmerzlich vermisst.“

Mit dem Gesamtvertrag zu EDV-Anwendungen in Kassenarzt-Praxen sei gemeinsam ein wichtiger Schritt in die digitale Zukunft gesetzt wurden, so Steinhart: „Das positive und lösungsorientierte Klima, in dem die Verhandlungen stattgefunden haben, lässt mich hoffen, dass weitere sinnvolle Schritte folgen werden.“

Befund-ELGA vs. Datenschutz

Die Kommunikation der österreichischen Bundesregierung in den vergangenen Monaten zur nicht ganz unwesentlichen Frage, wann sensible Gesundheitsdaten aus der Befund-ELGA aus welchen Gründen zu Forschungszwecken an Dritte weitergegeben werden dürfen, habe eine verbreitete Ratlosigkeit hinterlassen, so ÖÄK-Vizepräsident Johannes Steinhart.

„Die Verwendung von Daten der Befund-ELGA für Forschungszwecke sollte, so wie es auch Gesundheitsministerin Mag. Hartinger-Klein gefordert hat, ausdrücklich verboten sein“, ist Steinhart überzeugt. Das vom Nationalrat beschlossene Forschungsorganisationsgesetz sieht allerdings vor, dass ab 2019 Universitäten, Fachhochschulen, Museen, Forschungsabteilungen von Konzernen und sogar Einzelpersonen im In-und Ausland um eine Bewilligung ansuchen können, Befund ELGADaten für Forschungszwecke zu verwenden. Dass Wissenschaftsminister Prof. Faßmann über die Medien mitteilen ließ, dass er nicht damit rechne, dass die neuen Regeln für die Registerforschung dazu führen werde, dass man bald mit Daten aus der ELGA forschen kann („So, wie das ausschaut, wird ELGA in der derzeitigen Situation nicht freigegeben werden“), trug zur Klärung der Situation nicht wirklich bei.

„Ich nehme die Bedenken von Datenschützern sehr ernst, die kritisieren, dass das bloße Löschen der Namen für eine zuverlässige Anonymisierung nicht ausreicht“, so Steinhart. „Machen wir nichts vor: Wo es einen gelockerten Zugriff auf Daten gibt, dort gibt es auch Potenzial für Datenmissbrauch. Bei Gesundheitsdaten ist das besonders heikel.“ Wer sicher sein möchte, dass seine persönlichen Gesundheitsdaten nicht an Dritte weitergegeben werden, müsse deshalb „aus ELGA heraus optieren“.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2018