BKNÄ: ABS – Alltagsbeschwerden stören

25.09.2018 | Aktuelles aus der ÖÄK


Im Praxisalltag gibt es noch viele Problemfelder mit ABS. Kurienobmann Steinhart fordert das Ende der Chefarztpflicht.
Sascha Bunda

Rudolf Hainz wirkt ein wenig frustriert, wenn er über seine Erfahrungen mit ABS spricht. Der Wiener Kurienobmann- Stellvertreter niedergelassene Ärzte sieht das Wohl seiner Patienten hinter ökonomische Belange zurücktreten. „Es geht nur noch ums Geld“, meint er. Generika müssten verschrieben werden, auch wenn der Patient diese schlechter verträgt als die Originalmedikamente. Zudem würde die Lenkung hin zu den Arzneispezialitäten des grünen Bereichs seine ärztliche Expertise weiter einschränken. Generell bedeutet die Chefarztpflicht für ihn ungerechtfertigtes Misstrauen. „Ich mach das ja nicht, weil mir fad ist“, meint er. Auch sieht Hainz kritisch, dass es keinen kontinuierlichen Ansprechpartner gebe. „Wenn ich drei Anfragen stelle, kann es sein, dass ich mit drei Leuten sprechen muss“, gibt der Allgemeinmediziner zu bedenken. Wobei „sprechen“ hier das falsche Wort ist. „Ich würde mir wünschen, dass die Kommunikation auch mündlich erfolgen könnte statt elektronisch“, sagt Hainz. Das oberösterreichische Beispiel, wo es statt Chefarztpflicht eine Zielvereinbarung mit bei vier Prozent Steigerung festgezurrten Heilmittelkosten gibt, wirkt auf ihn nur auf den ersten Blick reizvoll. Bei einer Selbstbeschränkung, teure Medikamente nicht aufzuschreiben, würde er sich „wie eine Marionette“ fühlen, sagt Hainz.

Ansatzpunkte

Wenn er sich etwas wünschen könnte, wäre es, dass die Erstverschreibung bei Patienten, die aus dem Spital zu ihm kommen, schon vom Chefarzt im Krankenhaus durchgeführt werden könnte. Angeforderte Spezialuntersuchungen oder das Einscannen der großteils nicht digital vorliegenden Befunde würden einen erheblichen Arbeitsaufwand bedeuten. Auf ein ähnliches Beispiel verwies Melitta Bohn-Rieder, Vorstandsmitglied der Wiener Ärztekammer, bei ihrem Vortrag Anfang September für die Gesellschaft der Ärzte. Angenommen, eine Angehörige eines Demenz-Patienten würde am Freitagnachmittag noch schnell ein Alzheimer-Rezept abholen wollen. „Liegt zu diesem Zeitpunkt kein neurologischer Befund mit einem MMSE aus den letzten sechs Monaten vor, muss ich ihr diese verweigern“, meint Bohn-Rieder. Problematisch sei auch, wenn Spitäler ihren entlassenen Patienten Medikamente verschreiben, die noch nicht verfügbar sind. Meist folgt dann bei der Bewilligungsanfrage ein abgelehnter Bescheid und ein sehr enttäuschter Patient, der sich fragt, warum er das vom Spital für ihn empfohlene Medikament nicht haben darf. „Ich bin Optimist“ schloss Bohn-Rieder ihren Vortrag mit einem Wunsch: „Ich wünsche mir mehr Hausverstand für Durchführbarkeit bei den Entscheidungsträgern und die Möglichkeit für Arzt und Patient, die Bürokratie zu reduzieren.“

Steinhart gegen Chefarztpflicht

Für ein Ende von ABS spricht sich Johannes Steinhart, ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann niedergelassene Ärzte aus. „Je eher ABS abgeschafft wird, desto besser“, meint er. Für Steinhart ist das Thema natürlich eng verknüpft mit der Chefarztpflicht. Diese soll ebenfalls weg, meint er. „Nichts spricht für die Beibehaltung dieses unnötigen Instruments zur Aufblähung der Bürokratie und zur Verkomplizierung der Behandlung“, so Steinhart, dem vor allem die intransparenten und oftmals willkürlich anmutenden Bewilligungen ein Dorn im Auge sind. „Die Chefarztpflicht behindert Ärzte in ihrer Arbeit und hat damit auch negative Auswirkungen auf die Patienten. Sie ist überflüssig und hat in einem modernen und bürgernahen System nichts verloren“, sagt Steinhart.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 18 / 25.09.2018